Maria Sacharowa, die Sprecherin des russischen Außenministeriums, ist bekannt für ihre scharfen Worte. Doch was sie zum Treffen zwischen ihrem Chef, Außenminister Sergei Lawrow, und einem seiner Gesprächspartner vor wenigen Wochen in München, NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, zu sagen hatte, war dann schon ungewöhnlich heftig.
Bei dem Gespräch wollte Lawrow von dem früheren norwegischen Ministerpräsidenten wissen, welche Beweise der NATO denn tatsächlich über die angebliche russische Verletzung des INF-Vertrages vorlägen. Was als privates Hintergrundgespräch für eine ehrliche Aussprache hätte dienen können, endete offensichtlich lediglich mit den üblichen, also substanzlosen Vorwürfen. Und diese müssen Lawrow ziemlich wütend gemacht haben, wenn Maria Sacharowa nun erklärt, dass Stoltenberg nicht einen "Beweisschnipsel" zu den Vorwürfen präsentieren konnte.
Der Ärger war sogar so groß, dass die Sprecherin des russischen Außenministeriums sagte:
Er lügt ohne rot zu werden. … Sämtliche Argumente der NATO sind wie gewöhnlich von der "alles-ist-auf-den-sozialen-Netzwerken" und "niemand-anderes-als-Ihr-seid-dazu-in-der-Lage"-Sorte.
Dem NATO-Generalsekretär so öffentlich vorzuwerfen, dass er lügt, zeugt schon von einem gewissen Grad an Frust und Wut. Selbst wenn es zutrifft, kann dieser schwere Vorwurf zu einer weiteren Verhärtung der Fronten führen, weil er einen persönlichen Angriff auf Stoltenberg darstellt.
Dabei wäre es nicht das erste Mal, dass Stoltenberg tatsächlich der Lüge überführt werden konnte. Bei der größten NATO-Übung seit dem Ende des Kalten Krieges, nämlich Trident Juncture 2018 in Norwegen, behauptete er:
Die NATO lädt immer Beobachter zu unseren Übungen ein, während Russland keine internationalen Beobachter zu irgendeiner Übung seit dem Kalten Krieg eingeladen hat. Wir sind transparent, und wir informieren sie über unsere Übungen und laden sie ein.
Das war und ist schlicht und ergreifend nicht wahr. So waren beispielsweise bei der vielkritisierten, obwohl weitsichtig nach Asien verlegten, russischen Großübung "Wostok 2018" insgesamt 87 internationale Beobachter aus 59 Ländern anwesend, nebst 326 in- und ausländischen Journalisten. Auch zur Übung "Zapad 2017" - im Jahr zuvor noch näher an Westeuropa - wurden internationale Beobachter eingeladen, die sogar vor der Kamera bestätigten, dass diese Übung nichts mit den heillosen Übertreibungen der westlichen Medien und mancher Regierung zu tun hatte.
Wie Jens Stoltenberg auf diesen öffentlichen Vorwurf aus Moskau reagieren wird, kann natürlich niemand wissen. Aber eines scheint dabei sicher zu sein: Die Rückendeckung aus Washington und anderen NATO-Ländern ist ihm gewiss.
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