USA blockieren seit über 20 Jahren das Verbot von bakteriologischen und Toxin-Waffen

Russland fordert schon länger einen Kontrollmechanismus für das Verbot biologischer Waffen. So im Sommer 2020 bei der OSZE. Entsprechende Forderungen heute sind nur die Fortsetzung dieser Politik, als deren Haupthindernis sich die Vereinigten Staaten erweisen.

von Maria Müller

Im Juni 2020, nach Ausbruch der COVID-19-Pandemie, forderte Russland gegenüber der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) eine öffentliche internationale Kontrolle der von den US-Streitkräften betriebenen Bio-Labore in der Ukraine und Georgien. Die Besorgnis über die schnelle pandemische Ausbreitung von Krankheitserregern auf der Welt motivierte diesen neuen Versuch Russlands, endlich eine unabhängige international Beobachtung von biotechnologischen Experimenten bzw. Forschungen zu erreichen.

Die Föderation kritisierte, dass selbst Jahrzehnte nach der Unterzeichnung des Abschlussdokuments der OSZE bei der Wiener Versammlung von 1986-89 ein solches Protokoll über Biotechnologie nicht verabschiedet werden konnte.

Russland führt das auf die Blockadehaltung der USA bei diesem Thema zurück, mit der sie ihre vertraglichen Verpflichtungen – einmal mehr – bis heute nicht erfüllten. Dadurch legten sie auch für die anderen Mitgliedsstaaten mögliche konkrete Schutzmechanismen auf Eis. Das von Alexander Lukaschewitsch als Repräsentant Russlands bei der OSZE eingereichte schriftliche Memorandum richtet sich zwar vor allem an die USA. Doch ein verbindliches Protokoll zur Überwachung und Kontrolle der bio-technologischen Entwicklungen (auch Biowaffen) schließt alle Unterzeichnerstaaten mit ein, auch Russland selbst.

Das russische Memorandum – oder der Antrag – von 2020 widerspricht diametral allen seitenverkehrten Anschuldigungen der USA gegen Russland, die nun durch die Medien schallen. Seit den veröffentlichten ukrainischen Dokumenten über die schnelle Vernichtung von Bio-Material in den zwölf Laboren bemühen sich die USA, den Verdacht umzudrehen und gegen Russland zu richten.

Im OSZE-Anschlussdokument von Madrid 1989 steht auf Seite 19 Punkt 18:  

"Angesichts der Fortschritte und der neuen Möglichkeiten, die Forschung und Entwicklung im Bereich der Biotechnologie bieten, halten die Teilnehmerstaaten einen verstärkten Informationsaustausch über Gesetze und Verordnungen bezüglich der Sicherheitsaspekte der Gentechnologie für wünschenswert. Sie werden daher Konsultationen und einen Informationsaustausch über Sicherheitsbestimmungen erleichtern. In diesem Zusammenhang betonen sie die Bedeutung ethischer Grundsätze in der Gentechnologie und ihrer Anwendung."

Hier der Originaltext der russischen Eingabe vor der OSZE im Juni 2020, deutsche Übersetzung:

RUSSISCHE DELEGATION DER RUSSISCHEN FÖDERATION

ERKLÄRUNG VON MR. ALEXANDER LUKASCHEWITSCH, STÄNDIGER VERTRETER DER RUSSISCHEN FÖDERATION, AUF DEM 1271. TREFFEN DES STÄNDIGEN RATES DER OSZE AM 11. Juni 2020

Über die Bio-Labore der USA in Georgien und der Ukraine und deren dualen Verwendungszwecke

Herr Vorsitzender, die Ausbreitung der Coronavirus-Infektion hat den Schutz der öffentlichen Gesundheit für die meisten Staaten zu einer ihrer Prioritäten gemacht. Wie vorauszusehen war, nimmt dieses Thema auf vielen multilateralen Plattformen einen zentralen Platz ein. Wir alle fragen uns, wie wir mit den Folgen der aktuellen Pandemie umgehen und wie wir solche epidemiologischen Katastrophen in Zukunft verhindern können.

In diesem Zusammenhang möchten wir auf die Tätigkeit der von den Vereinigten Staaten von Amerika im OSZE-Gebiet eingerichteten bioepidemiologischen Labore mit doppeltem Verwendungszweck aufmerksam machen. In den letzten Jahren haben wir regelmäßig die Frage ausländischer militärischer und biologischer Aktivitäten in Georgien angesprochen, vor allem im Richard-Lugar-Zentrum im Dorf Alekseewka in der Nähe von Tiflis.

Mehr als zehn ähnliche Objekte sind auch in der Ukraine tätig. Die Presse hat viel über die Beteiligung der US-Firma Black & Veatch Special Projects Corp. an deren Gründung und Modernisierung geschrieben. Wir haben wiederholt auf die undurchsichtige Arbeitsweise dieser Institutionen hingewiesen – insbesondere auf diejenigen, über die die ukrainischen und georgischen Behörden nur teilweise eine Kontrolle ausüben können.

