Olaf Scholz und die Realität: Die Bazooka ballert mit Platzpatronen

Die verfahrene Corona-Hilfspolitik des Finanzministers Olaf Scholz, zugleich Kanzlerkandidat der SPD, stellt die Wirtschaft im Land auf eine harte Probe. Unterstützungsgelder fließen nicht, manche Hilfen kommen zu spät. Jetzt versucht er, mit noch mehr Millionen-Hilfen zu kontern.

Ein Meinungsbeitrag von Stefan Fein

Der Verschuldungsrekord-Minister Olaf Scholz (SPD), mit knapp 180 Mrd. mehr allein in diesem Jahr in der Kreide, freut sich, uns mitteilen zu dürfen, dass er rund 70 Mrd. Euro gespart habe. 25 Milliarden Euro stellte der Bund alleine bereit, um kleinere und mittelständische Firmen zu unterstützen. Doch nun zeigt sich, dass das Geld kaum abgerufen wird. Und das Geld kam auch nie dort an.

Nun sollte man meinen, dass "die da oben" das schon hinkriegen. Immerhin startete Scholz ja mit der Bazooka. Doch da hat er nicht mit der deutschen Verwaltung gerechnet. Und die wiederum nicht mit seinen seltsamen, bisweilen widersprüchlichen Anweisungen. So bekommt ein Berliner Restaurantbetreiber am Hauptbahnhof kein Corona-Geld, weil er nicht genug pleite sei. Absurdistan: Er ist zwar insolvent, aber leider, leider immer noch kreditwürdig. Oder große Betriebe, die unter das EU-Beihilferecht fallen: Die bekommen erst einmal Post, aber kein Geld. Erst wurde wieder einmal versäumt zu prüfen, was Brüssel da angestellt hatte. Das half den Unternehmen hier allerdings keine Handbreit.

Bemerkenswert ist die Dickfälligkeit jenes Mannes, der als Hamburger Bürgermeister in einem halben Jahr aus einem Geberland ein Nehmerland gemacht hatte. Auf Bundesebene setzte er seine zweifelhafte Erfolgsgeschichte fort. Klar war bereits im Herbst letzten Jahres, dass die Hilfsgelder für kleine, durch Corona in Not geratene Unternehmen nur zu einem verschwindend geringen Teil abgerufen worden waren. Von den 24,6 Milliarden Euro kamen bis 15. September nur 623,4 Millionen Euro an. Statt schleunigst etwas am Vergabeweg zu ändern, spürte Scholz eine immerhin "günstige Entwicklung." Die Realität strafte ihn Lügen. Laut dem Handelsverband HDE stehen rund 50.000 der knapp 200.000 Handelsunternehmen in Deutschland vor dem Aus, eine Viertelmillion Jobs könnte der Niedergang mitreißen. Grund: Scholz' schleppende Hilfen.

2020 sind wegen bürokratischer Hürden satte 90 Millionen Euro an Überbrückungshilfen bei Handelsfirmen angekommen. In der Gastronomie sah es nicht anders aus. Die Folgen sieht man am Beispiel Maredo. Die Steakhaus-Kette machte 15 von 35 Restaurants zu, die Hälfte der 950 Beschäftigten musste gehen. Und das endgültige Ende droht. Noch ein Beispiel: DCH. Der Süßwaren-Hersteller betreibt unter den Marken Arko, Eilles und Hussel bundesweit 300 Filialen und im Ausland weitere 4.000 Verkaufsstellen mit rund 1.600 Mitarbeitern. Die Fachhändler haben jetzt vorläufige Insolvenz beantragt. Saures für die süße Branche.

Der Mann, der mit der Bazooka auszog, steht nun mit seinem Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) auf einem Podest und verkündet erfolgversprechende Schadensbegrenzung vom Schaden, den er selbst angerichtet hatte. Mit salbungsvollen Worten erklärt Scholz jetzt, dass viele Steuererleichterungen oder Stundungen nur kurz oder gar nicht in Anspruch genommen wurden, weil sich die Wirtschaftslage für viele nach dem ersten Lockdown günstiger entwickelt hätte. Für Stefan Genth, den Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), klingt das wie Hohn. 

Doch jetzt soll alles anders werden. Besser natürlich, denn schlechter geht es kaum. Wenn sich er schon nicht auf die Realität einstellen kann, dann eben andersherum. Also verspricht er erneut dicke Pakete. Blöderweise hat er an der überbürokratischen Struktur und an den Abläufen nichts verändert. Hotel- und Restaurantbetreiber sollen als Abschläge für die November- und Dezemberhilfen nun 100.000 statt nur 50.000 Euro beantragen dürfen. Beantragen, versteht sich! Bisher tröpfelte das Geld für November gegen Ende Januar zaghaft in die leeren Kassen. Mieten, Strom und Steuern waren dagegen unverschämter Weise wieder einmal schneller. Immer diese Realität!

Das Vertrauen, um das Banken und Politiker gerne werben, ist dahin. Auch bei den vielen Helferlein, die in zäher Kleinarbeit in der letzten Kleinstadt mit ständig wechselnden Beantragungsspielregeln jeden noch so hartgesottenen Steuerberater in den Wahnsinn treiben. Langsam stellt sich nicht mehr die Frage, ob die Medizin schlimmer ist, als die Krankheit. Während die deutsche Bank eine Bad Bank gründete, um mit Hilfe der Steuerzahler wieder einmal Miese von der Steuer abzusetzen und auszugliedern, steht dem wirtschaftlichen Motor, den Familienunternehmen im Land, das Wasser längst über der Halskrause. Wo graben die ihr Loch und werfen ihre Schulden rein?

Aber jetzt wird ja alles anders – in der Realität von Olaf Scholz: Zuschüsse zu den Fixkosten sollen noch schneller fließen und der Kreis der Berechtigten soll erweitert werden. Bisher waren Unternehmen mit einem Umsatzminus von mindestens 40 Prozent antragsberechtigt, künftig soll es schon ab einem Umsatzeinbruch von 30 Prozent Unterstützung geben. Monatlich soll es bis zu 1,5 Millionen Euro geben – wenn Brüssel das auch zulässt. Ja, wenn.

"Wir können das lange durchhalten", versicherte Scholz, der SPD-Kanzlerkandidat, im ARD-Morgenmagazin. Bitte nicht, Herr Scholz! In der Realität ist dann nämlich jeder zweite Betrieb pleite.

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