Ein Kommentar von Rob Lyons
Die Energiepreise sind in den vergangenen Wochen in die Höhe geschossen. Während dieser Anstieg teilweise darauf zurückzuführen ist, dass die Weltwirtschaft langsam aus einem durch Lockdowns verursachten Winterschlaf erwacht, läuten die Alarmglocken angesichts des Ausmaßes, mit dem große westliche Volkswirtschaften von erneuerbaren Energien abhängig geworden sind – durch ihren Wahn, eine "CO₂-Netto-Null"-Welt zu erschaffen.
Anfang vergangener Woche berichtete das Wall Street Journal (WSJ), dass schwache Winde über der Nordsee den Netzwerkbetreibern große Kopfschmerzen bereiteten:
"Der plötzliche Rückgang der windbetriebenen Stromproduktion vor der Küste Großbritanniens in den vergangenen Wochen hat sich auf die regionalen Energiemärkte ausgewirkt. Gas- und Kohlekraftwerke mussten zugeschaltet werden, um den Mangel an Wind auszugleichen."
Trotz all der Stimmungsmache und der gigantischen Subventionen für erneuerbare Energien in den vergangenen Jahren sind sie ein Albtraum für eine moderne Gesellschaft, in der Energie rund um die Uhr zuverlässig benötigt wird. Und der Wind wehte in diesem Jahr nun einmal etwas weniger als sonst. Ein Energieberater erklärte der Financial Times vergangene Woche:
"Es ist normal, dass die Winderzeugung saisonal bedingt ist, aber in diesem Sommer war die Energieerzeugung niedriger als in den Vorjahren – alles hing mit dem Sommer zusammen, den wir in ganz Europa hatten, der warm und trocken und weniger windig war."
Das Bestreben, die Gesellschaft klimaneutral zu machen, hat uns den Elementen der Natur ausgeliefert. Dies ist das genaue Gegenteil von technologischem Fortschritt. Darüber hinaus befinden wir uns, wie die deutsche Energiepolitik zeigt, tatsächlich in einer Zwickmühle, denn es gibt nicht nur Zeiten mit zu wenig Wind, sondern auch Zeiten, in denen es zu viel Wind gibt. Fans der erneuerbaren Energien brüsten sich gerne damit, dass Europa einen immer größeren Anteil an der Stromerzeugung aus Windkraft erzielt hätte. In einem kürzlich erschienenen Artikel im Magazin Foreign Policy heißt es:
"2020 war für Deutschland ein Paradejahr in der Produktion erneuerbarer Energien. Saubere Energiequellen – Windparks und Solaranlagen sowie Wasser- und Biogasanlagen – haben ihren Anteil am Stromverbrauch auf bis zu 46 Prozent erhöht, was fast dem von Kohle, Gas, Öl und Atomkraft zusammen entspricht."
Aber was passiert dann, wenn der Wind weht, wir aber gerade nicht so viel Strom verbrauchen können? Der Artikel in Foreign Policy stellt dazu fest:
"Stürmische Tage können so windig sein, dass die Stromflüsse aus den Windparks an Land und an den Küsten das Stromnetz überfordern und es sogar zum Zusammenbruch bringen können. Diese Tsunamis an Strom können die Stabilität der Energiesysteme auch der Nachbarländer bedrohen, eine Strom-Lawine, den die Polen und Tschechen ausbaden müssen. Darüber hinaus können die Preise bei Stromüberschuss im Netz ins Negative fallen und die Netzbetreiber in die Situation versetzen, dass sie die Abnehmer für das Abrufen des Stroms bezahlen müssen."
Anstatt Elektroenergie zu verkaufen, könnten sich deutsche Stromerzeuger also gezwungen sehen, die Verbraucher dafür zu bezahlen, dass sie ihnen diesen Strom abnehmen. Das ist eine Ökonomie des Wahnsinns. Schlimmer noch: Die im September 2010 von der Bundesregierung skizzierte Energiewende ist eine Politik der Umstellung auf kohlenstoffarme Energieträger. Ein halbes Jahr nach Bekanntgabe dieser Wende führte der Atomunfall in Fukushima jedoch dazu, dass die Bundesregierung sich entschied, auch die deutschen Kernkraftwerke stillzulegen und somit ihre Energiewende gänzlich von erneuerbaren Energien abhängig zu machen.
