von Darius Schahtahmasebi
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich von Frankreich halten soll. Nicht vom Volk noch vom Land selbst, sondern von den außenpolitischen Neigungen seiner jeweiligen Regierungen, einschließlich der unter der Führung von Emmanuel Macron. Wie ein ehemaliger Antiterror-Polizist kürzlich gegenüber RT erklärte, könnte Frankreich den Dschihad selbst über sich gebracht haben – auf mehr als nur eine Weise.
In Libyen zum Beispiel gaben Frankreich und seine NATO-Kohorten (bei einem inoffiziell von den USA inszenierten Bombenangriff) Al-Qaida-verschworenen Extremisten Luftunterstützung, um Muammar al-Gaddafi zu stürzen. Bei diesen Extremisten handelte es sich um genau dieselben Kämpfer, gegen die die US-Truppen seit Jahren im Irak gekämpft hatten, und ziemlich sicher um dieselben Kämpfer, gegen die Frankreich angeblich in Mali kämpft.
Die Entscheidung, Libyen zu zerstören, führte zu nichts anderem, als die Ausbreitung des islamischen Extremismus auch noch auf dem afrikanischen Kontinent zu beflügeln, und außerdem noch dazu, eine drohende Flüchtlingskrise direkt zu verschärfen. Es war der Beginn für den Export von Waffen, Extremismus und Sklaverei aus Libyen als dem nunmehr "gescheiterten" Staat – alles (auch) dank Frankreich. Einigen Berichten zufolge haben die NATO-Streitkräfte während ihrer Bombenangriffe auch eine wichtige Infrastruktur für die Wasserversorgung bombardiert und unwirksam gemacht, die 70 Prozent der libyschen Bevölkerung mit Wasser versorgte. Man sollte meinen, dass mindestens die Bombardierung von 70 Prozent der Wasserversorgung einer mehrheitlich muslimischen Nation sicherlich einen muslimischen Protest hervorrufen könnte, aber ich schweife ab.
Lange Liste französischer Verfehlungen
Wenn die französische Regierung nicht gerade mehrheitlich muslimische Nationen bombardiert, richtet sie durch die Verwendung des von Frankreich unterstützten CFA-Franc (Währung der Westafrikanischen Wirtschafts- und Währungsunion (UEMOA) in den früheren französischen Kolonien in Afrika) in diesen Staaten wirtschaftliche Verwüstungen an. Wie Italiens ehemaliger stellvertretender Minister und heutiger Außenminister treffend bemerkte: "Frankreich gehört zu den Ländern, die durch das Drucken von Geld für 14 afrikanische Staaten deren wirtschaftliche Entwicklung verhindern und dazu beitragen, dass die Flüchtlinge ausreisen und dann im Meer sterben oder an unseren Küsten ankommen."
Frankreich hat eine lange und heute wenig beachtete Geschichte der Untergrabung islamischer Zivilisationen – von Syrien bis Algerien. Während des algerischen Unabhängigkeitskrieges begingen französische Soldaten eine Vielzahl von Gräueltaten, darunter auch Folter. 300.000 Algerier starben als Folge des Konflikts. In den Massenmedien kaum thematisiert, bleibt das bis heute ein umstrittener Aspekt der blutigen Geschichte Frankreichs.
Das alles kratzt kaum an der Oberfläche. Selbst ein ganzes Buch würde diesem Thema kaum gerecht werden, und doch ist es ein Thema, von dem ich mir erhofft hatte, dass die westlichen Medien ihm mehr Aufmerksamkeit schenken würden.
Ebenso frustrierend ist aber auch die gleichgültige Reaktion der muslimischen Welt auf diese sachdienlichen Fakten. Wie verurteilt die muslimische Welt die sehr reale Beteiligung Frankreichs an dem völkermörderischen Chaos, das unseren muslimischen Brüdern und Schwestern im Jemen zugefügt wurde? Wo sind die Versammlungen, die Proteste und die Kundgebungen, die jedes Mal stattfinden, wenn ein unschuldiger Moslem aufgrund der langjährigen imperialistischen Ambitionen Frankreichs getötet wird?
