"Afghanistan hat die Invasoren überlebt!" – Bürger zur Machtübernahme der Taliban

Einwohner der afghanischen Städte Kabul und Kandahar kommentieren die Machtübernahme durch die Taliban im Land.

Knapp 20 Jahre nach der Eroberung durch die US-Streitkräfte und ihre Verbündeten marschierten am 16. August die Taliban in die Hauptstadt Afghanistans, Kabul, ein und übernahmen damit die Kontrolle in großen Teilen des Landes. Bewaffnete Talibankämpfer patrouillieren seither durch die Stadt. "Ich möchte ganz Afghanistan gratulieren, denn heute ist unser Unabhängigkeitstag, und Afghanistan hat die Invasoren überlebt", kommentiert Mullah Ghufran, ein Bürger der Stadt, die Ereignisse und ergänzt: "Ich bitte sie (Taliban), mit uns zusammenzuarbeiten und unser zerstörtes Land aufzubauen, indem wir uns gegenseitig helfen. Lasst uns zusammenkommen, uns die Hände reichen und dieses Land aufbauen."

Kandahar, die mit rund 500.000 Einwohnern zweitgrößte Stadt des Landes, wurde bereits einige Tage vorher von den Taliban eingenommen. Die Stadt wirkt ruhig. Es sind hauptsächlich Männer auf den Straßen zu sehen. Die wenigen Frauen tragen weiterhin Burka. "Ich bin durch Kandahar gelaufen. Ich habe die Taliban-Regierung gesehen, gesehen, wie sie aussieht. Wir freuen uns sehr für sie, durch die Gnade Gottes. Wir sind glücklich, dass unser Land sicher geworden ist", sagt Uruzgan Khairullah über die neuen Machtinhaber im Land.

Die jüngste Taliban-Offensive erfolgte kurz nach der Ankündigung im April, dass die USA und andere NATO-Staaten ihre Truppen aus dem Land abziehen würden. Der von diesen Staaten unterstützte Präsident Aschraf Ghani floh am vergangenen Wochenende aus Afghanistan. Die USA und andere Staaten haben ihr Botschaftspersonal aus Kabul evakuiert, während Russland und China ihre Diplomaten im Land belassen haben. Mit dem Abzug der ausländischen Truppen und der Machtübernahme durch die Taliban findet der seit 2001 andauernde Krieg sein vorläufiges Ende.

Mit dem als Reaktion auf die Anschläge vom 11. September 2001 durch den damaligen US-Präsidenten George W. Bush ausgerufenen "Krieg gegen den Terror" war diese jüngste Phase des seit mehr als 40 Jahren andauernden Krieges in Afghanistan eingeleitet worden. US-Truppen und ihre Verbündeten waren daraufhin in Afghanistan einmarschiert und hatten die Taliban, die das Land seit 1996 kontrollierten, im Jahr 2001 gestürzt. Vor der nun Machtergreifung der Taliban hatten sich neben anderen Staaten auch China, Indien, Pakistan, Russland und die USA für ein Ende des Konflikts in Afghanistan eingesetzt. Die Taliban wurden 2003 von Russland als terroristische Organisation eingestuft. In Deutschland und den USA werden sie nicht als solche geführt.