In einer Rede während des Stapellaufs eines türkischen Militär-U-Boots am Sonntag hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan den globalen Machtanspruch seiner Regierung betont:
Wenn wir uns Anatolien als Zentrum nehmen, dann haben wir [Türken] überall Spuren hinterlassen, bis zu den baltischen Staaten im Norden, ganz im Osten bis nach China, im Südosten bis nach Indien, ganz im Westen in Nordafrika und bis nach Gibraltar. Jene, die die Geschichte unseres Landes und unseres Volkes nicht kennen, fragen: 'Was habt ihr da zu suchen?' Aber eigentlich müsste man fragen: 'Warum sind wir eigentlich so lange nicht dort gewesen?'," erklärte der türkische Präsident.
Die Türkei befinde sich in einem verspäteten Kampf für das Recht im Namen der ganzen Menschheit. Das Ziel der türkischen Militäroperation in Syrien sei eben dieser Kampf. Auch in Libyen strebe Ankara dasselbe Ziel an.
Die Feinde der Türkei würden das Recht, die Moral und die Gerechtigkeit missachten. Hätten sie die Möglichkeit dazu, würden sie laut Erdoğan das türkische Volk nicht nur aus Anatolien entfernen, sondern auch ganz aus der Welt tilgen.
Der türkische Präsident kündigte in diesem Rahmen an, der libyschen Regierung der Nationalen Einheit (GNA) mehr militärische Unterstützung zu gewähren, sollte dies nötig sein. Die Vereinten Nationen erkennen die GNA als legitime libysche Regierung an. In Libyen tobt ein blutiger Bürgerkrieg seit dem Jahr 2011, als Rebellen mit Unterstützung von NATO-Staaten den langjährigen libyschen Staatschef Muammar Gaddafi stürzten.
Wenn es nötig sein sollte, werden wir den militärischen Aspekt unserer Unterstützung an Libyen erhöhen", erklärte der türkische Präsident.
Die Türkei werde diversen Abkommen mit der GNA zur militärischen Kooperation und zur Bestimmung der Seegrenzen zwischen beiden Staaten treu bleiben.
Die Türkei wird weder den Schritten, die es in Syrien getätigt hat, noch von dem Abkommen mit Libyen zurücktreten.
Die türkische Regierung ziehe in Betracht, die libysche Regierung sowohl zu Land, zu See als auch in der Luft mit allen Mitteln zu unterstützen.
Antwortend auf die Kritik der türkischen Opposition, was denn die Türkei in Libyen zu suchen habe, antwortete er:
Wir sollten nicht den Kampf des Gründers unserer Repubilk, Mustafa Kemal Atatürk, vergessen. Wenn Libyen tatsächlich nichts mit uns zu tun hat, was hat denn Gazi Mustafa Kemal dort getan? ... Das bedeutet, dass Libyen ein Ort ist, an dem wir, wenn es nötig sein sollte, unter Einsatz unseres Lebens sein sollten", sagte Erdoğan.
Der erste Präsident der Türkei, Mustafa Kemal Atatürk, befand sich während des Italienisch-Türkischen Krieges um Libyen von 1911 bis 1912 in Libyen, wo er sich am Widerstand gegen die italienische Invasionsarmee beteiligte.
Die Türkei und die in Tripolis ansässige GNA-Regierung unterzeichneten am 28. November dieses Jahres in Istanbul eine Absichtserklärung. Das Dokument sieht eine militärische Zusammenarbeit vor, unter anderem die Ausbildung der Militärkräfte der GNA. Es legt auch die Grenzen der ausschließlichen Wirtschaftszonen im Mittelmeer zwischen beiden Ländern fest und sieht eine Möglichkeit für Sondierungsaktivitäten der Türkei im libyschen Abschnitt vor.
Das libysche Parlament lehnte indessen dieses Abkommen als unrechtmäßig ab und forderte die Vereinten Nationen auf, das internationale Mandat des GNA-Ministerpräsidenten Fayiz as-Sarradsch zu widerrufen. Es wandte sich auch an die Arabische Liga mit der Bitte, kollektive Verteidigungsmaßnahmen zu ergreifen, um auf die Bedrohung durch eine Aggression zu reagieren.
Gegenwärtig hat Libyen zwei oberste Exekutivbehörden: Erstens die international anerkannte GNA-Regierung sowie zweitens die Übergangsregierung von Abdullah el-Thenni, die im Osten des Landes zusammen mit dem gewählten Parlament sitzt, das von der Libyschen Nationalarmee des Feldmarschalls Chalifa Haftar unterstützt wird.
Anfang April kündigte Haftar die Einleitung einer Offensive gegen Tripolis an. Die GNA-Regierung befahl alle militärischen Einheiten, die ihr gegenüber treu sind, sich zur Verteidigung der Hauptstadt zu rüsten. Die bewaffnete Konfrontation hat bis jetzt hunderte von Todesopfern und die Zerstörung lebenswichtiger Infrastruktureinrichtungen zur Folge. Tausende mussten aus ihren Häusern fliehen. Am 12. Dezember verkündete Haftar den Start der letzten Phase der Offensive gegen Tripolis.