von John Scott Lewinski
Es wird für Soziologen und Psychiater in naher Zukunft faszinierend sein, zu untersuchen, was progressive linke Politiker dazu veranlasst hat, die COVID-19-Pandemie so herzlich zu umarmen. Leider teilen wohl die meisten Forscher diese besondere Neigung und sind daher auch weniger geneigt, sich selbst um eine angemessene Antwort auf diese Frage zu bemühen.
Unabhängig davon wurde die oben genannte Behauptung diese Woche durch eine Gallup-Studie untermauert. Der Studie nach soll eine solide Mehrheit von 57 Prozent der Republikaner davon ausgeht, dass die Pandemie in den Vereinigten Staaten vorbei ist – während lediglich schockierende 4 Prozent der Demokraten diesen Optimismus teilen. Diese Zahl ist so niedrig, dass sie statistisch unbedeutend ist und schon fast innerhalb der Fehlermarge für eine Umfrage liegt.
Die Umfrage sagt uns, dass im Wesentlichen niemand im linken Lager bereit ist, von der Pandemie loszulassen. In den großen Küstenstädten – Zentren der progressiven Politik – sieht man immer noch junge, gesunde Menschen, die an einem schönen sonnigen Tag maskiert spazieren gehen oder allein maskiert im Auto sitzen. Sofern diese Personen keine akuten Autoimmunerkrankungen haben, soll das Tragen einer Maske lediglich ihre Unterstützung für die Corona-Maßnahmen signalisieren.
In konservativeren Gefilden wie Texas und Florida wurden die Maßnahmen gekappt, sobald die Fallzahlen zu sinken begannen. Doch New York und Kalifornien hielten nicht nur an ihren scheinheiligen Geboten und Verboten fest, sondern sehnen sich geradezu nach einer Verschärfung.
In den USA machten sich Konservative schuldig, die Pandemie zu früh zu locker abgetan zu haben. Sie sollen sich grundlegenden und vernünftigen Vorsichtsmaßnahmen widersetzt haben, während Wissenschaftler noch daran arbeiteten, herauszufinden, wie ernst COVID-19 sein könnte. Die Konservativen waren eifrig dabei, die Realitäten und Irritationen der Krankheit zu übersehen, selbst wenn eine gewisse Vorsicht angebracht war. Als jedoch zunehmend Daten zusammengetragen wurden, mit denen ein reales, aber mit grundlegenden Vorsichtsmaßnahmen einzudämmendes Virus skizziert werden konnte, nahmen die Konservativen in ihren Enklaven die Einschränkungen fröhlich zurück und begrüßten die abklingende Phase der Pandemie.
Amerikanische Progressive hingegen weigern sich nicht nur, von der Virus-Panik abzulassen, sie scheinen auch bereit zu sein, für immer damit leben zu wollen. Vertreter dieser Philosophie könnten die ersten in der modernen Geschichte der Menschheit sein, die alle Anzeichen dafür zeigen, dass sie diese Tragödie begrüßen – ja, fast genießen –, weil sie ihnen persönlich und politisch dient.
Ein wahrer Progressiver suhlt sich in zwei gesellschaftspolitischen Positionen, die er als allen anderen überlegen sieht: Anderen zu sagen, was sie tun sollen und von Anderen gesagt bekommen, was man zu tun hat. COVID-19 bot das perfekte Biotop, um in beiden Rollen ungestraft zu gedeihen. Die Helden der Progressiven fuhren mit unbewiesenen und wissenschaftlich oft unhaltbaren Strategien ein, um Volkswirtschaften und Bildungssysteme, unabhängig vom Verlauf der Pandemie, an die Wand zu fahren. Man sah sie jeden Tag im lokalen Fernsehen, wo sie sich selbst für ihre schnelle und entschiedene Verkrüppelung des täglichen Lebens feierten.
In der Zwischenzeit waren Millionen ihrer Anhänger noch so bereit, auf unbestimmte Zeit in ihren Häusern eingesperrt zu bleiben. Dabei griffen sie jene verbal an, die eine Rückkehr zu irgendeiner Form von Normalität forderten, in der Hoffnung, die Wirtschaft am Laufen zu halten und die Ausbreitung anderer Gesundheitsprobleme zu unterbinden.
In den frühen Tagen der Pandemie verbargen die Progressiven ihren Sturm in Richtung autoritärer Macht unter einer krankhaften Schattierung übertriebenen Mitgefühls. Wenn Menschen, die nicht gründlich im linksgedrehten Lager verankert waren, fragten, warum drakonische Maßnahmen gegen eine ernsthafte, aber überschaubare Bedrohung der öffentlichen Gesundheit erforderlich seien, wurden diese wegen mangelnder Empathie, der Gefährdung ihrer Mitmenschen und der Ignoranz für die Wissenschaft beschuldigt – sogar der Ignoranz für eine bastardisierte Variante einer Wissenschaft, die oft für politische Diskussionen missbraucht wurde.
