Die offizielle Wahrheit kühn hinterfragt: Oliver Stones neue JFK-Dokumentation muss man sehen

Oliver Stones neuer Dokumentarfilm "JFK Revisited: Through the Looking Glass" ist nicht perfekt, aber von entscheidender Bedeutung. Stone wendet sich mit Inbrunst neuerlich der Ermordung des US-Präsidenten John F. Kennedy zu und hat darüber einen aufschlussreichen Film produziert, den anzusehen sich lohnt.

Ein Kommentar von Michael McCaffrey

Der damalige erste Film "JFK" von Oliver Stone kam 1991 in die Kinos und schickte Schockwellen durch Washington und die Konzernmedien, weil er damit einen überzeugenden filmischen Gegenmythos zum wunderlichen offiziellen Warren-Report entwarf. Die Garde der Beschützer des Establishments in den Hallen der Macht und der Presse begegnete dem Film mit ungeahnter Heftigkeit, indem sie sich daran machten, den Film immer und immer wieder auseinanderzunehmen und bloß zu stellen, weil er ihr Narrativ und damit ihre Autorität direkt herausforderte. Es gelang ihnen nicht. "JFK" wurde für acht Oscars nominiert und spielte an den Kinokassen mehr als 200 Millionen Dollar ein. Viel wichtiger war jedoch, dass er den Bannstrahl der öffentlichen Gleichgültigkeit brach und die Blockade des Establishments in Bezug auf die Ermordung von John F. Kennedy etwas lockern konnte.

Als Folge auch dieses Films wurde 1992 das Gesetz über die Dokumentensammlung zur Ermordung von John F. Kennedy verabschiedet sowie das Gremium für die Überprüfung der Dokumente zur Ermordung ins Leben gerufen und finanziert.

Jetzt, fast 30 Jahre später, ist Oliver Stone zurück, diesmal mit einem Dokumentarfilm, der auf Showtime gestreamt wird. "JFK Revisited: Through the Looking Glass", der mit dem Finger in den Wunden jener bohrt, die gedankenlos die "offizielle" Geschichte vom Mord an JFK als die einzige Wahrheit unterstützen.

Als jemand, der sich für das Attentat auf den Präsidenten interessiert und eine Vielzahl von Büchern zu diesem Thema aus dem gesamten Spektrum gelesen hat – von Gerald Posners "Case Closed" und "Reclaiming History" von Vincent Bugliosi bis hin zu "Crossfire: The Plot that Killed Kennedy" von Jim Marrs und "JFK and the Unspeakable" von James W. Douglass – ist es eine Herausforderung, eine anständige Dokumentation zu diesem Thema zu finden, die es wert ist, angeschaut zu werden.

Zum Glück hat Stone mit "JFK Revisited" die Bühne betreten – mit einem ernsthaften und würdigen Werk, das eine schlüssige, wenn auch begrenzte Gegentheorie zum offiziellen Narrativ über das Attentat bietet.

Der Film dauert knapp zwei Stunden, lässt eine Anzahl Köpfe zu Wort kommen – darunter John M. Newman (dessen eigene Filme "JFK and Vietnam" sowie "Oswald and the CIA" großartig sind), David Talbot (der "Das Schachbrett des Teufels"/"The Devil's Chessboard" geschrieben hat, – auch fantastisch), Robert F. Kennedy Jr., James K. Galbraith, Dr. Cyril Wecht und Dr. Henry Lee – und ist eine schnelle Einführung in das Thema, die ein nützliches Sprungbrett für jeden bietet, der noch tiefer in den Fall eintauchen möchte.

Es gibt eine vierstündige Langfassung des Films, die angeblich im kommenden Jahr der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll. Und ich freue mich darauf, diese Version ebenfalls zu sehen, da ich davon ausgehen kann, dass diese mehr auf die Einzelheiten des eigentlichen Schützen eingehen wird – ein Thema, auf das eine zeitweise etwas gehetzt wirkende Zwei-Stunden-Version zugunsten grundlegenderer Themen verzichtet hatte.

