Moskau zum Atomabkommen: Iranische Geduld nicht überstrapazieren

Der Iran setzte vergangene Woche die angekündigte vierte Teilaussetzung des Atomabkommens um und begann in der Atomanlage von Fordo wieder mit der Anreicherung von niedrig angereichertem Uran. Angesichts der internationalen Kritik ruft Russland zu Mäßigung auf.

Nachdem die USA laut dem deutschen UN-Botschafter Christoph Heusgen das Völkerrecht gebrochen haben und im Mai 2018 unilateral aus dem Atomabkommen ausgestiegen waren, überzog Washington den Iran erneut mit schweren Wirtschaftssanktionen. Die Aufhebung der Sanktionen war aber Bestandteil des JCPOA-Vertrags, wofür sich Teheran im Gegenzug verpflichtete, sein Atomprogramm zwar nicht vollständig auszusetzen, wie es etwa Israel gefordert hatte, aber doch massiv herunterzufahren und der ständigen Überwachung durch die Internationalen Atomenergiebehörde IAEA zuzustimmen.

Nachdem die USA aber erneut Sanktionen verhängten, versprachen die übrig gebliebenen europäischen Vertragspartner, einen Mechanismus zu schaffen, um dennoch Handel zwischen der EU und dem Iran zu ermöglichen. Ein Jahr lang wartete Teheran auf das Ergebnis dieser Verhandlungen, während die USA immer weitere Sanktionen verhängten und den Europäern mit Konsequenzen drohten, sollten sie die US-Sanktionen umgehen. Als dieses Jahr ergebnislos vorbeistrich und die IAEA dem Iran zwar vollkommene Einhaltung seiner Verpflichtungen aus dem Atomabkommen bescheinigte, Teheran im Gegenzug aber nicht wie vorgesehen wirtschaftliche Vorteile erhielt, entschied die iranische Regierung, einen phasenweisen Ausstieg aus dem Abkommen zu initiieren.   

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Immer wieder betonten sowohl Präsident Hassan Rohani als auch Außenminister Mohammad Dschawad Sarif, dass es sich dabei um reversible Maßnahmen handele, die umgehend wieder zurückgenommen werden können, sobald die Europäer ihren Verpflichtungen aus dem JCPOA-Vertrag nachkommen. Alle 60 Tage sollten weitere Komponenten dazukommen, die Teil dieses phasenweisen Ausstiegs darstellen sollten.

Auf diese Weise erhoffte sich die Regierung in Teheran, genügend Druck aufbauen zu können, um Deutschland, Frankreich und Großbritannien dazu zu bringen, den neu geschaffenen Handelsmechanismus INSTEX auch entsprechend mit Leben zu füllen. Doch die Angst, dass die Europäer selbst von US-Sanktionen bestraft werden, wenn sie ihren Teil eines durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zum bindenden Völkerrecht erklärten Abkommens umsetzen möchten, ist offensichtlich zu groß.

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Stattdessen werfen diese Vertragspartner dem Iran vor, selbst gegen die Verpflichtungen zu verstoßen, wie es beispielsweise Außenminister Heiko Maas (SPD) getan hat. 

"Unser Ziel ist es weiterhin, den JCPOA zu erhalten. Unsere Verpflichtungen daraus haben wir stets vollumfänglich umgesetzt. Der Iran muss jetzt dringend einlenken und zum Abbau der Spannungen beitragen", erklärte Maas weiter. 

Dabei handelt der Iran vollkommen im Einklang mit dem eigens für solche Fälle vorgesehen Artikel 36 des Abkommens, der besagt:

Wenn diese Angelegenheit noch immer nicht zur Zufriedenheit des Beschwerdeführers gelöst ist, und wenn der Beschwerdeführer die Angelegenheit als eine signifikante Nichteinhaltung (der Vertragsverpflichtungen/Anm.) betrachtet, dann kann dieser Teilnehmer die ungelöste Angelegenheit als Grund anführen, um seinen Verpflichtungen aus dem JCPOA in Gänze oder in Teilen nicht mehr nachzukommen, und/oder den UN-Sicherheitsrat darüber in Kenntnis setzen, dass er glaubt, dass diese Angelegenheit eine signifikante Nichteinhaltung darstellt.

Genau das hat der Iran getan. Er führte ein Jahr im Rahmen der Joint Commission Gespräche mit den verbliebenen Vertragspartnern (EU, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland und China), um dieses Problem der "signifikanten Nichteinhaltung" der Europäer zu lösen. Und als das nichts gebracht hatte, informierte der Iran den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen und begann mit einem phasenweisen Ausstieg.

Gerade weil Teheran seinen Verpflichtungen vollumfänglich bis Mai 2019 nachgekommen ist, wie es von der IAEA immer wieder attestiert wurde, und auch die seitdem eingeleiteten Schritte im Einklang mit dem Atomabkommen stehen, rief nun Russlands Vizeaußenminister Sergej Rjabkow die Europäer dazu auf, nicht die Grenzen der Geduld des Iran testen zu wollen.

"Wir verstehen, warum die Islamische Republik Iran die Schritte unternimmt", sagte er in Moskau.

Gleichzeitig rufen wir alle Seiten, alle verbliebenen JCPOA-Mitglieder, dazu auf, Mäßigung zu wahren. Wir können nicht die Grenzen dieses Abkommens testen. Es könnte auseinanderfallen, es könnte kollabieren. Und dann wären wir in eine Situation, in der die Risiken eines offenen Konflikts und weiterer Komplikationen in dieser explosiven Region des Persischen Golfes sogar noch steigen werden.

Rjabkow betonte zudem, dass diese Krise rund um das Atomabkommen erst durch den Ausstieg der USA ausgebrochen ist und dieses das beste Instrument darstellt, um ebenjene Bedenken einer iranischen Atombombe auszuräumen und das Atomprogramm unter internationale Aufsicht zu stellen.  

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