Wie ein Leitartikel im Spiegel im Jahr 2019 offenbarte, erwies sich das Ergebnis daraus als enorm teuer. In den vergangenen fünf Jahren hat die Energiewende Deutschland jährlich 32 Milliarden Euro gekostet. Einer im Artikel zitierten Schätzung zufolge werden sich die Gesamtkosten für die deutsche Wind- und Solarleistung auf 3,4 Billionen Euro verfünffachen. Der Drang, immer mehr Windkraftanlagen zu errichten, provozierte laut den Autoren eine Gegenreaktion derer, die sowohl im Schatten dieser riesigen Anlagen leben, als auch jener, die immer mehr überirdische Stromtrassen und -masten ertragen müssen, die sich quer über die ganze Landschaft verbreiten. In dem Artikel hieß es:
"Die Politiker fürchten den Widerstand der Bürger. Es gibt kaum ein Windenergie-Projekt, das nicht bekämpft wird."
Führten all diese aufgewendeten Kosten wenigstens zu geringeren CO₂-Emissionen? Überhaupt nicht. Tatsächlich sind die Emissionen in Deutschland stagnierend, denn durch die Abschaffung der Atomkraft musste etwas anderes herangezogen werden, um die Lücken in der Stromerzeugung zu füllen, wenn der Wind einmal ausbleibt. Dieses "etwas andere" war – jetzt kommt's – die Kohle. Deutschland ist so abhängig von diesem angeblich "schmutzigsten" aller fossilen Brennstoffe geworden, dass die Regierung im vergangenen Jahr angekündigt hat, erst im Jahr 2038 aus der Kohle-Energiegewinnung aussteigen zu können.
Es ist die eine Sache, erneuerbare Energien ins Stromnetz zu integrieren. Wenn der Wind mit der passenden Geschwindigkeit bläst und die passende Nachfrage besteht, können sich Umweltschützer damit rühmen, dass die Stromerzeugung dann "frei von CO₂" ist. Wenn aber die Nachfrage zu groß ist, müssen fossil befeuerte Gas- und Kohlekraftwerke mit großem Aufwand angeworfen werden, weil die Besitzer dieser Anlagen für alle Zeiten ihre Kosten decken müssen, während sie den Strom nur für kurze Zeiträume verkaufen können. Und wenn die Nachfrage zu gering ist, wird der Strom im Netz "verklappt", was ebenfalls Geld kostet. Wind- und Solarenergie können eine moderne Wirtschaft einfach nicht zuverlässig und wirtschaftlich mit Strom versorgen.
Eine Möglichkeit, das Problem zu umgehen, besteht darin, Holz zu verbrennen (möglicherweise in Bezug auf Emissionen noch schlimmer als hochwertige Kohle) und zu behaupten, das sei CO₂-arm und obendrein erneuerbar, weil man ja dann mehr Bäume pflanzen muss, die selbst wiederum den Kohlenstoff durch CO₂ aus der Atmosphäre aufnehmen. Selbst die Öko-Wächter der britischen Regierung, der Ausschuss für Klimaänderungen, glaubt das nicht und forderte im Jahr 2018, dass große Anlagen für Stromerzeugung aus Biomasse vermieden werden sollten – es sei denn, sie würden durch ein technisch aufwendiges System zur Abscheidung und Speicherung von CO₂ ergänzt.
Deutschland ist eines der reichsten Länder der Welt. Aber selbst umweltfreundliche Deutsche beginnen zu erkennen, dass die derzeitige kohlenstoffarme Technologie – abgesehen von Atomkraft – zu teuer und zu unzuverlässig ist. Wenn man angesichts eines so grundlegenden Problems an der geltenden Politik zur CO₂-Reduzierung festhält, wird das Ergebnis eine Katastrophe sein, eine teure noch dazu.
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Übersetzt aus dem Englischen.
Rob Lyons ist ein britischer Journalist mit den Schwerpunkten Wissenschaft, Umwelt und Gesundheit. Er ist Autor von "Panic on a Plate: How Society Developed an Eating Disorder".
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