Ein Kommentar von Bradley Blankenship
Vor einer Woche zeigte der Index der Verbraucherpreise des US-Büros für Arbeitsstatistik – eine wichtige Inflationskennzahl – für den Monat März 2022, dass die Inflation im Jahresvergleich um 8,5 Prozent gestiegen ist. Das bedeutet, dass die Verbraucher im Durchschnitt für Waren und Dienstleistungen 8,5 Prozent mehr zahlen mussten als im Vergleichsmonat vor einem Jahr. Das ist der höchste Anstieg der Verbraucherpreise seit Dezember 1981.
Darüber hinaus sind die am stärksten betroffenen Güter Waren des täglichen Bedarfs, also Dinge wie Lebensmittel, Mieten, Energie und Kraftstoffe, während weniger wesentliche Dinge einen geringeren Anstieg verzeichneten. Zwangsläufig hat das zur Folge, dass die Armen am stärksten von der steigenden Inflation betroffen sind, da sie laut einer Analyse der renommierten Wharton School der Universität von Pennsylvania den größten Teil ihrer Einkommen für das Notwendigste aufwenden.
Aus denselben Gründen, sind auch ärmere Nationen außerordentlich von der Inflation betroffen, und zwar so sehr, dass diese sogar politische Instabilität verursachen kann. Allein in den vergangenen Wochen kam es inflationsbedingt zu Unruhen in Peru und zur Absetzung des pakistanischen Premierministers Imran Khan – auch wenn bei letzterer Angelegenheit die USA möglicherweise die Hand im Spiel hatte.
Warum passiert das alles? Das Narrativ in den Mainstream-Medien besagt, dass es einen aufgestauten Nachholbedarf beim Konsum gibt, nachdem die Menschen aufgrund der anhaltenden COVID-19-Pandemie lange Zeit in Lockdowns gesessen haben. Oder dass die mickrigen "Impuls-Checks", die im Jahr 2020 von der US-Regierung an ihre Bürger ausgegeben wurden, immer noch einen Schub bei der Verbrauchernachfrage verursachen. Aber der wichtigere Punkt ist, dass innerhalb der Wirtschaft die Angebotsseite – und nicht die Nachfrage – ernsthaft eingeschränkt wurde.
Da war zunächst einmal die Pandemie. Die Wellen von COVID-19-Ausbrüchen haben an verschiedenen Stellen ganze Wirtschaftszweige lahmgelegt, weil dabei viele Menschen gleichzeitig erkrankten. Aus diesem Grund haben die USA ihre Quarantäne-Richtlinien während der Omikron-Welle im Dezember angepasst, weil sonst ganze Krankenhaussysteme auf einmal außer Gefecht gesetzt worden wären. Während China mit seinen – zumindest bis jetzt – moderaten Ausbrüchen neuer Wellen, für das ganze Jahr 2021, einen Anstieg der Verbraucherpreise von lediglich 0,9 Prozent zu verzeichnen hatte.
Zweitens ist der Klimawandel ein wichtiger und offenkundig bisher weitgehend übersehener Faktor. Ich betrachte mich als Serienpessimisten, weshalb ich einen Artikel des in London ansässigen Beraters Umair Haque vom November 2021 so aufschlussreich fand.
Wie er zu Recht betonte, stammt alles, was wir produzieren und konsumieren, aus der Natur. Es gibt keine Industrie auf dem Planeten, die nicht direkt vom Klimawandel betroffen sein wird. Und viele Sektoren, wie die Produktion von Halbleitern und Grundnahrungsmitteln, die Holzwirtschaft, und vieles mehr, wurden im vergangenen Jahr von Klimaereignissen getroffen, welche die Produktion beeinträchtigt haben. Obwohl ich nicht alle seine Schlussfolgerungen in dem Artikel teile, weil er argumentiert, dass unser gesamtes globales Konsumsystem am Ende ist, ist dies trotzdem ein wichtiger Punkt, den es zu beachten gilt.
Drittens ist der große Elefant im Zimmer der globale Konflikt – und insbesondere das neue Schlachtfeld der Wirtschaftskriegsführung. Der russische Einmarsch in die Ukraine hat die weltweite Lebensmittelversorgung beeinträchtigt und die Verbraucherpreise steigen lassen. Denn sowohl die Ukraine als auch Russland sind unverzichtbare Agrarexporteure. Aber die Sanktionen gegen Russland, das auch ein bedeutender Exporteur fossiler Brennstoffe und der größte Exporteur von Düngemittel der Welt ist, haben einen enormen Inflationsdruck erzeugt. Dessen Mechanismen müssen zwar noch vollständig verstanden werden, aber er wirkt sich bereits auf der Angebotsseite aus.
Das Weiße Haus hat versucht, dem Narrativ Herr zu werden, indem es die Inflation als "Preisanstieg wegen Putin" bezeichnete. In Wirklichkeit waren es aber die USA und ihre Verbündeten, die sich entschieden haben, einen Wirtschaftskrieg gegen Russland zu führen, indem sie einseitige Sanktionen verhängten. Nichts hat diktiert, dass eine solche Politik in Kraft treten muss. Und die Erholung des russischen Rubels in den vergangenen Wochen beweist, dass diese Politik nicht einmal funktioniert – wie ich bereits an anderer Stelle ausgeführt habe.
Außerdem gab es schon vor der Inflation Preiserhöhungen für Dinge wie Düngemittel. Die USA hatten Zölle auf US-Importe von Phosphatdünger aus Ländern wie Russland und Marokko erhoben, was einen großen Inflationsdruck verursachte. Wie das Wall Street Journal im Januar feststellte, waren ein weiterer Faktor des Inflationsdrucks die US-Sanktionen gegen Weißrussland, das etwa 20 Prozent des globalen Markts für Kali bedient, was ein wichtiger Bestandteil für Düngemittel ist.
Mit dem heißen Krieg in der Ukraine und dem Versuch der USA, Russland vollständig von den globalen Märkten zu isolieren, wird dieser Druck noch zunehmen – und er wird sich auf die ärmsten Menschen auf der ganzen Welt auswirken. Wie bereits erwähnt, verursacht er schon jetzt wirtschaftliche Schwierigkeiten und politische Turbulenzen. Was selbst CNN und Konsorten anhand von Peru und seinem düsteren Index der Verbraucherpreise mit einem Anstieg von 9,54 Prozent (März 2022) feststellen konnten.
Wir können jede beliebige moralische Haltung gegenüber der Ukraine und Russland einnehmen. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass Versuche, Russland wirtschaftlich zu isolieren, bereits den Ärmsten schaden und sogar Unruhen auf den Straßen auslösen. Dies mag ein Beispiel für "unbeabsichtigte Folgen" sein, aber nicht nur sind die Reichen von dieser Inflation isoliert, die Ultrareichen profitieren sogar davon. Und das vielleicht gar nicht so unbeabsichtigt.
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Bradley Blankenship ist ein in Prag lebender amerikanischer Journalist, Kolumnist und politischer Kommentator. Er hat eine Kolumne bei CGTN und ist freiberuflicher Reporter für internationale Nachrichtenagenturen, darunter die Nachrichtenagentur Xinhua. Er twittert auf @BradBlank