Die Weltordnung der Nachkriegszeit: Welche Rolle spielte die Konferenz von Jalta in der Geschichte?

Die Jalta-Konferenz jährte sich dieses Jahr zum 75. Mal. Sie prägte die Weltordnung nach dem Zweiten Weltkrieg, in der Kriegshandlungen zumindest stark eingeschränkt wurden. Die Ansichten der westlichen Staatschefs hierzu wandelten sich jedoch mit der Zeit.

Vor 75 Jahren begann in Jalta auf der Krim die Konferenz der Staatschefs der UdSSR, der USA und Großbritanniens. Nach Ansicht von Historikern definierte sie die Weltordnung der Nachkriegszeit, erlaubte es, Einflusssphären in Europa festzulegen und hielt den Planeten jahrzehntelang von neuen globalen Konflikten fern. Das in Jalta gegründete internationale System existierte fast bis zum Ende des zwanzigsten Jahrhunderts. Gleichzeitig änderte sich die Einstellung der westlichen Führungspersönlichkeiten im Laufe der Zeit. Zunächst erkannten US-amerikanische und britische Politiker, dass die sowjetische Führung erhebliche Zugeständnisse an den Westen machte und die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der internationalen Stabilität schuf. Doch dann begannen sie, die Konferenz als einen tragischen Moment und als eine Quelle der Ungerechtigkeit zu bezeichnen.

Die Vorgeschichte des Ersten Weltfriedens und der Weg nach Jalta

Am 4. Februar 1945 begannen im Liwadija-Palast bei Jalta die Verhandlungen zwischen den Staatsoberhäuptern der Anti-Hitler-Koalition, die als Konferenz von Jalta in die Geschichte eingingen. Die UdSSR, die Vereinigten Staaten und Großbritannien einigten sich darauf, wie die Welt nach dem Endsieg über Nazi-Deutschland aussehen sollte.

Die Beziehungen zwischen Moskau und den westlichen Ländern sind seit dem Bürgerkrieg und den Interventionen der Letzteren in Russland nach der Februar- und der Oktoberrevolution angespannt. In den 1930er-Jahren versuchte die sowjetische Führung, eine internationale Vereinigung zur Bekämpfung des Nationalsozialismus zu gründen, fand aber bei den westlichen Ländern kein Verständnis. Großbritannien und Frankreich schlossen internationale Verträge mit Hitler ab und genehmigten im Jahr 1938 in München seinen Plan zur Aufteilung der Tschechoslowakei unter Deutschland, Ungarn und Polen; zuvor wurde ihm von denselben Mächten der Anschluss Österreichs genehmigt.

Nach der Unterzeichnung des sowjetisch-deutschen Nichtangriffsvertrages im Jahr 1939 wurde die UdSSR jedoch vom Westen kritisiert — und das, obwohl sie als letzte europäische Macht einen solchen Vertrag mit Deutschland abschloss, nach Polen, Großbritannien und Frankreich.

Im Jahr 1941, nach dem Überfall Hitlers auf die Sowjetunion, erwärmten sich die Beziehungen zwischen Moskau, London und Washington wieder — aber eben nur ein wenig: Zwei Jahre lang ignorierten die Bündnispartner effektiv die Bitten der sowjetischen Führung, eine zweite Front gegen Nazi-Deutschland in Europa zu eröffnen.

Erst vor dem Hintergrund der erfolgreichen sowjetischen Offensive am Kursker Bogen im Sommer 1943 wurden die Verhandlungen zwischen Großbritannien und den Vereinigten Staaten über die Notwendigkeit einer Landung an der europäischen Atlantikküste wieder aufgenommen. Die grundsätzliche Entscheidung in dieser Frage wurde Ende 1943 auf der Konferenz in Teheran getroffen.

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Die Alliierten landeten am 6. Juni 1944 in der Normandie. Die Nazis versuchten, an zwei Fronten Krieg zu führen, und unternahmen im Dezember sogar eine erfolgreiche Gegenoffensive gegen die Truppen der USA und Großbritannien in den Ardennen. Die aktiven Anstrengungen der sowjetischen Truppen im Januar 1945 zwangen Hitler jedoch, seine Truppen an die Ostfront zu verlegen. Der Militärhistoriker Juri Knutow, Leiter des Museums der Flugabwehrkräfte in Balaschicha bei Moskau, erklärte in einem Gespräch mit RT:

Anfang 1945 wurde klar, dass die Niederlage des Dritten Reiches unmittelbar bevorstand, und die Alliierten mussten die Spielregeln auf der internationalen Arena für die Nachkriegszeit festlegen. Diesem Zweck sollte auch die neu angedachte Konferenz dienen.

