Sanktionen gegen Nord Stream 2: USA erhöhen Druck auf Bundesregierung

Nach einem Bericht des "Wall Street Journal" bereiten die USA Sanktionen gegen Nord Stream 2 vor. Damit dürfte sich die Kluft zwischen Washington und Berlin weiter vertiefen. Die Zahl der strittigen Themen zwischen beiden Ländern wächst beinahe täglich.

Die USA erhöhen in der Frage des im Bau befindlichen Pipelineprojekts Nord Stream 2 den Druck auf die Bundesregierung. Nach einem Bericht des Wall Street Journal bereitet die US-Regierung Sanktionen gegen beteiligte Unternehmen vor.

Die Zeitung zitiert einen US-Sicherheitsbeamten, der Präsident Donald Trump in der Frage berät, mit den Worten, dass Nord Stream 2 mit dem "militärischen Schutzschild der USA für Europa" unvereinbar sei:

Wenn Ihr wollt, dass wir Euch vor dem Biest beschützen, warum füttert Ihr es dann?

Deutsche Regierungsvertreter werden vom Wall Street Journal mit den Worten zitiert, dass Sanktionen als "Aggression gegen einen NATO-Partner" verstanden würden:

Sanktionen gegen die Pipeline würden eine Konfrontation nicht nur mit Deutschland bedeuten, sondern mit Europa. Wir werden alles Nötige tun, um diese Pipeline fertigzustellen.

Die sich abzeichnende Verschärfung im Streit um Nord Stream 2 dürfte die ohnehin wachsende Kluft zwischen den USA und Deutschland weiter vertiefen. Weitere Streitthemen sind die mit Androhungen von Strafzöllen verbundenen Forderungen der US-Seite nach einer Neugestaltung der Handelsbeziehungen, die Aufkündigung des Iran-Abkommens durch Washington und die immer aggressiver vorgetragenen Forderungen nach höheren deutschen Rüstungsausgaben.

Auch der kürzlich bekannt gewordene US-Plan, Länder, in denen US-Militär stationiert ist, für die Stationierung deutlich mehr bezahlen zu lassen, dürfte die Beziehungen nicht verbessern. Dazu kamen dieser Tage Drohungen Washingtons, Geheimdienstinformationen mit Deutschland nur noch eingeschränkt auszutauschen, sollte das chinesische Unternehmen Huawei beim Aufbau des 5G-Netzes zum Zuge kommen.

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Das Wall Street Journal zitiert US-Vertreter mit der Aussage, die Sanktionen könnten durch eine Ergänzung des "Countering America’s Adversaries Through Sanctions Act" zustande kommen. Sie würden auf Investoren und auf Unternehmen zielen, die an der Verlegung der Röhren beteiligt sind.

Nach Informationen der Zeitung würden US-Sanktionen Gazprom dazu veranlassen, die Anteile der westlichen Partner zu kaufen und das Projekt allein fertigzubauen. Nach Angaben von Gazprom seien die schwierigsten Abschnitte fertiggestellt. Gazprom könne Nord Stream 2 mit Verzögerung und höheren Kosten allein zu Ende bringen. Bei einem Ausscheiden der westlichen Investoren könnten russische Banken und eventuell ein chinesischer Finanzier einspringen.

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Nord Stream 2 stellt schon seit längerem ein Streitthema zwischen den USA und Deutschland dar. Bei ihrem Besuch in Washington vor einem Jahr hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel mit ihren Beratern darin übereingestimmt, das Thema bei den anstehenden Gespräch zu meiden. Dies gelang nicht. Kaum hatte sie bei Trump Platz genommen, fuhr dieser sie an: "Angela, Du musst aufhören, bei Putin Gas zu kaufen!"

Richard Grenell, US-Botschafter in Deutschland, hatte bereits im Januar dieses Jahres mit Sanktionen gedroht und den am Projekt beteiligten Firmen entsprechende Briefe geschrieben. Trotz dieser Drohungen ist die Bundesregierung beim Thema Nord Stream 2 erstaunlich standfest geblieben. In ihrer Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar verteidigte Merkel das Projekt noch einmal:

Ein russisches Gasmolekül bleibt ein russisches Gasmolekül – egal, ob es über die Ukraine kommt oder ob es über die Ostsee kommt. Das heißt, die Frage, wie abhängig wir von russischem Gas sind, kann durch die Frage, durch welche Pipeline es fließt, nicht geklärt werden (...).

Wollen wir Russland nur noch in die Abhängigkeit oder in die Erdgasabnahme von China bringen? Ist das unser europäisches Interesse? Das finde ich auch nicht. Wir wollen auch ein bisschen an den Handelsbeziehungen teilhaben.

Die Mehrzahl der Deutschen weiß Merkel in dieser Frage auf ihrer Seite. Laut einer Forsa-Umfrage vom Januar halten 73 Prozent der Bundesbürger die Pipeline für richtig, 16 Prozent für falsch. Die Drohungen der USA, mit Sanktionen gegen die beteiligten Firmen vorzugehen, empfanden 77 Prozent der Befragten als Erpressung.

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