Nach dem Libyen-Gipfel im Berliner Kanzleramt sprachen wohlwollende Beobachter von "substantiellen Fortschritten", die auf dem Weg zu einer Stabilisierung Libyens unter der Regie von Bundeskanzlerin Merkel und Außenminister Maas erzielt worden seien.
Doch außer Absichtserklärungen der beteiligten Akteure – wie etwa eine Einhaltung des UN-Waffenembargos oder eine Vereinbarung, keine weiteren Waffen in das zerfallene nordafrikanische Land zu schicken – wurde kein verbindliches Ergebnis erzielt. Auch die möglichen Beschlüsse für einen Friedensplan waren schon im Vorfeld ausgearbeitet worden. Zwar gelang es vor allem Angela Merkel, – zumindest vordergründig – die Bundesregierung als internationale Instanz in Szene zu setzen, doch vom Frieden ist Libyen auch wenige Tage nach der Berliner Konferenz weit entfernt.
So zeigt sich etwa der türkische Staatschef Erdoğan offenbar ungerührt von den blumigen Verlautbarungen, an denen er selbst mitgewirkt hatte. Offiziell stellt die türkische Regierung dem Militär der international anerkannten Regierung der Nationalen Einheit (GNA) lediglich ihre militärische Beratung zur Verfügung.
Unser Personal ist für die Ausbildung und Schulung da, sonst nichts. Die Türkei hat Truppen nach Libyen entsandt, um die von der UNO anerkannte Regierung der Nationalen Einheit (GNA) zu unterstützen, die beschuldigt wurde, extremistische Gruppen aufzunehmen", erklärte der türkische Außenminister am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos.
Im gleichen Atemzug warf Çavuşoğlu dem libyschen Kommandeur Chalifa Haftar vor, die Bemühungen um eine Waffenruhe in Libyen zu untergraben.
Derweil legen aktuelle Berichte nahe, dass sich zwischen 2.000 und 2.400 der von der Türkei unterstützten "Rebellen" in Syrien jetzt bereits in Libyen aufhalten, um die GNA-Regierung im Kampf gegen Feldmarschall Haftar zu unterstützen – nach Aussagen Erdoğans auf Einladung der Regierung in Tripolis.
Viele der türkischen Syrien-Söldner stammen demnach aus islamistischen Gruppierungen wie der al-Mu'tasim-Brigade, der Sultan-Murad-Brigade, der Nördlichen Falkenbrigade, der Hamza-Brigade, der Legion der Levante, Suleiman Shah und der Samarkand-Brigade.
Inoffiziellen Berichten zufolge plane Ankara, bis zu 6.000 Kämpfer nach Libyen, also in ein seit dem von der NATO orchestrierten Sturz Muammar al-Gaddafis im Chaos versinkendes Land zu schicken. 1.700 Kämpfer der syrischen Dschihadisten durchlaufen demnach derzeit eine Ausbildung in türkischen Militärcamps im Süden des Landes, um anschließend den Kampf an der Seite der GNA in Libyen aufzunehmen.
Die syrischen Söldner, die diesmal dem Ruf Ankaras nach Libyen folgen, können offensichtlich neben der Sympathie auch mit der monetären Dankbarkeit Erdoğans rechnen. Demnach erhalten alle Kämpfer einen regelrechten Vertrag über 6 Monate, den sie direkt von der Regierung in Tripolis erhalten, und auf dieser Basis ein ansprechendes Monatsgehalt von demnach bis zu 2.000 US-Dollar. Zudem winkt den Kämpfern die türkische Staatsbürgerschaft, wenn sie Syrien den Rücken kehren und sich für den Kampf in Libyen verpflichten.
Doch damit nicht genug der Vorteile: Die türkische Regierung trägt demnach auch die Kosten für die medizinische Versorgung verletzter Dschihadisten und schlimmstenfalls die Überführung getöteter Kämpfer in ihre syrische Heimat.
Unterdessen wird aber auch berichtet, dass sich syrische "Rebellen" zum Kampf in Libyen im Auftrag aus Ankara meldeten, um sich anschließend nach Italien abzusetzen.
Zumindest nach Angaben der unter dem Kommando von Haftar stehenden Libysch-Nationalen Armee (LNA) hätten sich (mit Stand vom 20. Januar) bereits 47 der türkischen Söldner nach Italien übergesetzt.
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