Von Marinko Učur, Banja Luka
Der deutsche CSU-Politiker Christian Schmidt, der ohne Zustimmung des UN-Sicherheitsrates zum Hohen Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft in Bosnien und Herzegowina ernannt worden war, hatte Ende Januar dem Bundestag, im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union, einen Bericht über die Lage in der ehemaligen jugoslawischen Republik vorgelegt. Schmidt hatte vor seiner Reise die Hoffnung geäußert, die Zustimmung Deutschlands und anderer EU-Mitgliedsstaaten zu erhalten, um stärkeren Druck auf die Republika Srpska (eine der beiden Entitäten von Bosnien und Herzegowina) und ihre Vertreter in den "gemeinsamen Institutionen Bosniens und Herzegowinas" ausüben zu können, dass diese ihre Absicht einer Abspaltung und die Unterminierung des Gesamtstaates aufgeben.
Wie Ende Januar bekannt wurde, sicherte der Europaausschuss des Bundestags dem Hohen Repräsentanten Unterstützung zu.
Obwohl Schmidt von der Republika Srpska nicht anerkannt wird und obwohl Russland und China als ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrates seiner Ernennung nicht zugestimmt hatten, hofft der ehemalige deutsche Landwirtschaftsminister, dass die EU nach dem Vorbild der USA Sanktionen gegen den serbischen Vertreter im dreiköpfigen Staatspräsidium von Bosnien und Herzegowina, Milorad Dodik, verhängen wird. Diesem wird vorgeworfen, für die Untergrabung des Friedensabkommens des in der US-Stadt Dayton gegründeten trinationalen Staates verantwortlich zu sein.
Der "deutsche Staatsangehörige Schmidt", wie er von Regierungsvertretern der Republika Srpska genannt wird, die zudem mit seiner Wahl ohne Zustimmung der UN unzufrieden sind, kündigt mit zunehmender Häufigkeit die Möglichkeit an, jene Personen zu ahnden, die das Staatsgebilde Bosnien und Herzegowina untergraben und sich dessen Auflösung wünschen. Auch die jüngste Erklärung von acht Europaabgeordneten, die das Vorgehen Dodiks auf das Schärfste verurteilten, gab Schmidt Rückenwind:
"Die Belohnung der sezessionistischen Politik ist ein extrem schlechtes Signal an Politiker, Bürger und die gesamte Region. Die Position der Unterzeichner ist, dass die Europäische Union auch Sanktionen gegen Dodik verhängen sollte, es sei denn, er ändert radikal seinen Kurs und unternimmt konkrete Schritte, um die derzeitigen Spannungen im Land zu entschärfen", erklärten die Mitglieder des Europäischen Parlaments.
Allerdings ist noch unklar, ob in dieser Frage Konsens in der EU besteht, da die Regierungschefs Ungarns und Sloweniens, Viktor Orbán und Janez Janša, zuvor bereits Zweifel an der Zweckmäßigkeit der Verhängung von Strafen und Sanktionen äußerten. Gleichzeitig setzt er auf einige andere europäische Länder, die ebenfalls wenig Sinn darin sehen, Personen aus der Republika Srpska zu sanktionieren.
Deshalb fruchteten die bisherigen Strafversuche nicht, und deshalb versucht Schmidt, vom Bundestag aus ein stärkeres Signal zu setzen und die Notwendigkeit zum Ausdruck zu bringen, in die US-Fußstapfen zu treten und "untaugliche" Politiker zu ahnden.
In regelmäßigen Mitteilungen für deutsche Medien betont Schmidt, dass Dodik "den Frieden und die Stabilität" des Balkanlandes "gefährdet und daher persönliche Sanktionen eine gute Option sind". Daher schlägt er vor, diesen Weg zu beschreiten. Zudem hält er eine Einigung innerhalb der EU auf diesem Weg für möglich.
"Ich empfehle allen internationalen Gebern, dies zu tun, nicht nur der EU", erklärte Schmidt gegenüber der Internetplattform ThePioneer.de und fügte hinzu, es müsse "verhindert werden, dass die aktuelle Situation eskaliert und ein Konflikt entsteht, in dem Menschen aufeinander schießen, denn der Staat darf nicht gespalten werden, er muss funktionieren".
Dodik hingegen verliert über die Mitteilungen des deutschen Politikers kein Wort:
"Bosnien und Herzegowina ist ein gescheitertes Projekt, und die beste Lösung für dieses Land wäre, dass Bosniaken, Serben und Kroaten auf zivilisierte Weise auseinandergehen."
Beiläufig teilte er Schmidt mit, dass "Bosnien und Herzegowina nicht in der Lage sein wird, zu überleben, aus dem gleichen Grund, aus dem Jugoslawien nicht überlebt hat. Es gibt drei Völker. Zwei von ihnen, Kroaten und Serben, sind sehr unzufrieden. Die Muslime wollen einen Einheitsstaat, in dem sie das vorherrschende Volk wären", wiederholte das serbische Mitglied der Präsidentschaft von Bosnien und Herzegowina in einem Interview mit der spanischen Zeitung El Mundo.
Dodik teilte Schmidt mit, dass dieser kein Recht habe, sich in die inneren Angelegenheiten des Landes einzumischen. Außerdem sei es notwendig, lokalen Politikern zu gewähren, eigenständig eine Einigung zu erzielen. Wenn es nicht zu einer Einigung komme, sei ein friedliches Auseinandergehen die beste Lösung: "Unsere Politik zielt nicht auf Abspaltung. Die Serben werden keinen Krieg beginnen, um sich abzuspalten", wiederholte Dodik und fügte hinzu, dass es am besten ist, auseinanderzugehen, "wenn man nicht zusammenleben kann. Bosnien und Herzegowina existiert als Staat nur auf Druck der internationalen Gemeinschaft. Es ist ein Experiment von Ausländern, und das Erste, was ich vorschlage, ist, dass die Ausländer aufhören, dieses Land zu verwalten, weil es die einzige Kolonie ist, die es derzeit in Europa gibt".
In welchem Maße Deutschlands Stimme auf dem Balkan Gehör findet, bleibt abzuwarten.
RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.
Mehr zum Thema – Das Schachspiel der NATO und Russlands auf dem Balkan