Die Bundesministerin der Verteidigung Annegret Kramp-Karrenbauer hat indirekt bestätigt, dass die USA die europäischen Vertragspartner im Atomabkommen mit dem Iran (JCPOA) – Großbritannien, Frankreich und Deutschland – durch Erpressung dazu brachten, den Streitschlichtungsmechanismus dieses Abkommens auszulösen.
Die Washington Post hatte am Mittwoch berichtet, diesen sogenannten E3 sei Tage vor ihrer Erklärung von Seiten des US-Präsidenten Donald Trump mit Zöllen in Höhe von 25 Prozent auf Autos gedroht worden, sollten sie den Iran nicht wegen seiner angeblichen Vertragsverletzungen rügen.
Bei einem Besuch in London, wo Kramp-Karrenbauer einen Vortrag an der London School of Economics hielt, antwortete sie am Donnerstag auf die Frage, ob Deutschland erpresst worden sei:
Das ist eine Diskussion oder eine Drohung – wie Sie es so formulieren – die im Raum steht.
Später erklärte allerdings ein Sprecher des Bundesministeriums der Verteidigung, dass sich dieser Satz lediglich auf die Berichterstattung der Zeitung beziehe und nicht als Bestätigung der Drohung zu verstehen sei. Richard Grenell, der oft undiplomatisch auftretende US-amerikanische Botschafter in Berlin, wies den Bericht auf Twitter als "Fake News" zurück.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung zitierte aber dennoch deutsche Diplomaten mit Äußerungen, dass die USA sehr wohl gewillt seien – wenn nötig – beide "Dossiers zu vermischen". Dem Auswärtigen Amt sei auf administrativer Ebene bedeutet worden, dass die Trump-Regierung Autozölle ins Spiel bringen würde.
Kramp-Karrenbauer erklärte in London auch, dass die E3 trotz der Verschärfung ihres Kurses gegenüber dem Iran keineswegs auf die extreme Linie der USA einschwenken. Es sei Maßgabe der deutschen Politik, "nicht Teil der US-amerikanischen Kampagne des maximalen Drucks" zu sein.
Allerdings werden diese Aussagen nicht von den Tatsachen gedeckt. Mit der Auslösung des Streitschlichtungsmechanismus durch die E3 ist ein Weg zur vollständigen Beendigung des Abkommens und damit zur weiteren Eskalation vorgezeichnet. Doch waren es auch schon die drei europäischen Länder und die EU, die nach dem völkerrechtswidrigen und einseitigen Ausstieg der USA aus dem Vertrag mit dem Iran die EU-Verpflichtungen gegenüber dem Iran nicht einhielten.
Das Ansehen der EU-Staaten in der Welt dürfte damit weiteren Schaden nehmen. Ihr Einknicken gegenüber dem transatlantischen Hegemon verdeutlicht, dass von einer eigenen EU-Außenpolitik keine Rede sein kann. In den sozialen Netzwerken macht bereits der Ausdruck von "Trumps Pudeln" die Runde. Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands kleinlautes Abrücken von dem einst von ihnen selbst mit ausgehandelten Abkommen verdeutlicht auch, dass diese Staaten – ebenso wie die USA – keine verlässlichen Vertragspartner sind.
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