von Bryan MacDonald
Folgendes ist passiert: Am vorletzten Wochenende rief der russische Präsident Wladimir Putin den italienischen Premierminister Giuseppe Conte an. Wie aus einer Meldung des Kreml hervorgeht, bat Conte während des Gesprächs um Hilfe bei der Bekämpfung des Coronavirus. Seitens italienischer Regierungsvertreter wurde dieser Meldung nicht widersprochen.
Lassen Sie uns von Anfang an klarstellen, dass Russlands Unterstützung für Italien zweifellos sowohl ein starkes mediales als auch ein praktisches Element hatte. Dieser Ansatz hatte jedoch auch Vorteile für Rom, da der Schritt möglicherweise dazu beigetragen hat, einige Leute auf ihre traditionellen Verbündeten auszurichten.
Moskau schickte "Teams von Ärzten, Schutzausrüstung und medizinische Geräte" in das betroffene Land. Hierbei handelte es sich laut russischer Nachrichtenagenturen um 100 Militärvirologen und Epidemiologen sowie acht medizinische Teams. Am allerwichtigsten aber: Es wurden 600 Beatmungsgeräte geliefert.
Dies ist eine bedeutende Anzahl angesichts der Tatsache, dass Italien offenbar nur über rund 5.000 Geräte verfügt. In der Tat schrieb die New York Times wenige Tage nach dem Telefonat zwischen Putin und Conte über Italiens "Beatmungsgeräte-Krise".
Es gibt normalerweise nichts Besseres als ein bisschen russischen Einfluss, um die Eliten der EU und der NATO zum Handeln zu bewegen. Wie soeben erwähnt, war dies zweifellos auch Teil der Argumentation des italienischen Präsidenten. Erwähnenswert ist jedoch auch, dass einige andere europäische Staaten versuchten, den Italienern zu helfen. Insbesondere Deutschland und Frankreich nahmen Patienten auf und schickten Nachschub, während man sich im eigenen Land um die Pandemie kümmerte. Viele Menschen in Italien haben dennoch das Gefühl, dass die beiden Länder nicht genug getan haben.
Putin dachte sicherlich auch an die Zeit nach der Corona-Krise, in der sich die Italiener daran erinnern werden, wer ihnen in der Stunde der Not zur Seite stand. Vor allem angesichts der Tatsache, dass Italien heute das drittmächtigste Land in jener Europäischen Union ist, von der Russland sanktioniert wird.
Dem BBC-Redakteur Mark Urban – kein Kreml-Laufbursche, sondern ein lautstarker Kritiker Russlands – fiel daher folgerichtig auf:
Russland und China haben Hilfe nach Italien geschickt. Man könnte sagen, dass diese nicht sehr umfangreich ist und aus politischen Gründen angeboten wurde. Aber wenn sich die Italiener an diese Krise erinnern, werden sie sich fragen, was die USA in dieser Stunde der Not für sie getan haben.
Einige Tage nach dem Eingang der Hilfslieferungen begann auf Twitter eine Kampagne mit dem Ziel, die russische Initiative zu diskreditieren. Das erste, was ich diesbezüglich sah, war ein Tweet von Oliver Carroll von der Londoner Zeitung Independent, der vermutlich Italienisch spricht:
Einige Italiener äußern Unbehagen über Putins COVID-19-Hilfe. Laut 'La Stampa' sind 80 Prozent der Lieferungen 'nutzlos' und Quellen sorgen sich wegen der hochrangigen Armee-Offiziere, die sich jetzt im Land befinden. Russische Soldaten können sich in Italien frei bewegen, nur ein paar Schritte von der NATO entfernt.
'La Stampa' sagt, China habe Masken und Beatmungsgeräte geschickt, aber Russland habe irrelevante Geräte geschickt, die für bakteriologische und chemische Ausbrüche verwendet werden. Wir glauben, dass Russland uns nicht nur aus hehren Gründen hilft und nun anfängt, in weiten Bereichen seine Kreise zu ziehen, militärisch und politisch.
Der zitierte Bericht der Zeitung stützte sich anscheinend auf die Aussage einer anonymen Quelle. Wir müssen uns also auf den Autor verlassen. Am selben Tag hatte der italienische Botschafter in Moskau jedoch einen ganz anderen Standpunkt. Die Nachrichtenagentur TASS berichtete:
Pasquale Terracciano dankt Russland für seine Unterstützung im Kampf gegen das neuartige Coronavirus.
Die TASS zitierte Terracciano mit den Worten, wonach es sehr wichtig sei, "dass sich unter all der medizinischen Ausrüstung 600 Beatmungsgeräte befinden, die in diesem Stadium der Epidemie von entscheidender Bedeutung sind". In der Zwischenzeit lehnte auch der Präsident der Lombardei Attilio Fontana den Bericht von La Stampa offen ab. Auf einer Onlinekonferenz sagte er:
Ich danke den Russen, die uns Ärzte und andere Leute geschickt haben, die bei der Desinfektion helfen können.
Die Lombardei ist die von der COVID-19-Krise am stärksten betroffene Region Italiens. Der italienische Außenminister Di Maio sagte:
Die Russische Föderation hat Gesichtsmasken, Beatmungsgeräte sowie medizinisches Personal und Teams entsandt, um öffentliche Gebäude und unsere Städte zu desinfizieren. Sie haben auf ihre eigene Weise in einem Akt der Solidarität geholfen.