Wirft man eine Karikatur in diese Melange, wird es ein Pulverfass. Fügt man einen Präsidenten hinzu, der erklärt, er werde die besagten Karikaturen nicht anprangern, ergibt die Gleichung plötzlich Folgendes: Weit verbreitete Aufrufe zum Boykott französischer Produkte, wobei Katar und Kuwait aktiv französische Produkte aus ihren Läden räumen; verleumderische Bemerkungen des türkischen Präsidenten direkt gegen Macron; Proteste in Israel, Gaza, Bangladesch, Iran, Afghanistan und Jordanien, um nur einige zu nennen; das Verbrennen französischer Flaggen sowie die Verurteilung durch die großen Zeitungen, bis ein fanatischer Irrer beschließt, unschuldige französische Kirchenbesucher öffentlich zu enthaupten, als hätten wir das Jahr 629 nach Christus.
Bomben oder Karikaturen?
Eine iranische Zeitung nannte Macron sogar den "Dämon von Paris". Oh – jetzt ist er also plötzlich der Dämon von Paris. Nicht damals, als er den engsten iranischen Verbündeten im Nahen Osten unter eklatanter Verletzung des Völkerrechts aktiv bombardierte. Nicht schon, als er weiterhin Waffen an Saudi-Arabien verkaufte, um im Jemen, einem weiteren angeblichen iranischen Verbündeten, endlos viele Kriegsverbrechen zu begehen.
"Es ist verboten, Mohammed zu zeichnen", sagte ein Parteiführer in Bangladesch namens Ahmad Abdul Quaiyum vor einer Menge von Demonstranten. Allerdings ist es das nicht. Das entspricht nicht den westlichen Idealen der Redefreiheit – und der Westen ist der Ort, an dem diese Zeichnungen entstanden. Wie auch, dass man keine islamischen Gesetze auf Nicht-Muslime anwenden kann, die in nicht-muslimischen Ländern leben. Selbst wenn Sie Quaiyum zustimmen würden, müssten Sie sich immer noch mit der Tatsache auseinandersetzen, dass es keine rechtliche, logische oder moralische Verpflichtung für Franzosen gibt, sich an archaische muslimische Werte zu halten.
Angenommen, ich wäre mit Quaiyum einer Meinung: Wie kann es dann sein, dass ausgerechnet die Darstellung eines Propheten auf der Liste der Dinge, die das muslimische Volk erzürnen, viel weiter oben steht als die Bombardierung unseres Volkes, die unaufhörlichen Stellvertreterkriege, die unsere Regionen plagen, die Unterstützung und Finanzierung von Terrorgruppen zur Verfolgung unausgesprochener geopolitischer Ziele oder die massenhafte Plünderung unserer Ressourcen und die Behinderung des Fortschritts unserer Länder?
Echte Islamophobie ist für die muslimische Gemeinschaft mehr als nur ein provokativ aufgereckter Mittelfinger einer Handvoll satirischer Karikaturisten. Ich würde es vorziehen zu glauben, dass der Gott der muslimischen Welt sich nicht mit solch belanglosen, imaginären Verbrechen beschäftigen würde. Nicht, wenn wir so viele sehr reale und schwere Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit sehen, gegen die wir tatsächlich protestieren könnten, mit dem Ziel, wirkliche Veränderungen zum Wohle einiger der verletzlichsten Menschen dieser Welt zu fordern.
Und wenn Sie sich durch diesen Artikel beleidigt fühlen, kann ich nicht umhin anzumerken, dass Sie meinen Standpunkt im Wesentlichen bewiesen haben.
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Darius Schahtahmasebi ist ein in Neuseeland ansässiger juristischer und politischer Analyst, der sich auf die US-Außenpolitik im Nahen Osten, in Asien und im Pazifikraum konzentriert.
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