von Andreas Richter
Die großen deutschen Fernsehsender sind mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet worden – für ihre Corona-Berichterstattung. Ein Sonderpreis in der Kategorie "Beste Information" ging an die Nachrichtenredaktionen und die der Sondersendungen von ARD, ZDF, Sat.1, ProSieben, RTL und n-tv. (Nettes Detail am Rande: Gestiftet wird der Preis von genau diesen Sendern bzw. Sendergruppen, auch die Telekom mit dem deutschen Staat als Großaktionär darf noch ein bisschen Geld dazugeben.)
Der Vorsitzende der Jury begründete diesen "Sonderpreis für hervorragende Leistungen in der Corona-Berichterstattung" so:
Die Coronakrise hat uns gezeigt, wie hoch das Informationsbedürfnis der Menschen ist und wie glaubwürdiger Journalismus helfen kann, Orientierung zu finden. Mit ihrer umfassenden, verlässlichen und journalistisch hervorragend aufbereiteten Berichterstattung über das Geschehen in der Coronakrise, die zu wachsenden Reichweiten und steigender Nutzungsdauer selbst bei jungen Zielgruppen geführt hat, und der zunehmend kritischen Auseinandersetzung mit dem Regierungshandeln haben die Journalistinnen und Journalisten bewiesen, dass das klassische Fernsehen für die Mehrheit der Menschen immer noch das wichtigste Fenster zur Welt ist, das Anschluss und Teilhabe an den Geschehnissen ermöglicht und zum Entstehen einer kritischen Öffentlichkeit beiträgt.
Die Jury versteht diesen Sonderpreis ausdrücklich als Verpflichtung zu Qualitätsjournalismus im digitalen Medienzeitalter und als Ermutigung für verantwortungsbewusste Journalistinnen und Journalisten.
Richtig ist an dieser Beschreibung, dass die Berichterstattung umfassend war, auch die steigenden Reichweiten dürften eine Tatsache sein. Ansonsten stimmt wenig bis nichts. Das deutsche Fernsehen tat in seiner Berichterstellung alles, um Angst und Konformität zu erzeugen, und wenig bis nichts, um ausgewogen zu informieren.
Die durch den Virus für die Masse der Bevölkerung ausgehende Gefahr wurde seit März in den schrillsten Tönen und völlig einseitig überzeichnet – ganz im Sinne des im April bekanntgewordenen Strategiepapiers aus dem Bundesinnenministerium. Kritiker dieser Darstellung kamen kaum zu Wort und wurden – egal wie angesehen und qualifiziert – mit persönlichen Angriffen diffamiert.
Die Maßnahmen der Regierung bis hin zum Shutdown wurden verteidigt, Kritiker wurden als Verschwörungstheoretiker und Verbreiter von Falschnachrichten abqualifiziert, wer dagegen demonstrierte, als Extremist abgestempelt. Nur zur Erinnerung: Vor der offenbar von oben verordneten Wende galt noch als Verschwörungstheoretiker, wer vor dem Virus warnte.
Die zweifelhafte Datengrundlage für Maßnahmen wie Lockdown und Maskenpflicht wurde zu keinem Zeitpunkt thematisiert, die verrücktesten Wendungen der Regierung bei der Präsentation ihrer Zahlenwerke, Begründungen und Maßnahmen mitgemacht, ohne jemals zu hinterfragen. Mit dem Heraustrompeten immer neuer Rekordzahlen von "Infizierten" und "Corona-Toten" wurde die Panik hochgehalten, die Zahl der Genesenen fand sich nur im Kleingedruckten.
Die jetzt immer deutlicher werdenden Kollateralschäden dieser Maßnahmen werden als Folge der Pandemie dargestellt. Als Ende Mai bekannt wurde, dass in der Krise massenhaft Facharzttermine ausgefallen waren, wurden die Patienten dafür gescholten, die "Wir bleiben zuhause"-Propaganda der Regierung blieb in diesem Zusammenhang unerwähnt.
Als ein internes Papier aus dem Innenministerium an die Presse durchgestochen wurde, das die "gigantischen Kollateralschäden" des staatlichen Krisenmanagements offenbar zutreffend auflistete, thematisierten die Sender nicht den Inhalt, sondern diffamierten den Autor als "Corona-Rebellen".
Die Dimension dieser Schäden für Wirtschaft und Gesellschaft, die enorm sein und zu erheblichen Umwälzungen führen werden, bleiben immer noch unterbeleuchtet. Ebenso natürlich die Frage nach den Motiven für und den Profiteuren des Krisenmanagements, hierzulande und weltweit.
Die deutschen Medien halten es für unerhört, die Regierungsargumentation in Frage zu stellen, es sei immer nur um die Rettung von Menschenleben gegangen. Oder auch nur eine Gesamtrechnung zu diesen Menschenleben aufzumachen. Niemals würden sie die Begründung der Kanzlerin für ihre Politik in der Krise anzweifeln:
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Dieser Würde des Menschen ist alles staatliche Handeln auch verpflichtet. Danach arbeitet die Bundesregierung.
Keine Frage, die deutschen Fernsehsender haben einen Preis verdient: Den Fernsehpreis für die massive Verbreitung von Angst und die Erzeugung von Konformität, für Desinformation und Deformation. Schade nur, dass die anderen Qualitätsmedien nicht auch bedacht werden, die daran genauso beteiligt waren. Aber gut, die werden sich wahrscheinlich noch mit einem eigenen Preis selbst auf die Schulter klopfen.
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