Spanien: Das skandalöse Schweigen über die Ultrarechten in Politik und Militär

Ein Video von etwas mehr als einer halben Minute spiegelt sowohl die aktuelle Spannungssituation in Spanien als auch das strukturelle Problem der Polizei und der Streitkräfte perfekt wider: Diese werden vor allem von ultrarechten Kräften dominiert und ausgebildet.

von Luis Gonzalo Segura

In einem Video von schlechter Qualität sind zunächst die Fotos mehrerer Mitglieder der spanischen Regierung in einer Reihe von Zielpersonen zu sehen: der Parlamentsabgeordnete der Vereinigten Linken (Unidas Podemos, UP) Pablo Echenique, Ministerin Irene Montero (UP) und ihr parteiloser Amtskollege Fernando Grande-Marlaska sowie Ministerpräsident Pedro Sánchez von den Sozialisten (PSOE) und dessen Vize Pablo Iglesias (UP). Augenblicke später ertönt eine Stimme mit dem Ruf "Sentencia" (auf Deutsch "Urteil"). Ein Schütze erscheint, der die Zielscheiben eine nach der anderen niederschießt. Kurz nach dem Bekanntwerden des Videos wurde bestätigt, dass es sich beim Schützen um einen Ex-Militär handelt, dessen Bruder der Guardia Civil angehört.

Hierbei geht es um ein aufs Engste mit Militär- und Polizeiagenten verbundenes Ereignis, das nicht so ungewöhnlich ist, wie man aus dem Fehlen jeglicher tiefergehenden Berichterstattung in den Mainstream-Medien über das Geschehen und dessen Verbindung mit der Vorherrschaft der Ultrarechten in den spanischen Streitkräften und der Polizei schließen könnte. Das Desinteresse und die Nachlässigkeit der Medien sind so groß, dass es nur wenige Tage nach seiner Ausstrahlung den Anschein hat, als hätte das Video nie existiert.

Enge Beziehungen zwischen der extremen Rechten und dem Militär in einer Putschatmosphäre

Um die Bedeutung des Videos einzuordnen, müssen zwei grundlegende Elemente berücksichtigt werden: erstens die wechselseitigen Beziehungen zwischen den spanischen Militär- und Polizeiangehörigen und den Rechtsextremen und zweitens das von den Rechtsextremen in Spanien geschaffene Klima des Militärputsches, in dem mehrere – auch explizite – Aufrufe zum Staatsstreich laut wurden.

Einer der Führungspolitiker der Ultrarechten, Javier Ortega Smith, erschien vor einigen Monaten in einer Militäreinrichtung, wobei er sich im Scharfschießen übte und nach Überprüfung der Zielscheibe erklärte: "Das ist ein Hurensohn aus dem Daesh". Dieses Video verursachte nicht nur einen großen Skandal – der ebenfalls vergessen wurde, als der politische Gewinn erzielt worden war –, sondern war möglicherweise auch kriminell, da militärische Waffen nicht von zivilem Personal eingesetzt werden dürfen.

Das war kein Zufall, ganz im Gegenteil. Denn es gibt unzählige rechtsextreme Gesten an die Streitkräfte – von Hymnen über Fotos bis hin zu Werbeveranstaltungen. Und die Liebe wird von den Militärs erwidert: Es hat sich gezeigt, dass in den Wahlbezirken, in denen es Kasernen gibt, die Ergebnisse zugunsten der Rechtsextremen steigen. Es ist unmöglich, dass dies Zufälle sind.

Der Vorkommnisse der letzten Monate lassen wenig Raum für Zweifel: Abgeordnete der ultrarechten Partei Vox, die einen Staatsstreich forderten; Javier Ortega Smith, der in Militäreinrichtungen schoss; und ein aus dem Dienst entlassener Oberst der Guardia Civil mit einer franquistischen Vergangenheit, Diego Pérez de los Cobos, begleitet vom Rücktritt von zwei weiteren hochrangigen Militäroffizieren, weil sie einen trügerischen Bericht verfasst hatten, der sich an den rechten Thesen über die Auswirkungen der Demonstration zum internationalen Frauentag am 8. März auf die Ausweitung der Corona-Krise in Spanien orientiert hatte. Episoden, die im Übrigen nur einen kleinen Teil dessen ausmachen, was in den letzten Jahren geschehen ist.

