Aufgrund der bis zu fünffach gestiegenen Preise für Energie und Rohstoffe sei die deutsche Chemie im internationalen Handel bald nicht mehr wettbewerbsfähig. Dies beträfe dann alle deutschen Chemie-Standorte wie BAYER, BASF, Evonic und das mitteldeutsche Chemiedreieck gleichermaßen. Die BASF könne derzeit allerdings noch von ihren langfristigen Gasversorgungsverträgen profitieren.
Die Unternehmen in Leuna würden bereits jetzt nur noch bis zu 50 Prozent ihrer Kapazitäten arbeiten. Ende des Jahres soll zudem noch die Druschba-Pipeline abgestellt werden. Sie versorgte bisher sowohl die Raffinerie PCK Schwedt als auch die Leunaer Raffinerie mit Öl. Diesen Raffinerien drohe dann auch das Aus, so Griebel.
Wenn die Energiepreise weiter stiegen, würde die Lage durch die Kaskadeneffekte immer dramatischer. Immer mehr deutsche Unternehmen würden ihre Produktion herunterfahren, durch zu geringe Auslastung würden auch die Fixkosten steigen.
"Man kann es gar nicht so schwarzmalen, wie es ist. Wir landen wieder im 19. Jahrhundert", so der Diplom-Chemiker im Interview.
Griebel gibt außerdem zu bedenken, dass die deutsche Chemie immer noch der größte Chemie-Standort weltweit sei. Wichtige chemische Produkte würden in Deutschland hergestellt, die dann weltweit im Produktionsketten fehlen würden.
"Wenn hier die Lichter ausgehen, führt das nicht nur hierzulande, sondern weltweit zu Kaskadeneffekten."
Am Ende des Interviews macht der Chemiker Günther Griebel praktische Vorschläge, wie man die Lage kurzfristig beruhigen könnte und sollte.
Der Diplom-Chemiker Günther Griebel ist als Berater für Unternehmen, die chemische Produkte herstellen und verarbeiten, international tätig. Zu DDR-Zeiten hat er in der Produktentwicklung in der Forschung gearbeitet. Nach der Wende war er als Spartenleiter in einem Chemiekonzern beschäftigt.
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