von Rachel Marsden
"Der Guerillakrieg ist im Wesentlichen ein politischer Krieg." So beginnt das Vorwort des Handbuchs "Psychological Operations in Guerrilla Warfare" der CIA, das in den frühen 1980er Jahren geschrieben wurde, um den in Honduras operierenden nicaraguanischen Contras – Vertretern der CIA – bei ihrer Kriegsführung zu helfen.
Das Handbuch war als Anleitung gedacht, nicaraguanische Bürger für die von den USA unterstützte Sache der Contras zu rekrutieren und sie auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges gegen die pro-sowjetische Regierung Nicaraguas unter Führung des sandinistischen Präsidenten Daniel Ortega zu mobilisieren.
Psychologische Manipulation von Ausländern in weit entfernten Ländern ist seit langem gängige Praxis der US-Regierung – die Opfer sollen entweder für die jeweilige Sache der USA kämpfen oder wenigstens das Endergebnis eines Regimewechsel-Krieges akzeptieren –, und Nicaragua ist nur eines der Beispiele dafür.
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In Syrien etwa setzten die USA aus der Opposition rekrutierte Mittelsmänner ein, die von der US-amerikanischen Regierung weithin als "syrische Rebellen" stilisiert und vermarktet wurden, um die gesamte Opposition für einen Regimewechsel gegen den Präsidenten des Landes Baschar al-Assad zu mobilisieren. Das Komplott, genannt Operation Timber Sycamore, wurde von der New York Times als "eines der kostspieligsten Programme zu verdeckten Operationen in der Geschichte der CIA" bezeichnet. Dieses gescheiterte, schätzungsweise eine Milliarde US-Dollar teure Komplott ergänzte eine ähnliche Operation des Pentagons zur Ausbildung, Finanzierung und Ausrüstung, die ebenfalls in massive Zeit- und Geldverschwendung ausartete: Dieses Mal war der Kostenpunkt 500 Millionen US-Dollar.
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Mit diesem ganzen Geldaufwand gelang es Washington, eine flüchtige Illusion zu schaffen – diese hielt gerade lange genug an, um einige Leute glauben zu lassen, es gäbe eine weit verbreitete, aktive innenpolitische Opposition gegen Assad.
Damit man mit dieser Illusion tatsächlich Erfolg hat, muss sich jedoch in kurzer Zeit eine kritische Masse an Unterstützung in der Bevölkerung ansammeln und Schwung aufnehmen, um einen Regimewechsel auszulösen. Heutzutage ist dies nur noch selten der Fall – schon allein deshalb, weil moderne Technologie es ermöglicht, gegenläufige Narrative zu verbreiten, die die Wirkung aller Bemühungen um den Aufbau eines für einen Regimewechsel erforderlichen Gruppendenkens mildern.
Obwohl im Ausland gängige Praxis, ist der Einsatz psychologischer Kriegsführung im Stil der CIA gegen die US-Amerikaner selbst grundsätzlich verpönt. So soll beispielsweise das Smith-Mundt-Gesetz bewusst verhindern, dass die im Ausland verbreitete Propaganda des Außenministeriums auf US-Amerikaner innerhalb der eigenen Landesgrenzen abzielt. Aber US-amerikanische Präsidentschaftswahlen enden immer damit, dass der öffentliche Diskurs in den USA mit polarisierender Propaganda im Interesse des Machterhalts beziehungsweise der Machtübernahme überschwemmt wird.
Im aktuellen Wahlkampf zwischen Präsident Donald Trump und dem Herausforderer aus dem Demokraten-Lager, dem ehemaligen Vizepräsidenten Joe Biden, wenden beide im Wesentlichen Taktiken der psychologischen Kriegsführung im Stil der CIA gegen die US-amerikanischen Wähler an – ob sich die Kandidaten selbst dessen bewusst sind oder nicht.
Unsicherheit – mit Recht und Ordnung als Wunschziel – ist jetzt eines der Top-Themen dieser Kampagne und könnte durchaus der entscheidende Faktor bei der Wahlentscheidung werden.
