von Alexander Sosnowski
Heute ist es der Mordfall an Selimchan Changoschwili, einem sogenannten politischen Flüchtling, der letztes Jahr in Berlin getötet wurde. Die deutsche Presse porträtiert Changoschwili schon fast wie einen Helden, der gegen das "blutige Russland" für die Unabhängigkeit Tschetscheniens gekämpft hat. Das sollte unter dem Mikroskop betrachtet werden, denn das Leben und Werk des Tschetschenen waren mitnichten ein Hollywood-Blockbuster über einen Superhelden, der von bösen Mächten getötet wurde.
Wer war Selimchan Changoschwili?
Schon während des Zweiten Tschetschenienkrieges war er Kämpfer in einer der wahhabitischen Kampfzellen in Tschetschenien. Im Internet kursieren Fotos, auf denen er den Terroristen Schamil Bassajew umarmt. In der Nähe befindet sich auch der Verbrecher und Mörder Ibn al-Chattab. Mit diesen Menschen war Changoschwili befreundet, und er kämpfte mit ihnen. Er war nie ein Verteidiger der Menschenrechte oder ein Kämpfer für die Freiheit seines Volkes.
Es genügt, sich an die tragischen Ereignisse in Beslan zu erinnern. Changoschwili gehörte zu den Militanten, die im September 2004 am schrecklichen Tod der Kinder in der Schule der Stadt beteiligt waren. Einige Quellen weisen darauf hin, dass er kein gewöhnlicher Soldat gewesen ist, sondern eine Gruppe befehligte, die dem Anführer Bassajew direkt unterstellt war. Bei der Geiselnahme in der Schule in Beslan starben 334 Menschen, darunter 186 Kinder. Changoschwili gehörte zu dieser Zeit zum engsten Kreis der Anführer der wahhabitischen Militanten.
Bereits im Vorjahr nahm der Tschetschene an einem Angriff auf eine Militärpatrouille in Inguschetien teil, bei dem 15 Menschen erschossen wurden. Er nahm auch am Angriff auf die Stadt Nasran im Juni 2004 teil. Wie viele Einwohner der Stadt sind damals gestorben? Ist dies jenen bekannt, die versuchen, Changoschwili als Freiheitskämpfer darzustellen? Um das noch einmal festzuhalten: 98 Menschen wurden damals getötet.
"Ich weiß, dass in Berlin ein Mensch gestorben ist", kommentierte Wladimir Putin den Fall Changoschwili. "Dies ist nicht einfach irgendein Georgier, sondern eine Person, die an Militäraktionen teilgenommen hat, ein Separatist. (...) Er war einer der Organisatoren der Explosionen in der Moskauer U-Bahn", fügte der russische Staatschef auf einer Pressekonferenz nach dem Gipfel im Normandie-Format hinzu.
"2004 beteiligte sich Changoschwili an der Planung und Vorbereitung von Terroranschlägen in Beslan und der Moskauer U-Bahn zwischen den Bahnhöfen Awtosawodskaja und Pawelezkaja. 2005 reiste er illegal mit einem gefälschten Pass nach Georgien", schreibt RIA Nowosti unter Berufung auf Quellen bei Sicherheitsbehörden.
Wo immer dieser Mann auftauchte, hinterließ er eine Blutspur
Als der Zweite Tschetschenienkrieg endete, blieb Changoschwili nicht ohne Arbeit – er fand neue Herren, Geld und ein Dach. Er machte die Geheimdienste der USA und der Ukraine erfolgreich auf sich aufmerksam. Ein Kämpfer mit Erfahrung im Kampf gegen die "Russen" könnte für verschiedene verdeckte Operationen sehr nützlich sein. Er fiel dann den US-Geheimdiensten in die Hände und arbeitete gleichzeitig mit Georgien zusammen.
Auf diese Fakten macht The Daily Beast aufmerksam, das Changoschwili als einen bekannten Dschihadisten bezeichnet, der von US-Geheimdiensten rekrutiert wurde.
In Georgien wurde 2015 ein Mordversuch gegen ihn unternommen – man erzählt sich, jemand habe versucht, "Blutrache" an ihm zu üben. Die Tschetschenen vergeben keine Verbrechen an ihren Lieben. Und Changoschwili, der an vielen Attacken und Terrorangriffen im Kaukasus beteiligt war, hatte viel Blut vergossen. Um der Rache zu entkommen, ging er in die Ukraine. Dort lief es gut für ihn. Auf dem Maidan waren Spezialisten für Militäreinsätze gefragt, der Ex-Präsident Georgiens Micheil Saakaschwili war dabei, und Changoschwili blieb auch hier nicht ohne Arbeit.