Nach in den Medien veröffentlichten internen Informationen führen georgische und ukrainische Bio-Labore unter dem Deckmantel der Bekämpfung von Infektionskrankheiten geheime Experimente mit besonders gefährlichen Krankheitserregern durch, darunter Pest- und Hämorrhagische-Fieber-Erreger. Besondere Aufmerksamkeit gilt der Erforschung von Mutationen, der Veränderung von Viren und der Erhöhung ihrer Ansteckungsfähigkeit (Übertragbarkeit).

Berichte über Versuche mit fragwürdigen Präparaten, die medizinisches Personal des US-Militärs mit georgischen Probanden durchgeführt hat, sowie die Entnahme von menschlichem Biomaterial zu "Forschungszwecken" geben Anlass zur Sorge.

Beispielsweise wurde Anfang 2016 in der Ukraine durch einen seltsamen Zufall im Donbass ein Ausbruch der Schweinegrippe (A/H1N1) registriert. Nach konservativsten Schätzungen starben mindestens zwölf Menschen in bestimmten Gebieten der Region von Donezk. Zudem starben nach Angaben des ukrainischen Gesundheitsministeriums etwa 60 Menschen auf der anderen Seite der Kontaktlinie. Gleichzeitig berichtete das ukrainische Verteidigungsministerium, dass sich mindestens 360 ukrainische Militärangehörige im Januar 2016 wegen entsprechender Symptome in ärztliche Behandlung begeben haben. Viele unabhängige ukrainische Forscher brachten diesen plötzlichen Ausbruch der Schweinegrippe mit den Aktivitäten des zentralen Referenzlabors im Dorf Schelkostantsija in der Region Charkow in Verbindung.

Es ist bekannt, dass diese Bio-Labore unter Beteiligung der Agentur zur Bedrohungsabwehr des US-Verteidigungsministeriums (Defense Threat Reduction Agency), des Forschungsinstituts der US-Armee Walter Reed (Army Institute of Research Walter Reed), des Medizinischen Forschungsinstituts für Infektionskrankheiten der US-Armee (US Army Medical Research Institute of Infectious Diseases) und anderer medizinischer Abteilungen, die dem Pentagon unterstehen, gebaut, finanziert und betrieben werden.

Das Experimentieren ausländischer Militärbiologen im russischen Grenzgebiet weckt unsere berechtigten Bedenken, insbesondere im Zusammenhang mit der Umsetzung des Übereinkommens über das Verbot der Entwicklung, Herstellung und Aufbewahrung bakteriologischer (biologischer) und Toxinwaffen und über deren Vernichtung, nicht zuletzt angesichts der Tatsache, dass die Vereinigten Staaten seit zwei Jahrzehnten Bemühungen blockieren, ein rechtsverbindliches Protokoll zur Konvention mit einem wirksamen Überprüfungsmechanismus zu entwickeln und zu verabschieden.

Darüber hinaus betrachten wir dies als ein Versäumnis der Vereinigten Staaten, ihren Verpflichtungen auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung in der Biotechnologie nachzukommen, wie sie insbesondere im Abschlussdokument des Wiener Treffens der KSZE von 1986 festgelegt wurden.

Wir möchten unsere US-Kollegen und deren ausländischen Kollaborateure in fragwürdigen biomedizinischen Experimenten fragen: Haben die Hunderttausende Opfer der Coronavirus-Pandemie nicht überzeugend die Fragilität und Interdependenz unseres Lebensraums demonstriert? Wir möchten auch fragen, wann die Nutzung der Gebiete der postsowjetischen Republiken als natürliches Testgelände aufhören wird. Kurz gesagt, es gibt viele Fragen, aber die Behörden in Washington, geschweige denn die in Kiew oder Tiflis, haben es nicht eilig, sie zu beantworten. Anstelle von Erklärungen über die Ziele der militärischen und biologischen Aktivitäten der USA in den Nachbarstaaten unseres Landes hören wir häufig bloße Rhetorikübungen über den angeblich "ausschließlich humanitären Hintergrund" der Pentagon-Projekte.

Tatsächlich werden wir gebeten, sie beim Wort zu nehmen. Wir würden gerne ein verantwortungsbewussteres und transparenteres Vorgehen der Vereinigten Staaten in einem so sensiblen und gefährlichen Bereich sehen. Wir glauben fest daran, dass wir alle das Recht haben zu wissen, was in den biologischen Laboren der USA wirklich "kocht". Darüber hinaus wird die ohnehin schwierige Sicherheitslage im Verantwortungsbereich der OSZE durch die Anwesenheit medizinischer und biologischer Infrastruktureinrichtungen des US-Militärs zusätzlich instabil. Das geschieht in einer Reihe von OSZE-Teilnehmerstaaten, wo sich die Labore vollständig der Kontrolle durch die eigenen nationalen Behörden entziehen.

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