von Marinko Učur (Banja Luka-Belgrad)
Obwohl bislang niemand aus Berlin derlei Informationen offiziell bestätigt hat, wird der bloße Gedanke daran als Säbelrasseln und als Aufkündigung der offiziell proklamierten Position Deutschlands wahrgenommen. In bisherigen Verlautbarungen spricht sich Berlin stets für Frieden und Versöhnung auf dem ethnisch gespaltenen und aufgeheizten Balkan aus.
Es ist hier nicht unbekannt, dass Deutschland einer der größten Waffenexporteure der Welt ist, aber diese nun bekannt gewordene Möglichkeit wird als eine Art Heuchelei wahrgenommen. Denn einerseits setzt sich Berlin für die Fortsetzung des Dialogs zur Normalisierung der Beziehungen zwischen Belgrad und den kosovo-albanischen Separatisten in Priština ein, andererseits aber macht die Bundesregierung Schachzüge, die keinesfalls mit Frieden und Versöhnung vereinbar sind.
In Anbetracht der Tatsache, dass die separatistischen Behörden von Pristina bereits eine Lieferung leichter Waffen auch aus Deutschland sicherstellten, indem sie ihre bisherigen Sicherheitskräfte zu einer "Kosovo-Armee" erklärten, ist klar, dass deren Appetit nun gewachsen ist. Durch eine mögliche Beschaffung von schweren Waffen, dazu auch noch von Panzern, möchten sie sich als ernsthafte Armee präsentieren, die für mehr als nur für einen Guerillakrieg bereit ist.
Die ehemaligen Anführer der sogenannten Kosovo-Befreiungsarmee (UÇK), die 1999 die großzügige Hilfe des Westens in Form der NATO-Bombenangriffe auf das damalige Jugoslawien genossen hatten, sind heute die größten Befürworter der Bewaffnung des zwischenzeitlich selbsternannten Staates. Und das, obwohl zahlreichen kosovo-albanischen militärischen und politischen Anführern vor dem Sondergericht in Den Haag der Prozess droht. Es geht unter anderem um Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen Serben, Albaner, Roma und Vertreter anderer ethnischer Gruppen während des Krieges.
Dem Medienbericht zufolge soll Deutschland nun bereit sein, Waffen an die Kosovo-Albaner zu verkaufen. Demnach soll Pristina bereits rund 170 Millionen Euro für Gewehre, Ausstattung und Ausbildung ihrer Sicherheitskräfte an Deutschland gezahlt haben. Verhandlungen über die Anschaffung weiterer Gewehre der Marke Heckler & Koch sowie sogar von Panzern "Leopard 2" sollen derzeit laufen.
Das Schweigen Berlins verstärkte den Verdacht, sodass die Reaktionen aus Belgrad nicht lange auf sich warten ließen. Der serbische Verteidigungsminister Aleksandar Vulin sagte, dass "die Kosovo-Armee laut Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrates nicht existieren sollte". Die Lieferung von Waffen aus Deutschland stelle damit einen Verstoß gegen das Völkerrecht und eine Verletzung der Landesrechte, aber auch eine "Botschaft an Serbien" dar. In einer Erklärung an die Medien betonte Vulin, dass die Lieferung von Waffen an "Terroristen Heuchelei und Wahnsinn" sei und Frieden und Stabilität gefährde.
Wenn Deutschland militärische Stärke zeigt, sollte sich die ganze Welt Sorgen um die Zukunft machen. Die Geschichte wiederholt sich", sagte Vulin.
Präsident Aleksandar Vučić äußerte sich etwas gemäßigter, betonte jedoch auch, dass die Nachrichtendienste ihn vor Pristinas Absicht gewarnt hätten, aus Deutschland Waffen zur Zerstörung von Panzerabwehrfahrzeugen, Hubschraubern und Tieffliegern sowie G36-Gewehre zu beziehen. Er wies in diesem Zusammenhang auf "seltsame Phänomene der Aufrüstung in der gesamten Region" hin.
In der Zwischenzeit bestritten die kosovo-albanischen Sicherheitsbehörden die Absicht zum Kauf von deutschen Waffen im Wert von 170 Millionen Euro und bezeichneten solche Informationen als Spekulationen und "Falschmeldungen".
Für den ehemaligen hochrangigen Staatsbeamten und früheren Vorsitzenden des Kosovo-Koordinationszentrums Nebojša Čović gibt es keinen Zweifel, wenn es um das Wohlwollen Deutschlands für die Kosovo-Albaner geht:
Deutschland wendet offensichtlich einen neokolonialen Ansatz gegenüber dem Kosovo an, obwohl es nie eine bedeutende Kolonialmacht war. Mit seiner Schirmherrschaft für die Albaner zeigt Deutschland seine Macht und Bereitschaft, seine Position als wirtschaftliche und nötigenfalls militärische Macht weiter zu bekräftigen. Deshalb sollte eine zusätzliche Krise nicht ausgeschlossen werden, und zwar gerade zu dem Zeitpunkt, als die Verhandlungen zwischen Belgrad und Pristina in Brüssel fortgesetzt werden. Uns stehen große Gefahren und große Sicherheitsrisiken bevor, insbesondere wenn sich die Nachricht über die Absicht, Pristina trotz der gültigen UN-Resolution 1244 zu bewaffnen, als wahr erweist", sagte Čović, der zuvor stellvertretender serbischer Premierminister und Leiter des Koordinierungszentrums für Kosovo und Metochien war.
Die Twitter-Community reagierte mit verschiedenen Kommentaren, die zumeist Enttäuschung über die Position Deutschlands zum Ausdruck brachten. Und dies nicht nur wegen dieser Informationen, sondern auch wegen Berlins bereits früherer, eindeutiger Unterstützung der Kosovo-Albaner und ihrer selbst ernannten Unabhängigkeit, die von fünf EU-Ländern und mehr als der Hälfte der UN-Mitgliedsstaaten nicht anerkannt wird.
So schrieb etwa Ratko Dmitrović, der ehemalige Herausgeber der auflagenstärksten Tageszeitung Serbiens Večernje Nowosti, auf Twitter:
Wir erwarten keine Freundschaft oder Partnerschaft von Deutschland. Angela Merkels Lächeln bedeutet nichts. Deutschland wird alles tun, wo immer es kann, um die Feinde Serbiens zu unterstützen. Wir lassen uns nicht mitreißen!
Vučić spricht ständig darüber, dass die Deutschen gute Freunde Serbiens sind und dass Merkel uns sehr gut versteht, uns vor der Pleite gerettet habe und sonstigen Unsinn. Und sie erklärt ununterbrochen, dass das Kosovo unabhängig ist und wir es anerkennen sollten", erwiderte ein Kommentator auf dem Kurznachrichtendienst.
Angesichts der Tatsache, dass viele albanische Führer aus Pristina, darunter auch Hashim Thaçi als Präsident des selbst ernannten Staates, wegen Kriegsverbrechen angeklagt sind, stellt sich die Frage, wie Deutschland künftig seine Schützlinge behandeln wird, die wegen schwerster Kriegsverbrechen gegen serbische Zivilisten vor Gericht gestellt werden.
Daher ist Belgrad hinsichtlich der in Brüssel begonnenen Gespräche mit den Albanern aus Pristina nur mäßig optimistisch. Die Glaubwürdigkeit der albanischen Staats- und Regierungschefs ist ernsthaft infrage gestellt, und die Regierung in Pristina ist nicht in der Lage, ernsthafte Themen zu eröffnen, die auf der Tagesordnung stehen werden. Es bleibt abzuwarten, ob Deutschland ihnen beistehen wird.
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