Wie Sie sehen, scheinen diejenigen, die berechtigt sind, für Italien zu sprechen, für die Hilfe aus Moskau ziemlich dankbar zu sein. Wie vorherzusehen, waren die "Atlantiker" darüber jedoch nicht glücklich. Trotz der Tatsache, dass Trumps Amerika in diesem Notfall für Europa ungefähr so nützlich war wie ein Neoprenanzug in der Wüste.
Eto Busiaschwili vom NATO-nahen Atlantic Council twitterte unter Berufung auf La Stampa, dass "80 Prozent der COVID-19-Lieferungen, die Russland nach Italien geschickt hat, nutzlos sind". In ihrer Twitter-Biografie behauptet Busiaschwili übrigens, sie sei eine "Expertin für Desinformation".
Als Nächstes kam Olga Tokariuk, die für den Atlantic Council und die in Kiew ansässige Nachrichtenseite Hromadske schreibt. Letztere wird von der örtlichen US-Botschaft finanziert. Tokariuks folgender Tweet wurde über 600-mal geteilt:
Laut 'La Stampas' Quellen im italienischen Militär sind 80 Prozent der Gegenstände, die die Russen mitgebracht haben, nutzlos.
"Italien hat kürzlich berichtet, dass 80 Prozent der russischen Hilfe gegen #COVID_19 nutzlos ist", schrieb Dionis Cenusa. Auch er schreibt Artikel für den Atlantic Council. Sein Eintrag wurde von mehr als 400 Twitter-Konten geteilt. Beachten Sie auch, dass er sagt, "Italien hat kürzlich berichtet", nicht La Stampa.
Ich beschloss, Cenusa eine völlig vernünftige Frage zu stellen:
Glaubst du, 'Italien' ist ein anonymer Kommentator einer einzelnen Zeitung, und diese Person (vorausgesetzt, sie existiert überhaupt) hat mehr Recht, für Italien zu sprechen (obwohl sie nicht einmal ihren Namen nennen wird) als der Botschafter Moskau oder der Präsident der Lombardei. Ja? Wirklich?
Anstatt mir zu antworten, wurde ich von ihm blockiert. Das spricht Bände dafür, wie der Desinformationsrummel dieses Think Tanks funktioniert.
Michael Weiss, einer der bekanntesten Lobbyisten des Atlantic Council, schloss sich ebenfalls an. Der "Kollege" merkte an, dass "80 Prozent der russischen Coronavirus-Hilfe für Italien anscheinend nutzlos sind".
Am interessantesten ist hier die Tatsache, dass viele der Leute, die die Desinformation vorantreiben, mit dieser NATO-Interessengruppe verbunden sind. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass sie eine fast identische Wortwahl verwenden. War das Koordination oder Zufall?
Als ich zu dem ursprünglichen Artikel von La Stampa zurückkehrte, schien es logisch zu prüfen, ob auch der Verfasser selbst Verbindungen zu dem Think Tank hat. Es überrascht nicht, dass Jacopo Iacoboni ebenfalls für den Atlantic Council geschrieben hat. Er unterstützte Alina Poljakowa vor allem bei einem Bericht aus dem Jahr 2017 mit dem Titel "Die Trojanischen Pferde des Kremls". Dieser Killer-Artikel verleumdete zahlreiche italienische Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, wie zum Beispiel Beppe Grillo und Matteo Salvini, als Stellvertreter Moskaus.
Poljakowa wurde inzwischen zur Leiterin der Lobbyfirma CEPA ernannt, die sich als Denkfabrik tarnt. Diese hat das Ziel, die Rolle der NATO in Osteuropa zu fördern. Zu diesem Zweck wird sie von US-amerikanischen und britischen Waffenherstellern finanziert, die von der Expansion der US-geführten Allianz profitiert haben.
Es stellt sich heraus, dass Iacobonis Anti-Russland-Referenzen ziemlich bekannt sind. Sie wurden sogar von der "Integrity Initiative" gebilligt. Falls Sie es vergessen haben: Dies war eine von der britischen Regierung finanzierte verdeckte Operation im "Informationskrieg", die nicht lange geheim blieb. Die "Integrity Initiative" nahm Iacoboni in ihre Liste jener Personen in bestimmten Ländern auf, von denen die Organisatoren glaubten, sie könnten sie verwenden, um antirussische Berichterstattung zu betreiben. Dies bedeutet nicht, dass Iacoboni wusste, dass er von den Briten für solche Operationen in Betracht gezogen wurde. Es bedeutet aber, dass sie ihn als zuverlässig antirussisch betrachteten. Dies spricht für sich selbst.
Der Artikel in La Stampa, der auf anonymen Quellen basiert, die möglicherweise legitim sind oder auch nicht, stellt eine merkwürdige Einmischung dar. Zu einer Zeit, in der Italien auf den Knien liegt. Es ist ziemlich lehrreich, dass die Denkfabrik, vor allem diejenigen vom Atlantic Council, die selten Interesse an italienischen Angelegenheiten zeigen, darauf angesprungen sind. Ebenso lehrreich ist die Verbindung des Autors zu der NATO-freundlichen Institution. Macht daraus, was ihr wollt.
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