Ein Kommentar von Caitlin Johnstone
Praktisch jeder wird behaupten, dass er Frieden liebt und Krieg hasst, wenn er gefragt wird. Krieg ist das Allerschlimmste auf der Welt, und kein geistig gesunder Mensch findet Gefallen daran. Aber im entscheidenden Moment und wenn es an der Zeit ist, sich dem Krieg zu widersetzen und auf Frieden zu drängen, beginnen auf der einen Seite diejenigen laut zu werden, die sich zuvor als "Kriegsgegner" bezeichnet hatten, und verlangen, dass noch mehr Waffen in einen Stellvertreterkrieg geliefert werden, den ihre Regierungen absichtlich provozierte.
Das liegt daran, dass Kriegsgegnerschaft sich in Theorie und Praxis sehr unterscheidet. Theoretisch sind die Menschen einfach dagegen, andere Menschen ohne guten Grund in die Luft zu jagen. In der Praxis werden sie aber immer von einer sehr intensiven Flut an Nachrichten überwältigt, mit denen ihnen sehr gute Gründe geliefert werden, warum man jemanden in die Luft jagen sollte.
Es ist nicht einfach, wirklich gegen Krieg zu sein. Das geht nicht so vor sich, wie sich das die meisten Leute vorstellen. Es geht eher so vor sich, dass man von einer Flut an Informationen niedergewalzt wird, die darauf ausgelegt sind, zu manipulieren und zu verwirren und in die Köpfe der Menschen einzudringen, während man von jenen angeschrien wird, die auf diese Gehirnwäsche hereingefallen sind.
Das ist nicht angenehm. Das ist kein Spaß. Es ist keine Blumenkinder-Sause, wie sie von den meisten Menschen erwartet wird, wenn sie auf jenen Teil der Gesellschaft blicken, der Frieden will. Es ist ein ständiges Sich-Wehren gegen die ausgeklügeltste Propagandamaschinerie, die je existiert hat, während gleichzeitig alle Gründe angeboten werden, dies nicht zu tun.
Wenn Leute sich selbst als "Kriegsgegner" betrachten, stellen sie sich normalerweise vor, dass sie gegen einen weiteren Irakkrieg sind oder gegen irgendeinen theoretischen Hitler ähnlichen Präsidenten, der einen Krieg beginnt, weil er gerne Menschen tötet. Sie stellen sich nicht die Realität dessen vor, was es in der Praxis tatsächlich bedeutet, gegen den Krieg zu sein. Da das Propagieren eines Krieges in der Öffentlichkeit ein fester Bestandteil jeder Kriegsstrategie ist, wird ein Krieg aus der Perspektive des Mainstream immer notwendig erscheinen, und er wird nicht so dargestellt wie die anderen Kriege, von denen wir im Nachhinein wissen, dass sie falsch waren.
Der neue Krieg wird immer so präsentiert, dass der er ansprechend aussieht, und es wird ihm nie an Gräuelpropaganda fehlen. Es wird auch nie an Gründen mangeln, mit denen man diese neueste militärische Intervention als etwas Besonderes und absolut Notwendiges verkaufen kann. Das wird jedes Mal so sein, denn so werden moderne Kriege verpackt und präsentiert.
Aus diesem Grund wird man immer eine Reihe von selbst ernannten Linken und Antiimperialisten finden, die das neueste US-Kriegsprojekt bejubeln. In der Theorie sind sie ideologisch zwar gegen die Idee von Krieg, aber die Art und Weise, wie er sich dann in der Praxis tatsächlich zeigt, ist immer anders als das, was sie sich vorgestellt hatten.
Unsere gesamte Zivilisation ist von Propaganda geprägt. Aber das einzige Mal, wenn man dieses Wort im öffentlichen Diskurs hört, wenn es verwendet wird, dann um den vergleichsweise fast nicht vorhandenen Einfluss russischer Propaganda auf unsere Gesellschaft zu diskutieren.
Der ganze Alarmismus im Mainstream über die russische Propaganda erweckt den Eindruck, dass diese fast 100 Prozent der gesamten Propaganda ausmacht, die im Westen konsumiert wird, obwohl es in Wirklichkeit nur ein winziger Bruchteil der gesamten Propaganda ist. Tatsächlich stammt der größte Teil der Propaganda, die im Westen zur Anwendung kommt, fast ausschließlich aus westlichen Quellen.