Allerdings dauerte es lange, bis sich die Staatschefs der Anti-Hitler-Koalition auf den Ort des Treffens einigen konnten. Alexander Michajlow, Fachhistoriker des Zentralmuseums des Großen Vaterländischen Krieges in Moskau, erklärte:

Churchill bot ein Treffen in Großbritannien an. Andere Veranstaltungsorte wurden ebenfalls in Betracht gezogen: Alaska, Malta, Athen, Kairo, Rom. Joseph Stalin drängte jedoch auf die Durchführung des Treffens in der Sowjetunion, damit die ausländischen Delegationen mit eigenen Augen sehen konnten, welche Verbrechen die Nazis verübten und welchen Schaden die Bürger der UdSSR erlitten. Am Ende wurde die Wahl zugunsten von Jalta getroffen.

Vorbereitung der Konferenz

Die US-Delegation wurde im Liwadija-Palast einquartiert; dieser wurde auch zum Verhandlungsort gewählt. Die sowjetische Delegation sollte im Jussupow-Palast wohnen, die britische Delegation im Woronzow-Palast.

Alexander Michailow beschreibt die Situation wie folgt:

Die Krim-Halbinsel trug während der Nazi-Besatzung schwere Schäden davon, aber in kurzer Zeit wurde alles Notwendige für die Organisation der Konferenz bereitgestellt und auf die Krim geliefert. Rund 1.500 LKW mit Baumaterialien, Möbeln, Maschinen und Ausrüstung, die zur Wiederinstandsetzung der zerstörten Paläste und zur Schaffung der Voraussetzungen für die Konferenz benötigt wurden, trafen auf der Halbinsel ein.

Trotz der Tatsache, dass die Frontlinie zu diesem Zeitpunkt bereits weit von der Krim entfernt war, wurden wegen der Sabotagegefahr im gesamten Gebiet um den Verhandlungsort strenge Sicherheitsmaßnahmen getroffen.

Der Schutz der Delegationen und ihrer Aufenthaltsorte wurde speziellen Gruppen für Luft- und Artilleriedeckung aufgetragen, Sicherheitsfunktionen entlang der Südküste der Krim wurden den Schiffen der Schwarzmeerflotte der UdSSR zusammen mit US-amerikanischen und britischen Schiffen zugewiesen. Die Halbinsel befand sich noch in der Reichweite der deutschen Bomber, so dass dem Kommando der Schwarzmeerflotte Marineflieger zum Schutz gegen Angriffe aus der Luft 160 Kampfflugzeuge zugeteilt wurden.

Doch damit hörten die Sicherheitsmaßnahmen nicht auf, und es wurde für Arbeitsbedingungen nach dem höchsten Standard der Zeit gesorgt, so der Historiker weiter. Mehrere NKWD-Regimenter waren am Schutz der Paläste und der Konferenzsitzungen beteiligt, ebenso wie Einsatzoffiziere des Geheimdienstes, die Spione und Saboteure identifizieren sollten. Der Park um den Liwadija-Palast wurde von einem vier Meter hohen Zaun umfriedet, und Bewegungen des Konferenzpersonals erfolgten mit Sondergenehmigungen.

"Um jeden der drei Paläste wurden zwei Sicherheitsringe geschaffen. Zu diesen kam nachts ein weiterer hinzu, den Soldaten der Grenzschutzeinheiten mit ihren Diensthunden patrouillierten. Für einen komfortablen Aufenthalt und bequeme Arbeit aller Delegationen wurden auf ihrem jeweiligen Territorium Kommunikationspunkte eingerichtet, mit Telefonisten, die Englisch sprachen, die sowohl Fern- als auch Auslandsverbindungen zu jedem Ort der Welt aufbauen konnten", führte der Experte aus. Zu Ehren der Ankunft ausländischer Delegationen in der UdSSR fand ein Gala-Empfang direkt auf dem Flugplatz in Nähe der Stadt Saki statt. Auf dem Weg nach Jalta wurden besondere Orte für Zwischenstopps der Gäste vorbereitet, an denen sie sich ausruhen konnten. Winston Churchill nutzte die sowjetische Gastfreundschaft: Er blieb etwa eine Stunde in Simferopol in dem Haus, in dem während der Besatzungszeit hohe deutsche Offiziere wohnten, und rauchte dort eine Zigarre. Historikern zufolge war dies die Art und Weise, wie der britische Premierminister seine Gedanken nach einem langen Flug ordnete.

