von Arkadi Shtaev
Am Ende seiner ersten Amtszeit ist US-Präsident Trump mit einer innen- und außenpolitischen Ausgangslage konfrontiert, die seine Wahlkampfslogans, mit denen er seine Präsidentschaft begann – "Make America Great Again" und "America First" –, wie Spott und Hohn erscheinen lassen.
Während ich diese Zeilen schreibe, werden Brände in unmittelbarer Nähe des Weißen Hauses gelegt und der Präsident in den Bunker seines Amtssitzes gebracht. Der Trump-nahe Sender Fox Newsmeldet: "Agenten des Secret Service vor dem Weißen Haus verwundet, Autobomben befürchtet; Trump wurde laut Beamten in Bunker gebracht...".
Amerika brennt von Küste zu Küste – während sich Trump im Weißen Haus verschanzt
Trotz der verhängten Ausgangssperren gingen die Menschen auf die Straße, um gegen Brutalität, Diskriminierung und Ungerechtigkeit zu protestieren, der Afro-Amerikaner immer noch alltäglich ausgesetzt sind. Der Tod eines Mannes, der am Montagabend vor einer Woche nach einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis im Bundesstaat Minnesota gestorben ist, eines von unzähligen schwarzen Opfern von Polizeieinsätzen, brachte das Fass zum Überlaufen. Einer von vier beteiligten Beamten saß dem 46-Jährigen minutenlang mit dem Knie im Nacken. Die verzweifelten Bitten des Mannes, ihn atmen zu lassen, wurden ignoriert, der Mann starb wenig später.
Inzwischen werden die friedlichen und völlig gerechtfertigten Proteste von Gewalttaten und Plünderungen begleitet, als Ausdruck der sozialen Realitäten in den USA, die auch in der Bundesrepublik lange Zeit als erstrebenswert und vorbildhaft dargestellt wurden.
Francis Fukuyama ging noch nach den Anschlägen von 9/11 davon aus, dass der amerikanische Weg der Moderne weiterhin als Vorbild für die Welt fungiert. Fareed Zakaria behauptete noch 2008 in seinem Buch "Der Aufstieg der Anderen", dass sich dieser Aufstieg amerikanischen Ideen und Initiativen verdankt. Inzwischen wurden solche Wunschträume und Seifenblasen durch die Realität außer Kraft gesetzt und inzwischen muss man blind und taub sein, will man verkennen, dass das 21. Jahrhundert für den Westen und die USA bislang ein scheußliches war, so wurde es sogar im transatlantischen Economist umschrieben.
"Fuck off America"
Der kürzlich verstorbene russische Schriftsteller Eduard Limonow rechnete schon in den 1970er Jahren in seinem Roman "Fuck off America" mit dem "American Way of Life!" ab und schlussfolgerte, dass die USA ein ähnliches System wie in der Sowjetunion besitzen; nur sei das US-amerikanische wesentlich weiter entwickelt und hätte eine besser funktionierende Propaganda.
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Richtig ist, dass die Vereinigten Staaten sich von einer Demokratie zu einer Plutokratie mit demokratischen Anhängseln transformiert haben. Sicherlich, es gibt große persönliche Freiheiten, eine sehr offene Gesellschaft, aber zu dem Preis, dass die breite Mehrheit der Gesellschaft schlicht nicht repräsentiert wird und Lobbyisten ihre Herrschaft ausüben.
Einparteienstaat USA
Der politische Sprengsatz, der jetzt in den USA explodiert, ist natürlich nicht allein auf dem Mist von Trumps Amtszeit gewachsen. Diese Zustände sind Ausdruck einer verfehlten Politik jener politischen Kräfte, welche die USA seit Langem dominieren und die von dem bedeutenden Sprachwissenschaftler Noam Chomsky mit folgenden Worten beschrieben wurden:
Die USA sind eigentlich ein Einparteienstaat mit zwei politischen Fraktionen, Republikanern und Demokraten. Aber: Genau genommen stimmt das so nicht mehr. Wir sind noch immer ein Einparteienstaat, der Partei des Business.
Zur Stunde ist die Regierung der USA darum bemüht, inländische Kräfte für die Ausschreitungen verantwortlich zu machen. Es wird nicht mehr lange dauern, bis der Präsident auch ausländische Mächte als Strippenzieher benennen wird, denn etwas anderes wird ihm, dem das Wasser im Wahljahr bis zum Halse steht, nicht übrig bleiben.
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Neben den aktuellen Unruhen wird Amerika von der schlimmsten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten heimgesucht, verursacht durch die Corona-Krise, von der Trump zu Beginn behauptete: "Wir haben alles sehr gut unter Kontrolle", von einer Außen- und Verteidigungspolitik, die weit entfernt ist von den ursprünglichen Zielsetzungen, von einer zunehmenden Konfrontation mit der Volksrepublik China und dem Iran.
Vom Aufstieg und Fall großer Imperien
Trumps Tragödie besteht darin, damit auch die Tragödie Amerikas, dass sich die Supermacht in dem Zustand des unerbittlichen Aufstiegs und Falls der Imperien befindet, welcher eine Konstante der Weltgeschichte darstellt, auch wenn sich der US-Präsident dagegenstemmt. In diesem Zusammenhang sei an eine Redensart erinnert, die schon zu Zeiten des Imperium Romanum geläufig war:
Rom fällt nicht von Feindeshand, es ist der Zahn der Zeit, der an ihm nagt.
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