Der Film untersucht jedoch eine Vielzahl faszinierender Einzelheiten rund um das Attentat auf JFK, darunter die folgenden: Die zahlreichen und offensichtlichen Verbindungen des Attentäters Lee Harvey Oswald zum Geheimdienst. Die wissentlichen Verzerrungen und Täuschungen der Warren-Kommission, der Geheimdienst-Kungelei und der Medien in Bezug auf die Ermordung. Die Fantasterei der Theorie von der "Magischen Patrone" und die widersprüchlichen medizinischen Befunde aus dem Parkland-Hospital in Dallas und die Autopsie im Bethesda Naval Hospital in Maryland. Oder die bemerkenswert ähnlichen Pläne, Kennedy in Chicago oder Tampa zu töten, die in Dallas ihre Verwirklichung fanden, zu denen neben Oswald auch andere Sündenböcke gehören sollten, wie etwa Thomas Arthur Vallee oder Gilberto Lopez. Wie auch die Geschichte von Abraham Bolden, dem ersten schwarzen Geheimdienstagenten, der angeblich versuchte, die Behörden über eine Verschwörung in Chicago zu warnen, aber ins Gefängnis gesteckt wurde, anstatt als Held gefeiert zu werden.

"JFK Revisited" beleuchtet auch den Kampf zwischen Kennedy und dem politischen Establishment. Seine berühmte Rede an der American University im Juni 1963, in der er seine Vision einer neuen, friedlichen US-Außenpolitik darlegte, eröffnet den Film. Diese Vision ist grundlegend für das "Warum" von Stones Theorie in Bezug auf die Ermordung, da sie den Geheimdiensten und dem Militär ein Motiv bietet, einen Präsidenten auszuschalten, den sie als schwach gegenüber dem Kommunismus und auch im Allgemeinen als zu schwach erachteten.

Kennedy wollte den Antikolonialismus fördern, die Beziehungen zu Kuba normalisieren, in Vietnam nicht denselben Fehler machen wie die Franzosen, suchte in den Beziehungen zu den Sowjets nach Entspannung einschließlich der Vereinigung der Kräften im Weltraumwettlauf.

Die Geheimdienste und das Pentagon hatten dagegen eine ganz andere und viel schändlichere Agenda. Sie waren damit beschäftigt, Lumumba im Kongo zu eliminieren, einen Militärputsch in Frankreich anzuzetteln, sowohl die Invasion in der Schweinebucht auf Kuba zu organisieren als auch die Operation Northwoods heraufzubeschwören – bei welcher Terrorangriffe unter falscher Flagge auf US-Ziele durchgeführt werden sollten, um einen Krieg mit Kuba zu erzwingen – sowie schließlich auf eine amerikanische Eskalation in Vietnam hinzuarbeiten.

Aus diesem Grund versuchte Kennedy, das CIA-Budget um 20 Prozent zu kürzen, feuerte das alte Schlachtross der CIA, Allen W. Dulles (der später merkwürdigerweise ein mächtiges Mitglied der Warren-Kommission wurde) und erklärte bekanntlich, er werde die CIA in eine Million Stücke zerschmettern. Laut Stone war es die CIA, die Kennedy letztendlich beseitigte, indem sie seinen Schädel am 22. November 1963 auf der Dealey Plaza in Dallas in eine Million Stücke zerschmettern ließ. Die klaffende, eitrige Wunde im Herzen Amerikas, durch die unsere nationale Seele verrottet, wurde an diesem schicksalhaften Tag geschlagen, und sie eitert noch immer und ist immer noch bedeutsam.

Anders als sowohl die bösartigen politischen Parteien wie auch die schamlosen Konzernmedien, versteht Oliver Stone– dessen Status als Ausgestoßener des Establishments die Triebkraft für alle seine Dokumentarfilme war – dies alles und versucht, diese Wunde zu heilen, indem er nach der Wahrheit über die Ermordung von JFK sucht.

Während das Establishment "JFK Revisited" ignorieren mag, sollte die breite Öffentlichkeit dies nicht tun. Stones Werk ist ein nützlicher und aufschlussreicher Film für alle, die ihre Regierung verstehen wollen und wissen wollen, was diese zu tun bereit ist, um ihre Macht und damit den lukrativen Status quo zu bewahren. Suchen Sie nach "JFK Revisited" und sehen Sie ihn sich an. Er ist nicht perfekt, aber er ist wesentlich und wichtig.

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Übersetzt aus dem Englischen.

Michael McCaffrey ist ein Schriftsteller und Kulturkritiker und lebt in Los Angeles. Seine Arbeiten können bei RT, Counterpunch und auf seiner Webseite mpmacting.com/blog gelesen werden. Er ist auch Moderator des beliebten Kino-Podcasts Looking California und Feeling Minnesota. Er twittert auf @MPMActingCo