Geld mache nicht glücklich, heißt es. Die Antwort auf die Binsenweisheit lautet üblicherweise, dass Geld aber zumindest beruhige. Doch kann man noch ruhig schlafen, wenn das eigene Vermögen ohne eigenes Zutun täglich um 100 Millionen US-Dollar wächst? 100 Millionen US-Dollar am Tag bzw. 70.000 US-Dollar pro Minute oder 4 Millionen US-Dollar pro Stunde. Auf diese sagenhafte Zahl kann eine Familie verweisen: die Waltons, Gründer und Besitzer der Handelskette Walmart.
Bereits im Juni 2018 führte die Familie die Liste der reichsten Familien an. Doch seitdem konnten die Waltons das Familienvermögen nochmals um 39 Milliarden auf nunmehr 191 Milliarden US-Dollar steigern. Doch die Erben des notorisch geizigen Walmart-Gründers Sam Walton stehen mit ihrem unvorstellbaren Reichtum keineswegs allein dar.
Andere US-amerikanische Dynastien sind den Waltons dicht auf den Fersen und konnten ebenfalls kräftig zulegen. Das Imperium der durch den Schokoriegel gleichen Namens berühmt gewordenen Mars-Familie etwa wird mit 127 Milliarden US-Dollar bewertet, das sind 37 Milliarden Dollar mehr als im Vorjahr. Die als Industriemagnaten mit immensem politischen Einfluss bekannten Koch-Brüder legten 26 Milliarden nach und schwimmen nun in sage und schreibe 125 Milliarden US-Dollar. Wer bereits reich ist, braucht im Grunde nichts mehr zu tun, um noch wesentlich reicher zu werden.
Schnell wird eine vermeintliche Neiddebatte heraufbeschworen, wenn solcher Reichtum in Frage gestellt wird. Doch ist es Neid, solch ein Vermögen als obszön zu bezeichnen? Für andere ist ein dermaßen großer Reichtum nicht nur unanständig, sondern Ausgeburt eines vollkommen entgrenzten und entfesselten Neoliberalismus. In der Tat ist die immer weiter wachsende Schere zwischen den Habenichtsen und den Superreichen schon längst auf der politischen Agenda angekommen – freilich ohne, dass sich an den strukturellen Ursachen grundlegend etwas ändern würde.
Hierzulande aber auch in Übersee sind es auch die Superreichen selbst, die aufgrund ihres eigenen Reichtums nicht mehr ruhig zu schlafen vermögen, da sie das gesellschaftliche Gleichgewicht zunehmend gefährdet sehen. In den USA sind es Milliardäre wie etwa Liesel Pritzker Simmons, aktuell Platz 17 auf der Bloomberg-Liste der Superreichen, die ein staatliches Einlenken bei der Vermögenssteuer fordern:
Wenn wir so etwas nicht tun, was soll dann passieren, wenn wir einfach diesen Reichtum in einem Land anhäufen, das an allen Ecken und Enden auseinanderbricht. Das ist nicht das Amerika, in dem wir leben wollen", konstatiert Simmons.
Von derlei Sorgen unberührt mag da eine andere Familie sein. Auf Platz vier der Reichenliste findet sich die Königsfamilie Saud mit 100 Milliarden US-Dollar Gesamtvermögen. Das Vermögen nimmt sich bescheiden aus im Vergleich zum staatlichen Konzern Saudi Aramco, dem Anker der saudi-arabischen Wirtschaft und profitabelsten Unternehmen der Welt. Die Königsfamilie hofft, die Erdölgesellschaft bei einem Wert von 2 Billionen US-Dollar an die Börse zu bringen. Saudi Aramco allein wirft mehr Gewinn ab, als die Konzerne Apple, Shell und ExxonMobil zusammengenommen.
Doch das Zählen von Familienreichtum ist keine exakte Wissenschaft, da Geld, das über Jahrzehnte, manchmal Jahrhunderte angehäuft wurde, häufig verschlungene Wege geht und gern seine Herkunft verschleiert. Der Nettowert der Rothschilds oder Rockefellers etwa ist zu diffus, um exakt ermittelt zu werden. Bei anderen Familienclans ließ sich das Vermögen erst gar nicht nachweisen. Doch auch die in der Reichenliste gelisteten Familien machen eines deutlich: Sie alle profitieren von extrem niedrigen Zinsen, Steuersenkungen und Deregulierung.
So auch die weiteren Familien auf der monetären Sonnenseite des Daseins. Dazu zählen das Modeimperium Chanel ebenso wie die Ferrero-Familie, zu deren Konzern Marken wie Nutella und Tic Tac zählen. In Indien wiederum stieg das Vermögen der Ambani-Familie auf satte 50 Milliarden US-Dollar.
Doch es gibt Ausreißer, denn nicht alle superreichen Familiendynastien konnten zulegen. Die deutsche Familie Quandt etwa büßte nach einem durchwachsenen Jahr für die Bayerischen Motoren Werke AG acht Plätze auf der Weltrangliste ein und findet sich nunmehr auf Platz 16 wieder. Die Familien Dassault, Duncan, Lee und Hearst flogen gar gänzlich aus der Superreichenliste.
"Es kann sehr schwierig sein, den Wohlstand langfristig zu erhalten", erklärt Rebecca Gooch, Entwicklungsdirektorin bei Campden Wealth, einem Netzwerk- und Bildungsunternehmen für Inhaber von Familienvermögen.
Familienunternehmen können sich von einem boomenden zu einem rückläufigen Unternehmen entwickeln, das Anlageportfolio einer Familie ist möglicherweise nicht gut diversifiziert oder es kann zu Problemen mit Generationenwechseln kommen", ergänzt Gooch.
Derlei Unbill droht den weltweit 25 reichsten Familien bislang nicht. Alles in allem verfügen sie über ganze 1.4 Billionen US-Dollar Vermögen. Eine Steigerung um 24 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
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