Sowohl Biden als auch Trump versuchen, den jeweils anderen als unfähig darzustellen, die Sicherheit in den USA zu erhalten. Trump wies wiederholt auf Unruhen in "demokratisch regierten Bundesstaaten" hin, die sich in "Joe Bidens Amerika" über das ganze Land ausbreiten würden. Biden seinerseits beschuldigt Trump, mit seiner "hetzerischen Rhetorik" für die Förderung von Unsicherheit verantwortlich zu sein. Beide beschuldigen den jeweils anderen, angebliche extremistische Stellvertreter – gewalttätige linke Antifa-Akteure beziehungsweise Rechtsradikale – mit Pfiffkommandos gleichsam wie Hundemeuten zu befehligen.
Doch welche Auswirkungen hat dies auf die Wähler?
Das CIA-Psyops-Handbuch besagt:
Bewaffnete Propaganda verbessert das Verhalten der Bevölkerung gegenüber ihrem Urheber, und man verwirklicht sie nicht mit Gewalt. Das bedeutet, dass eine bewaffnete Guerilla-Einheit in einer ländlichen Ortschaft nicht den Eindruck erwecken soll, dass ihre Waffen der Machtausübung über die Bauern dienen, sondern dass sie die Macht der Bauern gegen die repressive sandinistische Regierung sind.
Die Menschen haben weniger Angst vor Kämpfern, die ihrer Meinung nach auf ihrer Seite stehen und ihre Werte verteidigen. Das erklärt, warum jeder der beiden Kandidaten beim Anprangern gewalttätiger Extremisten, die jeweils seine Politik unterstützen, vorsichtiger war – während er diejenigen, die seine eigene Politik nicht unterstützen, ohne zu zögern in Grund und Boden verdammte.
Trump selbst behauptete vor Kurzem in einem Interview im verschwörerischen Tenor, dass Menschen aus "dunklen Schatten" heraus Biden kontrollieren, und erklärte, der bewaffnete Vigilante, Mordverdächtiger – und Trump-Kundgebungsteilnehmer – Kyle Rittenhouse habe sich nur selbst verteidigt.
Die Botschaft hier war, dass in den Straßen von den Demokraten geführter Kommunen Chaos herrscht – und in Trumps Stellvertreterarmee die guten Jungs sind, die der Antifa zum Opfer fallen.
Seinerseits hat Biden von den Massenprotestbewegungen, die von Linksliberalen angeführt werden, profitiert und ausgenutzt – Protestbewegungen gegen das, was die Teilnehmer als Ermutigung zu Polizeigewalt durch Trump ansehen. Er kanalisierte ihre Frustration, indem er sowohl Trump selbst als auch seine Loyalisten dafür verantwortlich machte "Chaos zu säen" und "Gewalt zu schüren" – und machte dabei blauen Auges Gewalttaten seiner eigenen Gefolgschaft anprangernde Lippenbekenntnisse.
Beide Kandidaten halten ihre Stellvertretergruppen, die auf ihre Schlachtrufe antworten, um ihrer politischen Agenda zu dienen – in der gleichen Weise, wie andere militante Gruppen in Übersee vermeintlich im Namen eines Propheten zu den Waffen griffen und zur Tat schritten – auf Distanz.
Eines der primären taktischen Ziele, die im CIA-Handbuch der psychologischen Kriegsführung genannt werden, lautet: "Nach und nach die Saat einer demokratischen Revolution säen, um Veränderung herbeizuführen – weg von Missständen des Regimes hin zu einer neuen Ordnung der Gerechtigkeit und des kollektiven Wohlergehens."
Diese Taktiken sind indes alles andere als "demokratisch" – sie sind manipulativ. Sie spielen mit der Angst der Menschen. Und mit ihrer Hilfe sollte nicht über freie und faire Wahlen entschieden werden.
Übersetzt aus dem Englischen.
Rachel Marsden ist eine Kolumnistin, Politstrategin und Moderatorin einer unabhängig produzierten französischsprachigen Sendung, die über Sputnik Frankreich ausgestrahlt wird. Ihre Webseite ist unter rachelmarsden.com zu finden.
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