Beamte des Pentagons skizzierten einen Plan zur Herstellung eines neuen tief fliegenden Marschflugkörpers mit einer möglichen Reichweite von etwa 1.000 Kilometern sowie einer ballistischen Rakete mit einer Reichweite von 3.000 bis 4.000 Kilometern. Keines der beiden Raketensysteme würde nuklear bewaffnet werden, beteuerten die Beamten, obwohl es nach der Aufkündigung des INF keinen verbindlichen Vertrag mehr gibt, an den sich die US-Entwickler noch halten müssten, sollte Washington letztlich doch eine nukleare Bewaffnung fordern. Die Herstellung solcher Waffensysteme könnte die Rückkehr zu einem Wettrüsten im Stil des Kalten Krieges einleiten.
Die Tests sollen unmittelbar nach dem offiziellen Rückzug der USA aus dem INF-Abkommen mit Russland stattfinden. Der entsprechende Marschflugkörper wird für die Flugerprobung im August bereit sein, während für die Rakete mittlerer Reichweite die Erprobung im November eingeplant wird, so US-Beamten, die am Mittwoch unter der Vorbedingung der Anonymität mit der Presse sprachen.
Ein erfolgreiches Angebot zur Rettung des INF-Vertrags könnte theoretisch die Entwicklung beider Waffen verhindern, aber die gegenwärtige diplomatische Bereitschaft in Washington scheint auf begrenzten Zuspruch zu stoßen. Selbst Verteidiger des INF-Vertrages in den USA behaupten, dass Russland mit seiner 9M729-Rakete vertragsbrüchig geworden sei, während die russische Kritik am massiven Ausbau des US-Raketenarsenals weitestgehend ungehört verhallt.
Damit bezieht sich der Kreml unter anderem auf Marschflugkörper der US-amerikanischen Tomahawk-Reihe, die eine Reichweite zwischen 500 und 5.000 Kilometer haben und somit, landgestützt einsetzbar, unter die Beschränkungen des INF-Vertrags fallen. Die in Rumänien und Polen auf Militärflugplätzen stationierten und somit landgestützten Feuerleitsysteme "Aegis Ashore" starten ihre Abfangflugkörper von denselben Mk 41-Abschussvorrichtungen wie sie auch zur See eingesetzt werden. Und dieses "Mark 41 Vertical Launch System" (Mk 41 VLS) kann ebenso auch dem Start von Tomahawk-Marschflugkörpern dienen.
"Es ist unklug für die USA und die NATO, eine nicht hilfreiche Aktion Russlands mit einer weiteren nicht hilfreichen Aktion zu beantworten." Mit diesen Worten zitierte die Nachrichtenagentur AP Daryl Kimball von der Vereinigung für Rüstungskontrolle. Kimball wies darauf hin, dass das Pentagon nicht einmal dafür plädiert habe, dass solche Raketen strategisch notwendig seien. Er ergänzte:
Wenn die Vereinigten Staaten versuchen, die NATO zu zwingen, den Einsatz solcher Raketen zu akzeptieren, wird dies zu einem destabilisierenden Aktions-Reaktions-Zyklus und Raketenwettlauf führen.
Das Pentagon kündigte jüngst erst am Montag an, dass es mit der Herstellung von Komponenten für die verbotenen Raketensysteme beginnen werde. Es handele sich um "Aktivitäten, die bis zum 2. Februar mit unseren Verpflichtungen aus dem Vertrag noch unvereinbar gewesen wären", betonte eine Sprecherin des Pentagons vorsichtig und bezog sich auf das Datum, an dem Präsident Trump offiziell den Beginn des Rückzugs der USA aus dem INF-Vertrag bekannt gab.
Das russische Verteidigungsministerium erklärte jedoch im Februar, dass die USA schon seit 2017 eine Produktionsstätte des Rüstungsherstellers Raytheon mit der Absicht errichtet hätten, die gemäß dem INF-Vertrag verbotenen Waffen herzustellen. In diesem Zusammenhang soll Washington nur nach einer Ausrede gesucht haben, um den INF-Vertrag mit Moskau zu kündigen. Das INF-Abkommen verbot ab 1987 sowohl nukleare als auch konventionelle Boden-Boden-Raketen mit Reichweiten zwischen 500 und 5.500 Kilometern.