In Wirklichkeit deuteten alle Anzeichen darauf hin, dass die Linken sich für das Virus einsetzten. Als die Reaktion der Konservativen auf das Virus als "zu weich" beklagt wurde, verlangte die Polarisierung in der Politik, dass die Linke das Coronavirus, in einem Akt der Überkompensation, wie den Schwarzen Tod behandelt. Als die Infektionen in verschiedenen Teilen der Welt zunahmen (wie alle Infektionsviren, bevor sie sich selbst ausbrennen), wiesen Progressive stolz auf die Todesfälle hin, um zu beweisen, dass sie die ganze Zeit über Recht hatten.
Als allgemeine Regel gilt: Wenn erst Menschen sterben müssen, damit man beweisen kann, dass man eine erfolgreiche Prämisse aufgestellt hat, dann steht man auf der falschen Seite eines Problems. Das ganze Spektakel ist eine gruselige Bestätigung dafür, dass bei der aktuellen mangelnden Bereitschaft zu konstruktiven Debatten beide Seiten mehr um die Wahrnehmung eines Argumentes besorgt sind, als um den Schaden, den dieses Argument anrichtet.
Alle politischen Ansichten versuchen, Angst einzudämmen, Kontrolle auszuüben und Ordnung in potenziell chaotischen menschlichen Angelegenheiten zu schaffen. Das ist ihr Zweck. Konservative tun dies, indem sie sich dem Wandel widersetzen und versuchen, die Dinge so zu halten, wie sie sind, anstatt noch unbekannte Schäden zu riskieren. Dennoch ist Veränderung unvermeidlich und oft müssen rechte Denker einen Schritt zurücktreten und sich neu kalibrieren, wenn Veränderungen nicht aufzuhalten sind oder nicht aufgehalten werden sollen. Konservative verlieren einen Kampf gegen Veränderungen öfter, als dass sie einen gewinnen.
Progressive hingegen werden durch eine allgemeinere, durchdringendere Angst angetrieben. Jedes Risiko, jede Ungerechtigkeit oder jedes Vergehen treibt sie in wütende Besorgnis. Da Risiken und Ungerechtigkeiten unglückliche Nebenprodukte jeder Zivilisation sind, fahren Progressive die meiste Zeit ihrer wachen Stunden an der Kante. Sie machen Empörung und Beleidigungen zur Währung ihres Selbstwertes. Die Pandemie bot Progressiven eine Allzweck-Entschuldigung, um Beschränkungen von Risiken und Ungleichheiten zu fordern, vor dem Hintergrund einer unbestrittenen, mitfühlenden öffentlichen Gesundheitsversorgung. Ist es in Anbetracht dessen verwunderlich, dass sie jetzt zögern, sich von der Pandemie zu verabschieden? Sie hatten eine gute Sache am Laufen.
Die progressive amerikanische Reaktion auf das Coronavirus war so autoritär, überstürzt und panisch, dass eine sehr ernste Frage aufgeworfen werden muss: Kann man sich darauf verlassen, dass ein Anführer aus diesen Kreisen auf jede Krise reagieren wird, ohne entsetzliche, schlecht begründete und strafende Repressionen gegen die Bürger einzusetzen? Genießt die Linke die Notstandsbefugnisse dermaßen leidenschaftlich, dass man ihnen besser nie zutrauen sollte, sie auszuüben, wenn das Chaos erneut zuschlägt?
Im Moment müssen Progressive vielleicht eine Abschiedsparty für COVID-19 veranstalten. Sie könnten ihre Masken in einer feierlichen Zeremonie begraben und dem Virus Karten und Blumen spenden, ihm viel Erfolg wünschen bei der Mutation zu etwas, das sich nicht so leicht wegimpfen lässt, sich auf den Boden setzen und gegenseitig traurige Geschichten über den Tod der süßen, nicht hinterfragten Macht erzählen, die aus der Förderung und dem Festhalten an unvernünftiger Angst entstanden war.
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Übersetzt aus dem Englischen. John Scott Lewinski ist als Journalist auf der ganzen Welt unterwegs und schreibt für mehr als 30 internationale Nachrichtenagenturen über Weltgeschehen, Lifestyle und Technologie. Als Autor wird er von der New Yorker Fineprint Literary Agency vertreten.
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