Von der Putschdrohung von Generalleutnant Mena bis zum "Manifest der Tausend"

Die beiden Ereignisse mit der vielleicht größten Wirkung in den letzten beiden Jahrzehnten – denn in den 1980er-Jahren gab es sogar mehrere Putschversuche – waren die Rede von Generalleutnant Mena im Jahr 2006 und das, was man das "Manifest der Tausend" nennen könnte. Angesichts der zahlreichen rechtsextremen Skandale im militärischen Bereich ist es allerdings nicht leicht, eine solche Unterscheidung beziehungsweise Auswahl zu treffen.

Anlässlich der Feierlichkeiten zum militärischen Osterfest im Januar 2006 hielt Generalleutnant Mena, der mehr als 40.000 Militärangehörige unter seinem Kommando hatte, eine Rede, in der er daran erinnerte, dass die Streitkräfte für die Gewährleistung der territorialen Integrität, der verfassungsmäßigen Ordnung und der Souveränität Spaniens verantwortlich seien. Eine verschleierte Drohung an die Regierung des damaligen Präsidenten José Luis Rodríguez Zapatero, mitten in den Verhandlungen über die Verfassungsreform der autonomen Region Katalonien. Für eine öffentliche Bedrohung solchen Ausmaßes gab es dafür kaum Sanktionen. Und selbst diese wurden mit fünfzig Protestbriefen von Militärangehörigen an die Medien gerügt. Der einzige Militärkommandant, der in einem Schreiben gegen die Worte von Generalleutnant Mena protestierte, wurde verhaftet.

Erst vor zwei Jahren, zwischen Juli und August 2018, anlässlich des Versuchs, die sterblichen Überreste von Diktator Francisco Franco aus dem Mausoleum, in dem er begraben wurde, zu exhumieren, unterzeichneten mehr als tausend hochrangige Militäroffiziere ein Manifest zugunsten der militärischen Figur Francos und gegen die Untergrabung seines Ansehens in der Öffentlichkeit.

Die meisten der Kommandeure hatten in den vergangenen Jahren hochrangige Positionen inne, und mehrere der Rädelsführer wurden in die Reihen der Rechtsextremen eingegliedert. Erneut entließ die PSOE-Regierung das einzige aktive Mitglied von etwa dreißig Militärs und Ex-Militärs, die sich gegen das franquistische Manifest stellten.

Und Dutzende von Episoden...

Es gibt Dutzende von ultrarechten Skandalen, die die Medien erreicht haben, wie jener um Oberst "Rudolf", Oberst der Guardia Civil Rodolfo Sanz Sánchez, der mit der Komplizenschaft mehrerer Militärangehöriger Waffenhandel betrieb. Im Jahr 2015 verkaufte er eine Pistole an den Chef der Falange, Manuel Andrino. Darüber hinaus wurden in seinem Haus 24 Kilo Sprengstoff und 12.500 Patronen gefunden.

In der Tat ist die Leichtigkeit, mit der sich die ultrarechte politische Szene bewaffnen kann, kaum weniger als überraschend: 2018 wurde ein Vox-Sympathisant mit dem größten nicht-terroristischen Arsenal in der Geschichte von Burgos verhaftet – die Guardia Civil berichtete fälschlicherweise, dass er keiner Organisation angehörte – und 2019 fasste man einen erfahrenen Scharfschützen, der ein Attentat auf Ministerpräsident Pedro Sánchez verüben wollte. Dies sind keine Einzelfälle. 2010 wurde ein als "El Rambo del Bierzo" bekannter Nazi festgenommen und 2005 wurde die sogenannte "Operation Panzer" durchgeführt, die eine Nazi-Organisation auflöste, deren Anführer "seltsamerweise" ein Militärangehöriger war. Bei seiner Verhaftung wurde neben einer Vielzahl von Waffen auch ein Granatwerfer desselben Modells beschlagnahmt, wie er bei den Streitkräften verwendet wurde.

