Hintergrund ist die von der Türkei am 9. Oktober begonnene Militäroffensive im Nordosten Syriens. Das Land hatte diese gestartet, um kurdische Milizen dort zu bekämpfen und bis 30 Kilometer hinter die die türkische Grenze zu vertreiben. Nach Verhandlungen zunächst mit den USA und dann mit Russland ließ sich die Türkei darauf ein, ihre Offensive zu unterbrechen, um einen Rückzug der kurdischen Truppen zu ermöglichen. Außenminister Maas war daraufhin Ende Oktober in die Türkei gereist, um das Gespräch mit Ankara zu suchen. Mit seinem Auftritt dort war er in die Kritik geraten.
Der AfD-Abgeordnete Gottfried Curio fragte Außenminister Maas kritisch:
Warum gibt es eigentlich einerseits Russland-Sanktionen, aber andererseits jetzt hier keine Türkei-Sanktionen, wo doch die Türkei in den besetzten Gebieten de facto sogar ethnische Säuberungen zumindest bewirkt? Im Kanton Afrin etwa lebten 300.000 Kurden. Jetzt soll dort – anders deklariert natürlich: als Schutzzone – de facto eine Million Araber neu angesiedelt werden. Wenn das auch anders benannt wird, ist das de facto Vertreibung und Neuansiedlung.
Dem entgegnete Heiko Maas:
Ich will darauf hinweisen, dass das für Deutschland ohnehin schon seit der Militäraktion der Türkei in Afrin gilt; lediglich maritime Güter und Güter zur Minenräumung waren von der Vorgehensweise noch nicht betroffen. Das haben alle anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union mitgetragen. Im Außenrat der Europäischen Union ist auch sehr deutlich gemacht worden: Wenn es keine dauerhafte Waffenruhe gibt, wird sich der Außenrat auch mit der Frage von Wirtschaftssanktionen beschäftigen. [...] Ich habe bei einem Besuch in Ankara, der eben schon angesprochen worden ist, darauf hingewiesen, dass wir die Erwartung haben, dass die Türkei sich dort militärisch zurückzieht, dass keine Flüchtlinge gegen ihren Willen in diese 120-Kilometer-Zone verbracht werden und dass es einen freien Zugang für humanitäre Helfer gibt.
Darauf folgend wollte Curio dann wissen:
Herr Minister, Erdoğan hat ja gedroht, Millionen Migranten nach Europa weiterzuschicken, falls weiterhin Kritik an seiner militärischen Invasion in Syrien geübt wird. Er sagte in etwa: Wir werden die Türen öffnen, und 3,6 Millionen Menschen werden zu euch kommen. – Wie bereitet sich die Regierung denn auf so einen Notfall vor?
Maas erwiderte:
Wir haben sehr schnell Maßnahmen ergriffen, und zwar nicht nur wir in Deutschland, sondern auch innerhalb der Europäischen Union. [...] Wir haben angekündigt, dass wir auch nicht davor zurückschrecken würden, Wirtschaftssanktionen zu ergreifen, wenn die Waffenruhe nicht anhält und sich die Lage in Nordostsyrien weiter so gestalten würde, wie das zu Beginn dieser Invasion der Fall gewesen ist. Deshalb gehen wir davon aus, dass es sich bei diesen Äußerungen des türkischen Präsidenten lediglich um Ankündigungen handelt.
Als Nächster durfte Andrej hunko für die Linke dem deutschen Außenminister eine Frage stellen. Er wollte von ihm wissen, warum nicht verhindert wurde, dass laufende Rüstungsexporte in die Türkei weiterlaufen können und eine "von Frankreich eingebrachte Resolution entsprechend aufgeweicht" wurde.
Maas entgegnete darauf:
Es ging dabei um die Frage, ob im Außenrat formal ein Waffenembargo beschlossen werden sollte. Dieser Beschluss wäre nicht zustande gekommen, weil es mit Blick auf die Türkei als NATO-Partner – dort sitzen auch noch andere NATO-Partner – viele formale Fragen dazu gegeben hat.
Der Außenminister fügte aber hinzu, dass man sich darauf geeinigt habe, dass keiner der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union Waffen in die Türkei liefert. Für bereits genehmigte Exporte könnte man prüfen, diese nachträglich zu unterbinden.
Hunko wollte dann von Maas wissen, ob er sich denn ein vollständiges Waffenembargo gegen die Türkei vorstellen könne, wenn diese sich nicht militärisch aus Syrien zurückziehe.
Maas erklärte, dass man sich im [NATO-]Außenrat "ausdrücklich alles vorbehalten" habe, sollte die Türkei ihre Offensive fortführen, fügte aber hinzu:
Dennoch, glaube ich, ist es sinnvoll, darauf zu achten, dass die NATO-Mitgliedschaft der Türkei auch in Zukunft bestehen bleibt, weil ich grundsätzlich der Auffassung bin, dass es strategisch nicht richtig wäre, die Türkei aus der NATO heraus- und damit in die Arme Russlands oder Chinas zu treiben, sodass man sich neue Verbündete suchen müsste.