Die Aufnahmen von gestern zeigen vorwiegend junge Männer, die sich in erster Reihe am Grenzübergang und entlang des Zaunes versammeln. Immer wieder fliegen von dort Steine auf griechische Beamte, die mit Tränengasbeschuss reagieren. Es ist der vierte Tag in Folge, an dem immer mehr Menschen an die EU-Außengrenzen strömen, nachdem der türkische Präsident Erdoğan sie dazu eingeladen hat und die Grenzen für geöffnet erklärt wurden. Wie es von griechischen Behörden heißt, sei es Montagnachmittag zu 24.203 Versuchen gekommen, illegal in das Land einzureisen. Fast 200 Personen wurden festgenommen.
EU-Vertreter kritisieren den türkischen Präsidenten dafür, die Migranten zu mobilisieren, in ihnen falsche Hoffnungen zu erwecken und sie in Gefahr zu bringen. Auch Bundeskanzlerin Merkel prangerte an, dass Erdoğan, statt seine Unzufriedenheit mit der EU auszutragen, dies nun auf dem "Rücken der Flüchtenden" tue. Während viele Vertreter aus Europa Appelle an die Türkei richten, dass sie ihre Verpflichtungen aus dem EU-Flüchtlingsabkommen von 2016 umsetzen solle, scheint Erdoğan an diesem gar nicht mehr interessiert zu sein. Der Deal beinhaltet unter anderem, dass die Türkei die Migrationsströme in die EU eindämmt, während die EU Milliarden an die Türkei zahlt, damit die Schutzsuchende und Migranten versorgt werden. Erdoğan sagte gestern dazu, nachdem er den bulgarischen Ministerpräsidenten Bojko Borissow in Ankara empfangen hatte:
Wir haben über 40 Milliarden Euro (für Flüchtlinge) ausgegeben. Die versprochenen 6 Milliarden Euro - haben sie [Brüssel] nicht ausgezahlt. Jetzt sagen sie uns: 'Wir werden Ihnen eine Milliarde Euro schicken'. Wen wollen Sie zum Narren halten? Wir wollen dieses Geld nicht mehr.
Die EU-Kommission behauptet wiederum, die Gelder zu zahlen. Über drei Milliarden seien bereits geflossen und der Rest fest für Flüchtlingsprojekte verplant. Eine Liste zeigt die geplanten und auch schon bezahlte Projekte.
Mit ersten Berichten am Donnerstagabend, dass die Türkei ihre Grenzen in die EU öffnet, machen sich Migranten und Flüchtlinge auf den Weg zu den europäischen Grenzen der Türkei. Die Ankündigung aus türkischen Regierungskreisen kam kurz nachdem mindestens 34 türkische Soldaten bei einem Luftangriff in der syrischen Provinz Idlib getötet wurden.