Und die Liste wäre endlos: der als Oberst Tacitus bekannte Oberst der Guardia Civil; die Jarque-Brigade, auch als "Nazi-Brigade" bekannt, in der Guardia Civil; die "Cabo Franquista", in den Streitkräften; General Juan Chicharro, heute Präsident der Stiftung Francisco Franco und lange Zeit Assistent des emeritierten Königs Juan Carlos; der ehemalige Oberkommandierende der Luftwaffe, Eduardo González. Und noch am 18. Juli 2017 wurde in der Kaserne ein franquistisches Tagebuch verlesen, das den Putsch von 1936 pries. Nach Angaben der damaligen Verteidigungsministerin María Dolores de Cospedal wurde diese Lesung seit 2005 veranstaltet.

Es könnten Hunderte oder Tausende sein

Einer der Gründe dafür, dass viele weitere Fälle nicht dokumentiert werden – obschon allein diese Auflistung das Problem enthüllt –, liegt in der Vorgehensweise der Medien.

Ein Beispiel findet sich in dem Artikel in El País mit dem Titel "Die paramilitärischen Wünsche der spanischen Ultranationalisten", der am 7. Juni mitten in einem rechten Unwetter in der Guardia Civil veröffentlicht wurde. Der Artikel beschreibt, wie die ultrarechte Partei Vox militärische Symbole und Hymnen verwendet, erwähnt aber kein strukturelles Problem hinsichtlich der Vorherrschaft der ultrarechten Szene in den Streitkräften. Der Artikel geht sogar noch weiter und stellt fest, dass die Militärkommandeure über die militärischen Utensilien der extremen Rechten verärgert sind, ohne anzugeben, auf wie viele oder welche Quellen sich der Journalist – Miguel Gonzalez, der Empfänger mehrerer Exklusivberichte – stützt, um eine solche Behauptung aufzustellen. Dies ist kein Zufall. Denn es ist derselbe Ansatz, den El País in dem bereits berichteten Fall von "Oberst Rudolf" bietet, der mit Waffen für die Rechtsextremen handelte. Schließlich wurde in zwei 2017 und 2020 veröffentlichten Artikeln die Vorherrschaft der Rechtsextremen in den Bereichen Militär und Polizei ebenfalls nicht erwähnt. Offiziell gibt es kein derartiges Problem, sodass bei der Veröffentlichung der Vorkommnisse jeder Hinweis, der den neu gemeldeten Fall mit anderen bereits veröffentlichten in Verbindung bringen könnte, ignoriert wird.

Diese eklatante Desinformation in Form der Verschleierung eines Problems ist der Schlüssel dafür, dass viele Rechtsextremisten in den Streitkräften und der Guardia Civil verbleiben – und sie kommandieren. Denn die Öffentlichkeit ist sich des wahren Ausmaßes des Problems nicht bewusst – ebenso wenig der dadurch bestehenden Gefahr.

Es ist wahrlich nicht sehr schwer zu erahnen, dass früher oder später ein Unglück geschehen könnte, angesichts der explosiven Mischung aus rechtsgerichteten Militär- und Polizeikräften mit einer wachsenden politischen und medialen Rechten. Es wäre ein Wunder, sollte diese nicht detonieren.

Luis Gonzalo Segura ist Ex-Leutnant des spanischen Heeres. Er hatte Korruption, Amtsmissbrauch und anachronistische Privilegien in den Reihen der Streitkräfte angezeigt, was zu seiner Entlassung aus dem Militärdienst führte. Er ist Autor des Essays "El libro negro del Ejército español" (2017) sowie der Erzählungen "Un paso al frente" (2014) und "Código rojo" (2015).

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