Propaganda ist der am meisten übersehene und unterschätzte Aspekt unserer Gesellschaft. Sie hat viel mehr Einfluss darauf, wie die Öffentlichkeit denkt, wie sie handelt und wählt, als jeder andere offiziellen Mechanismen dafür, aber sie wird kaum diskutiert, es wird nicht in den Schulen darüber aufgeklärt, und selbst die besten politischen Ideologien berühren das Thema im Vergleich zu ihren anderen Themen kaum.
Die ganze Aufregung der etablierten Manager der Narrative über die russische Propaganda führt dazu, dass sie auf diese Weise ihr Geheimnis preisgeben: dass sie wissen, dass es möglich ist, die Art und Weise, wie die Öffentlichkeit denkt, handelt und wählt, mithilfe der Medien zu manipulieren. Sie geben einfach nicht zu, dass sie es sind, die das tun.
Es ist eigentlich das Seltsamste auf der Welt, dass etwas existiert, das unser ganzes Leben lang direkt unseren Verstand beeinflusst und das sich direkt auf die Art und Weise auswirkt, wie unsere gesamte Gesellschaft organisiert ist, wir aber nicht darüber sprechen. Dabei sollte das Thema im Vordergrund und Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit stehen. Aber natürlich liegt da die ganze Idee dahinter: Propaganda funktioniert nur bei denen, die nicht wissen, dass sie mit Propaganda konfrontiert werden. Die Fähigkeit des US-zentrierten Imperiums, seine eigene Propagandamaschinerie zu verbergen, ist ein grundlegendes Element seiner Brillanz.
Wirklich gegen Krieg zu sein, ist notwendigerweise die Verpflichtung, nicht nur herauszufinden, was an all den Narrativen wahr ist, die derzeit von der Kriegsmaschine des Imperiums verbreitet werden, sondern auch, was an den Narrativen wahr ist, mit denen man seit seiner Jugend gefüttert wird. Es ist eine Verpflichtung zur Wahrheit, die eine fast spirituelle Qualität annimmt, da sie jeden Aspekt des Lebens beeinflusst, wenn man sich wirklich dafür einsetzt.
Es ist wichtig, neue Dinge über die Welt zu erforschen und zu lernen, aber ebenso wichtig – was nicht annähernd genug betont wird – ist die Praxis, die eigenen Überzeugungen zu hinterfragen, die man bereits über die Gesellschaft, die Regierung, die Nation und die Welt hat. Zu hinterfragen, ob diese Überzeugungen wirklich wahr sind und wer davon profitieren könnte, wenn man sie für wahr hält.
Man sollte nicht den Fehler machen anzunehmen, dass man bewusst und umfassend genug informiert ist, um alle Lügen sofort zu erkennen. Wir haben es mit der fortschrittlichsten und mächtigsten Propagandamaschine zu tun, die es je gegeben hat, und die meisten wurden bereits ihr ganzes Leben lang in ihr mariniert. Somit braucht alles etwas mehr Zeit. Selbst die Bewusstesten unter uns wurden bis zu einem gewissen Grad in ihrem Leben mit der Weltanschauung des Mainstreams indoktriniert – und bis heute beziehen die meisten von uns Informationen über die Welt, die ihre Wurzeln und Zweige in einer Propagandamatrix haben.
Es braucht große Anstrengungen, um die Dinge klar genug zu sehen, um sich eine wirklich wahrheitsbasierte Weltanschauung zu bilden. Aber wenn man das nicht tut, ist es unmöglich, wirklich gegen Krieg zu sein, weil man etwas, das man nicht versteht, nicht bekämpfen kann. Die Kriegsmaschine des Imperiums zu bekämpfen bedeutet, die Propagandamaschine des Imperiums zu bekämpfen.
Übersetzt aus dem Englischen.
Caitlin Johnstone ist eine unabhängige Journalistin aus Melbourne, Australien. Ihre Webseite findet sich hier, und man kann ihr auf Twitter unter @caitoz folgen.
Mehr zum Thema - Eine Stimme der Vernunft bei CNN?