Eine geschichtsträchtige Zusammenkunft

Während der Konferenz von Jalta mussten die Verbündeten mehrere strategische Fragen erörtern. Es ging insbesondere um die Bedingungen der Kapitulation Deutschlands und um die Ordnung, die dort nach dem Krieg herrschen sollte. Während der Gespräche beschlossen die Staatsoberhäupter der Anti-Hitler-Koalition, dass ihr gemeinsames Ziel darin besteht, "den deutschen Militarismus und Nationalsozialismus zu zerstören und dafür Sorge zu tragen, dass Deutschland nie wieder imstande ist, den Weltfrieden zu stören". Zu diesem Zweck sollte das besiegte Land entmilitarisiert und in Besatzungszonen aufgeteilt werden.

Die Alliierten stimmten zu, Reparationszahlungen von Deutschland einzufordern, von denen die Hälfte an die Sowjetunion gehen sollte — zumal diese am stärksten unter den Nazis zu leiden hatte.

Eine gemeinsame Erklärung über das befreite Europa, die die Beseitigung der mit Nazi-Deutschland alliierten Regierungen und Verwaltungen in den deutsch besetzten Staaten sowie die Schaffung demokratischer Institutionen durch allgemeine Wahlen vorsah, wurde in Jalta unterzeichnet. Der Historiker Juri Knutow erklärt:

Einer der wichtigsten Punkte der Konferenz von Jalta war die Entscheidung, eine neue internationale Organisation mit überaus weitreichenden Befugnissen zu schaffen — die künftige UNO. Das Prinzip der Einstimmigkeit bei der Entscheidungsfindung im Sicherheitsrat hat es der Welt seither ermöglicht, globale Konflikte zu vermeiden.

Ebenfalls wurde die zentrale Rolle von fünf Ländern im UN-Sicherheitsrat festgelegt: die der UdSSR, der USA, Großbritanniens, Frankreichs und Chinas. Es wurde auch beschlossen, Weißrussland und der Ukraine als den von der Nazi-Besatzung am stärksten betroffenen Sowjetrepubliken, eigene Sitze in der UNO zu gewähren.

Im Zuge der Verhandlungen in Jalta gab Stalin seinen Verbündeten die Zustimmung, dass die UdSSR sich an den Kampfeinsätzen im pazifischen Raum beteiligen würde. Die Sowjetunion hatte "zwei oder drei Monate" Zeit, nach der endgültigen Niederlage Nazi-Deutschlands, in den Krieg gegen Japan einzutreten. Dafür wurde Moskau versprochen, die Kurilen und Süd-Sachalin, die zuvor von Japan annektiert worden waren, sowie das Recht auf die Nutzung des Marinestützpunktes in Port Arthur und der Ostchinesischen Eisenbahn zurückzugeben. Zudem wurde die Mongolei gemäß den Vereinbarungen von Jalta zu einem unabhängigen Staat.

Als die härtesten und längsten charakterisiert Juri Knutow die Verhandlungen um die Aufteilung der Einflusssphären in Europa und um die "polnische Frage":

Die polnische Exilregierung unternahm verzweifelte Versuche, die Macht für sich zu sichern, die ihr zusehends durch die Finger glitt, aber es gelang ihr nicht. Der größte Teil Polens war bereits durch die Rote Armee befreit worden, und dort wurden gerade neue Machtorgane eingerichtet. Deshalb musste sich der Westen am Ende mit einer allgemeinen Erklärung der demokratischen Prinzipien zufrieden geben, die für die Machtstruktur in Warschau gelten würden.

Zudem bestand Stalin darauf, Polen für die Besatzung durch das Dritte Reich mit deutschen Gebieten im Westen und im Norden zu entschädigen — auch diesen Vorschlag nahmen die beiden westlichen Vertreter nur mit Widerwillen an.

