von Seyed Alireza Mousavi
Während eine Rückkehr der USA zum Atomabkommen (JCPOA) als Möglichkeit in der Berichterstattung westlicher Medien hochgespielt wurde, insbesondere nach der Amtsübergabe an den neuen US-Präsidenten Biden, versicherte Iran kürzlich seinen strategischen Partnern Russland und China, dass das Land an seiner Orientierung in der Außenpolitik gen Osten festhalten wolle und eventuelle künftige Verhandlungen Irans über den Atomdeal von 2015 den Kurs der islamischen Republik nicht beeinflussen würden. Der Parlamentssprecher Irans reiste unlängst nach Moskau, um eine Botschaft vom Ajatollah Ali Chamenei an Putin zu überbringen, um damit die strategische Partnerschaft zwischen beiden Ländern zu bekräftigen. Diese Nachricht passte allerdings überhaupt nicht in das Konzept der westlichen Medien. Insofern wurde diesem Ereignis keine sonderliche Aufmerksamkeit in der westlichen Berichterstattung geschenkt.
Russland, China und Iran verlangten mehrfach zwecks Rettung des internationalen Atomabkommens ein Entgegenkommen der USA, die 2018 einseitig und ohne jeden Anlass aus dem Atomdeal ausgestiegen waren. Westliche Mächte hingegen wollen nun angeblich Iran in die Pflicht nehmen, dass das schiitische Land zuerst seine jüngsten Schritte, die den Abmachungen im Atomdeal entgegenstehen, rückgängig machen sollte – andernfalls werde es keine Aufhebung der harten US-Sanktionen gegen Teheran geben.
In einer Medienkampagne warnten kürzlich die westlichen Mächte auch wieder einmal, dass Iran nur wenige Wochen vom Bau einer Atombombe entfernt sei, wie immer ohne Beweise dafür vorzulegen. Allerdings ist das nichts Neues, da in der Wahrnehmung oder zumindest laut Darstellung in westlichen Medienkartellen Iran bereits seit 2012 "kurz vor der Fertigstellung von Atombomben" steht. Der Westen will im Grunde eine neue Informationskampagne gegen Iran entfachen, um damit einerseits Teherans Verbündete in Eurasien zu bewegen, ihre Position zum JCPOA zu revidieren, und andererseits die prowestlichen Kräfte in Iran für einen möglichen Kurswechsel in der Außenpolitik des eigenen Landes gen Westen zu fördern.
Chamenei schrieb in dieser sensiblen Phase einen Brief an Putin, um seinem großen Partner in Eurasien zu versichern, dass Iran weiterhin an seiner Strategie zur stärkeren Orientierung gen Osten festhalten will. Russland und China hatten sich seinerzeit mehrfach über einen Schaukelkurs Irans beklagt, wenn nämlich Vertreter der Demokratischen Partei in das Weiße Haus in Washington, D.C. einzogen und dementsprechend prowestliche Kräfte in Iran wieder mehr Deutungshoheit über die außenpolitische Ausrichtung Irans gewonnen hatten.
Das politische und religiöse Oberhaupt Irans Ajatollah Ali Chamenei soll sich in seinem Brief beim russischen Präsidenten Wladimir Putin für dessen "gerechte Position" zum Gemeinsamen Umfassenden Aktionsplan (JCPOA) bedankt haben, insbesondere seit die USA einseitig diesen "Atomdeal" verlassen hatten. Zum Zeitpunkt des Treffens zwischen dem iranischen Parlamentssprecher und dem Vorsitzenden der Staatsduma am 8. Februar wurden noch keine näheren Angaben zum vollständigen Inhalt des Briefes gemacht. Kürzlich kommentierte jedoch Hossein Amir-Abdollahian, Vizeaußenminister und ein Berater des iranischen Parlamentspräsidenten Ghalibaf, in einem am 11. Februar auf der offiziellen Webseite des iranischen Staatsoberhaupts Chamenei veröffentlichten Bericht die Details der jüngsten Botschaft von Chamenei an den russischen Präsidenten.
Chamenei soll in seinem Brief unterstrichen haben, dass das 21. Jahrhundert "zweifellos" das Jahrhundert Asiens sei. Iran wolle in seiner Außenpolitik den Osten dem Westen und seine Nachbarländer den entfernten Ländern vorziehen, um damit seine nationalen Interessen zu wahren, so Amir-Abdollahian im Bericht über die Botschaft von Chamenei an Putin.
Jegliche Entscheidung im Weißen Haus werde in keiner Weise die Aussicht der Islamischen Republik auf den Erhalt, die Stärkung und den Ausbau der strategischen Beziehungen Teherans zu Moskau und Peking und die langfristige Perspektive der Islamischen Republik auf Asien als wichtigen Akteur im gegenwärtigen Jahrhundert ändern. Dies sei, laut Amir-Abdollahian, der Kern der Botschaft Chameneis an Putin.
Die Veröffentlichung dieses Berichts direkt auf Chameneis Webseite deutet insbesondere auf deren Authentizität hin und zudem darauf, dass die darin geäußerten Ansichten von engen Beratern des politischen und religiösen Oberhaupts Irans unterstützt werden. Dass der iranische Parlamentssprecher als ein ehemaliger Angehöriger der Iranischen Revolutionsgarde (IRGC) und nicht der Außenminister Sarif als wichtigster Vertreter beim Atomabkommen 2015 ausgewählt wurde, um den an Putin gerichteten Brief zu überbringen, macht deutlich, dass das Schicksal des Atomabkommen 2015 strategische und geopolitische Ziele Irans nicht beeinflussen sollte.
Unlängst berichteten iranische Medien zudem über den bevorstehenden Abschluss des 25-jährigen strategischen Abkommens zwischen Iran und China. Iran und China sind seit Jahren bemüht, ein Kooperationsabkommen mit 25 Jahren Laufzeit für Handel und Militär unterzeichnungsreif zu machen. Die Grundlinie des Abkommens wurde bereits veröffentlicht, wonach China 400 Milliarden Dollar in die iranische Infrastruktur, etwa in den Ausbau von Straßen, Bahnstrecken, Häfen, in den Tourismus und in die Erdöl- und Gasindustrie sowie weitere Projekte, investieren will. Ali Chamenei gab im Januar 2016 bei einem Treffen mit dem chinesischen Präsidenten Xi in Teheran sein Einverständnis für eine strategische Partnerschaft. Sollte das strategische Abkommen zwischen Iran und China unterzeichnet werden, würden die Auswirkung der einseitigen westlichen Sanktionen auf Irans Politik und Wirtschaft zum großen Teil neutralisiert werden.
Das Streben nach einer multipolaren Welt verbindet Russland, China und Iran miteinander. Alle drei Länder vertreten eine Perspektive zur die Umgestaltung in eine neue Weltordnung, die der bisherigen unipolaren Weltordnung unter Führung der USA entgegensteht. Sie wollen sich nämlich nicht mehr der vom Westen dominierten Ordnung unterordnen, sondern ihre eigenen legitimen Interessen im Rahmen der multilateralen Beziehungen artikulieren.
Seit das multilaterale Atomabkommen mit Iran aufgrund des einseitigen Austritts der USA auf der Kippe steht, verstärkt sich die Orientierung der iranischen Innen- und Außenpolitik nach Eurasien. Mit Chameneis Botschaft an Putin profiliert sich diese Politik zu einer Strategie Irans, die grundsätzlich neue Kräfteverhältnisse in Asien hervorbringen könnte.
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