Er zog nach Deutschland, wo ihm aus unbekannten Gründen der Status eines politischen Flüchtlings verliehen wurde. Neben der Tatsache, dass der Status eines politischen Flüchtlings für eine Person, die an terroristischen Anschlägen beteiligt war, viele Fragen an Deutschland aufwirft, ist nicht klar, warum kein Strafverfahren gegen ihn wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation eröffnet wurde.
Für jemanden, der aus Russland über die Ukraine nach Deutschland kommt, ist es nach deutschem Recht praktisch unmöglich, Flüchtlingsstatus und eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten. Trotzdem erhielt er diesen Status, und zusätzlich wurde in seinen Akten ein Vermerk eingetragen – "Schläfer" –, so berichtet die Presse.
Warum hat Deutschland das getan?
Liegt es daran, dass solche nebulösen Persönlichkeiten immer für gewinnbringende politische Zwecke eingesetzt werden können – um den Feind zu kompromittieren und ungünstige Bedingungen für Verhandlungen über wichtige politische Themen zu schaffen?
Bereits in den 2000er-Jahren spielte Berlin bereitwillig die "tschetschenische Karte" aus und sprach von den "legendären Kämpfern für die Unabhängigkeit Itschkeriens". Dafür erhielten Terroristen aus den Einheiten von Bassajew und Ruslan Gelajew eine Aufenthaltserlaubnis und wurden finanziell unterstützt. 2004 kam "Brigadegeneral" Achmed Sakajew, Terrorist und Schauspieler, in Begleitung eines britischen Gefolges nach Berlin. Für ihn wurde ein großer Saal der Staatsbibliothek angemietet und mehrere Hundert tschetschenische Aktivisten versammelt, die zu diesem Zeitpunkt ihren ständigen Wohnsitz in Deutschland hatten.
Sakajew wurde von einem anderen "Brigadegeneral" vorgestellt, dem ehemaligen stellvertretenden Premierminister der Dudajew-Regierung, Apti Bisultanov. Die deutschen Behörden schwiegen sich dazu aus, sie waren anscheinend nicht besonders besorgt, dass sich potenzielle und echte Terroristen im Zentrum der Hauptstadt versammelten.
Und nun endlich der Höhepunkt dieser Geschichte
Ein ermordeter Militanter, ein Verbrecher, wird in der deutschen Hauptstadt Berlin als Opfer des "russischen Regimes" dargestellt. Natürlich kann kein Mord gerechtfertigt werden, selbst wenn das Opfer ein blutrünstiger Verbrecher ist. Dies nimmt uns jedoch auch nicht das Recht, darüber nachzudenken, ob der Tod Changoschwilis für politische Zwecke missbraucht wird. Warum hatte der tschetschenische Kämpfer die Möglichkeit, sich frei in Europa zu bewegen, in Deutschland zu leben und viele Jahre lang deutsche Papiere zu erhalten? All das sieht mehr als nur zwielichtig aus und erscheint sicherlich nicht als humanitärer Hilfsakt.
Es ist wohl schwer zuzugeben, dass sich ein Flüchtling als eine Person herausstellen kann, die jahrelang an militärischen Operationen terroristischer Organisationen auf dem Territorium verschiedenster Länder teilnahm. Wahrscheinlich klebte das Blut Dutzender von Opfern an seinen Händen, er wurde als Verbrecher verfolgt, und Russland forderte seine Auslieferung. Warum leistete Deutschland den juristischen Organisationen in Russland jahrelang keine Rechtshilfe und lieferte Changoschwili nicht für eine Untersuchung und einen möglichen Prozess aus?
Es gibt Antworten auf diese Fragen, und vielen werden sie nicht gefallen. Der Fall Changoschwili wird zu politischen Zwecken missbraucht, um Druck auf Russland auszuüben.
Es ist kein Zufall, dass solche Begebenheiten zum Anlass neuer verbaler Angriffe auf gemeinsame Projekte zwischen Russland und Deutschland werden. Einige Menschen hassen die Möglichkeit einer politischen und wirtschaftlichen Annäherung beider Länder.
Es ist sogar etwas unangenehm, darüber zu sprechen, aber wenn der deutsche Außenminister über angebliche Beweise für Verbrechen "auf direkten Befehl der russischen Behörden" spricht, ohne die entsprechenden Beweise zu präsentieren, versteht man, dass viel auf dem Spiel steht. Es ist möglich, dass Nord Stream 2 gestoppt wird, das Niveau der diplomatischen Beziehungen absinkt und der Übergang zu einer Situation erfolgt, die als Vorkriegszeit charakterisiert werden kann. Und das alles aus unbewiesenen Gründen. Der Mord an einem militanten Flüchtling und ein Nowitschok-Giftanschlag, den es wohl nie gegeben hat – was muss noch erfunden werden, um die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland in jene von Gegnern statt strategischen Partnern zu versetzen? Oder vielleicht sogar Feinden?
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