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Eine Menge Streitigkeiten gab es zu den polnischen Grenzen. Historikern zufolge gefiel den westlichen Verbündeten die Expansion der UdSSR um die Westukraine und Westweißrussland nicht. Letztendlich wurde jedoch beschlossen, die Grenze entlang der "Curzon-Linie" zu ziehen. Diese teilte Gebiete nach dem Prinzip der Mehrheit der polnischen Bevölkerung und wurde schon zuvor von der Entente vorgeschlagen. Nun gab es jedoch eine Abweichung von mehreren Kilometern zugunsten Polens. Dabei bestätigte die UdSSR ihre Zustimmung zur freiwilligen Übergabe der Stadt Bialystok an Polen.

"Im Laufe der Verhandlungen bestätigten die Staatschefs der Anti-Hitler-Koalition die Zugehörigkeit Osteuropas und Jugoslawiens zur Zone sowjetischer Interessen, aber auch die Unterstellung Westeuropas, Italiens und Griechenlands der anglo-amerikanischen Kontrolle, obwohl es dort starke kommunistische Bewegungen gab", bemerkt Knutow.

Nichts ist beständiger als der Launenwechsel

Die westlichen Politiker waren zunächst mit den Ergebnissen der Konferenz von Jalta zufrieden. US-Präsident Franklin Roosevelt erklärte in einer Botschaft an den Kongress am 1. März 1945:

Ich bin zuversichtlich, dass dank den auf Jalta getroffenen Vereinbarungen Europa politisch stabiler als je zuvor sein wird.

US-Außenminister Edward Stettinius schrieb in seinen Memoiren, dass in Jalta die "Zugeständnisse der Sowjetunion an die Vereinigten Staaten und England größer waren als deren Zugeständnisse an die Sowjets." Der britische Premierminister Winston Churchill sagte in einer Rede vor dem britischen Unterhaus am 27. Februar 1945:

Ich kenne keine andere Regierung, die ihre Verpflichtungen so standhaft und konsequent und manchmal sogar zum Nachteil ihrer eigenen Interessen erfüllt hat wie die Regierung Sowjetrusslands.

Doch nur ein Jahr später, am 5. März 1946, kritisierte Winston Churchill am Westminster College in Fulton (USA) in einer Rede das System der Beziehungen, das sich in Europa als Folge der Konferenz von Jalta entwickelt hatte, scharf. Er rief den Westen auf, sich gegen die UdSSR zu vereinen. Auch heute noch ziehen es westliche Politiker vor, nicht über die Einschätzungen ihrer Vorgänger an die UdSSR vor nur wenigen Jahrzehnten nachzudenken. Der ehemalige US-Präsident George W. Bush jr. sagte im Jahr 2005 in einer Rede in Brüssel:

Die so genannte Stabilität der Jalta-Abkommen war eine ständige Quelle von Ungerechtigkeit und Angst.

Mit der Zeit wurden die Einschätzungen amerikanischer Politiker zu den Verhandlungen auf der Krim 1945 noch kritischer. So schrieb der stellvertretende US-Außenminister Daniel Fried in seinem Brief an die Los Angeles Times im Jahr 2007:

Die Konferenz von Jalta war einer der tragischsten Momente des 20. Jahrhunderts: Großbritannien und die Vereinigten Staaten erkannten stillschweigend das Recht der UdSSR an, ihre Einflusssphäre auf die gesamte östliche Hälfte Europas auszudehnen.

Der Historiker Juri Knutow findet die heutige Diskussion über das Nachkriegsarrangement in Europa paradox:

"Polen wirft nun der UdSSR eine Besatzung vor, ihm den Kommunismus aufgezwungen zu haben, und so weiter. Aber warum vergisst man dort, dass die Lage, wie sie sich im Jahr 1945 auf der Konferenz von Jalta abgezeichnet hatte, von London und Washington voll und ganz gutgeheißen wurde?" fragt der Historiker. Seiner Meinung nach waren die Verhandlungen in Jalta die wegweisendsten in der modernen Geschichte der Menschheit:

Die Konferenz von Jalta definierte die Weltordnung der Nachkriegszeit. Die Menschheit lebte bis Ende der 1980er-Jahre ganz nach den Ideen dieser Konferenz. Und auch nach dem Ende der bipolaren Welt werden internationale Beziehungen weiterhin mithilfe der Jalta-Mechanismen geführt. Niemand hat sich etwas Besseres einfallen lassen.

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