von Finian Cunningham
Die Behauptungen um angebliche russische Einmischungen, die abwechselnd von Anhängern der beiden großen Parteien in den USA gegen ihren jeweiligen politischen Widersacher aufgestellt werden, beweisen: Das Spielchen um angebliche Einmischungen Russlands ist eine Farce. Können nun also Republikaner und Demokraten gleichzeitig Recht und Unrecht haben?
US-Präsident Donald Trump behauptete Anfang August, dass der Einsatz der Briefwahl eine Katastrophe werden würde. Eine Briefwahl würde zu "der korruptesten Wahl in der Geschichte der Nation" führen. Trump zufolge würde Russland sich nämlich "stapelweise Stimmzettel krallen", um die Wählerschaft zu betrügen.
In dieser Woche betonten jedoch die US-Geheimdienste und die Nachrichtenmedien im Demokraten-Lager nachdrücklich, dass Trumps Behauptungen über ausländische Einmischungen in die Wahlmanipulation Falschinformation seien.
"Wir haben keine Informationen oder Erkenntnisse darüber, dass irgendein nationalstaatlicher Akteur von Bedrohungspotential irgendwelche Schritte unternimmt, ... um irgendeinen Teilprozess der Briefwahl oder einen Teil der Stimmzettel [in ihrer Legitimität] zu untergraben", erklärte ein von CNN zitierter Sprecher.
Trump wurde also dafür gerügt, weil er eine grundlagenlose Verschwörungstheorie gefördert und bei den Wählern Zweifel gesät habe. Es ist schon amüsant, wie der US-Präsident sich frei fühlt, das Schreckgespenst einer russischen Einmischung in die US-Wahlen heraufzubeschwören, wenn es gerade seinen politischen Interessen entspricht. In den letzten Monaten hat er immer wieder auf die Gefahren der Briefwahl hingewiesen – und wurde letztlich beschuldigt, die US-Bundespost sabotieren zu wollen, um so die Briefwahl ungültig zu machen. Dies gab er sogar selbst zu. Das liegt daran, dass man davon ausgeht, dass diese Art der Stimmabgabe traditionell zu Ungunsten des amtierenden Präsidenten ausfällt.
Derartige Vorhersagen wiederum gründen auf der ganz gewöhnlichen Wählerdemografie, insbesondere in dieser Zeit der Coronavirus-Pandemie. Es steckt also nichts Unheilvolles dahinter. Doch jetzt warnt Trump in düsteren Tönen vor der Einmischung Russlands (und Chinas), als wolle er das absolute Totschlag-Argument gegen die Briefwahl finden. Trump formulierte es im Gespräch mit Sean Hannity von Fox News so:
Man kann doch nicht einfach 16 Millionen Briefwahlzettel per Post verschicken ... wer weiß, wer sie bekommt. Die Postboten bekommen sie, die Leute werden sie sich einfach stapelweise schnappen ... Und Sie erwähnten China und Russland – sie werden sich ganz viele davon unter den Nagel reißen. Es ist eine Katastrophe. Da ist eine manipulierte Wahl vorprogrammiert.
Das ist schon komisch, wenn man bedenkt, dass Trump den Großteil seiner vierjährigen Amtszeit mit heftiger Kritik an Behauptungen der Demokraten und der Geheimdienste verbrachte, Russland habe sich in die Wahl 2016 eingemischt, um ihm zum Wahlsieg zu verhelfen.
In diesem Punkt hatte Trump zweifellos Recht, als er "Russiagate" als "großen Schwindel" bezeichnete. Irgendwelche Beweise zur Untermauerung dieser Behauptungen wurden nie vorgelegt – sie war weitgehend auf Andeutungen und wie im Fieber herbeispekulierte Verschwörungstheorien gestützt.
Bemerkenswert ist ganz nebenbei, dass Russland jegliche Einmischung in die US-Präsidentschaftswahlen sowohl damals bestritt als auch heute konsequenterweise bestreitet.
Noch lachhafter ist jedoch, wie überschnell Trumps Gegner seine eigennützigen (und dazu noch hoffnungslos verspäteten) Behauptungen über angebliche russische bösartige Aktivitäten abschmettern.
Die Demokraten und die Medien in ihrem Lager, wie etwa CNN, haben also anscheinend jedwedes Recht, alle möglichen Behauptungen über russische Einflussnahme und Beihilfe zu Trumps Gunsten zu erheben – ganz gleich, wie dürftig die Grundlage dieser Behauptungen auch sein mag. Aber Wehe, wenn Trump diese Karte ausspielt – dann versucht man prompt, ihm wegen Verbreitung von Lügen und Verschwörungstheorien den Mund zu verbieten.
Dieses sprunghafte Hin und Her deutet an, wie ausgedacht der ganze angebliche Russland-Faktor im US-Wahlprozess ist. Er ist eine parteienübergreifende Politisierung von Phantasien, der sich beide Seiten hemmungslos hingeben, wann immer es ihren Interessen in ihrem kleinlichen Konkurrenzkampf gegeneinander entspricht – und gründet mitnichten auf irgendetwas Realem.
Es stellt sich damit heraus, dass die sogenannte russische Karte in Wirklichkeit der sprichwörtliche Joker ist: Sie hat keinerlei beständigen Eigenwert, der sich aus der Realität ergäbe. Stattdessen ist sie wandelbar und wird aus einer subjektiven Laune heraus von US-amerikanischen Politikern und ihren jeweiligen Medien gespielt, um die Art von Schmiermaterial heraufzubeschwören, welches sie im jeweiligen Moment meinen, gegen ihre Gegner einsetzen zu müssen.
Und solchen Clowns sollen die Bürger ihre "heilige" Wahlstimme anvertrauen?
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Übersetzt aus dem Englischen.Finian Cunningham ist ein preisgekrönter Journalist. Über 25 Jahre lang arbeitete er als Redakteur und Autor unter anderem für den Mirror, die Irish Times, den Irish Independent und den Britain's Independent.
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