Da das britische Außenministerium und die von der NATO unterstützte Organisation immer noch von früheren Lecks betroffen sind, deren Authentizität sie nicht zu widerlegen versucht haben, wurde die fünfte Tranche der internen Kommunikation diese Woche unter dem Namen der Gruppe Anonymous auf einen öffentlichen Server hochgeladen.
Wie bisher mischt sich die in London ansässige Gruppe heimlich in verschiedene Bereiche des zivilen Lebens ein, um ihre versteckten Ziele zu erreichen. Das geht über die mediale Beeinflussung der Öffentlichkeit weit hinaus, wie die neuesten Leaks zeigen.
Top-Geschäftsführer auf der Patriotenliste
Das Netzwerk der Integrity Initiative aus loyalen Journalisten und Wissenschaftlern wurde bereits aufgedeckt, aber "Sprechnotizen" für eine Rede, die ihr Direktor Daniel Lafayeedney im Sommer 2018 in Israel hielt, zeigen, dass der Umfang der Rekrutierung von Nachrichtenmaterial viel größer ist.
Darüber hinaus widersprechen seine Worte den halbherzigen Behauptungen der Gruppe, dass es sich nicht um einen Zweig des militärischen Geheimdienstes mit einem anderen Namen handelt, sondern einfach um eine öffentliche Organisation, die russische Desinformation bekämpft.
"Wir haben die Schaffung von speziellen Armeereserveeinheiten (z.B. 77 Bde und SGMI – Specialist Group Military Intelligence) unterstützt, mit denen wir nun eine enge, informelle Beziehung haben", heißt es im Dokument.
"Diese bringen als Reservisten mit Sonderstatus Personen ein, die sehr erfahrene zivile Experten in einem relevanten Bereich sind, wie z.B. Hedgefonds-Manager, leitende Banker, Leiter von Lobbyunternehmen etc., d.h. Menschen, die sich die Armee nie leisten konnte einzustellen, die aber ihre Zeit und ihr Fachwissen als Patrioten zur Verfügung stellen."
An anderer Stelle rühmt sich Lafayeedney, der die Integrity Initiative nicht nur als "Thinktank", sondern auch als "Do-Tank" bezeichnet, dass ihre Arbeit "sehr vertraulich ist, da wir sie in die höchsten Ebenen des MOD [Verteidigungsministeriums] und der Streitkräfte einbringen".
Zu den Dutzenden von "Patrioten", die in der Liste aufgeführt sind, gehören Ian Cohen, Managing Director bei HSBC Global Asset Management, Phil Jolley, "Executive Partner bei IBM und der britische National Lead on 'Blockchain' technologies", und Start-up-Beraterin Ren Kapur MBE (Member of the British Empire), deren Mission innerhalb des Projekts darin besteht, "NGOs in Bezug auf Budgetierung, Gesetzeskonformität und eine Reihe von Fragen, die sie erfüllen müssen, um legal zu bleiben und finanziell zu überleben", zu beraten und auszubilden.
Untersuchung "russischer Fördernehmer"
Ein Dokument namens "Finding the money" beschreibt den offensichtlichen Plan, Organisationen im Westen "anzugreifen", die Empfänger von Mitteln aus Russland waren, auch wenn sie in keiner Weise gegen das Gesetz verstoßen haben.
"Wenn wir ein wahrscheinliches Ziel identifizieren können (z.B. eine Universität mit einer Anti-Fracking-Agenda), werden sie dies als akademische Übung, als Experiment durchführen. Das Verhalten einer Organisation kann helfen, sie als geeignetes Ziel für die Untersuchung zu identifizieren. Universitäten können manchmal sehr undurchsichtig in Bezug auf ihre Finanzierung sein", heißt es im Dokument, das anscheinend aus einer Diskussion mit dem oben genannten Ian Cohen und Perry Fawcett, einer prominenten Führungskraft, die ebenfalls auf der "Patriotenliste" steht, entstanden ist.
"Das Geld, das aus russischen Unternehmen kommt, wird wahrscheinlich über eine Blue-Chip-Firma [großes und umsatzstarkes Unternehmen] sein Ziel erreichen. Schauen Sie sich an, welche russischen Firmen Anteile an welchen britischen Unternehmen haben. Schauen Sie sich auch z.B. an, dass Russland den Hafen in Herzogowina kauft; das Potenzial, dass er zu einer Marinebasis wird", heißt es im Dokument.
Die Autoren selbst scheinen sich vor den ethischen und rechtlichen Folgen eines Angriffs auf legitime Institutionen in Acht zu nehmen und ihre Arbeit auf wenig mehr als unbefugtes Ermitteln zu gründen.
"Die größte Gefahr besteht darin, die Antwort an die Frage anzupassen, d.h. zu finden, wonach Sie suchen, wenn es eigentlich gar nicht da ist. Das würde unserem Ruf schaden", so das Dokument, als ob deren bloße Existenz nicht schon Anklage gegen die Integrity Initiative wäre.
Ernsthafte Diskussion über den Post-Nuklearkonflikt mit Russland
Es ist nicht von Natur aus moralisch zweifelhaft, mögliche Konfliktszenarien zu analysieren. Aber die Notizen, die aus einem scheinbar hochkarätigen "gemeinsamen Workshop" für das Institute for Statecraft (die Dachorganisation der Integrity Initiative und des Centers for Naval Analyses – der führende militärische Thinktank mit Verbindungen zum Pentagon) entstanden sind, zeigen die Bereitschaft, über einen möglichen vollständigen Atomkrieg mit Russland nachzudenken, der selbst für Veteranen des Kalten Krieges haarsträubend wäre.
Einer der alarmierendsten Aspekte ist die scheinbare Übertreibung der feindlichen Absicht Russlands in dieser Blase. Der Wille zu glauben, dass dein Feind dich zerstören will, rechtfertigt fast jede Handlung der eigenen Seite und führt zu einer gegenseitigen Eskalation des Misstrauens.
Die Realität der russischen Nukleardoktrin ist, dass sie nicht nachgeben werden. Insbesondere nach den hohen Investitionen Russlands und angesichts der Tatsache, wie viel russisches Kernkapital in nukleare Fähigkeiten gebunden ist", lautet die Einschätzung der Moskauer Atompolitik, die nach den russischen Sapad-Übungen 2017 formuliert wurde, die zu Angstschüben im Westen geführt haben.
Der abschreckendste Teil der Bewertung ist nicht nur die offensichtliche Bereitschaft, die eigenen Massenvernichtungswaffen einzusetzen, sondern auch der logische Sprung zum Kampf nach dem Atomkrieg.
"Kriegsspiele beginnen normalerweise damit, dass Russland kurz davor steht oder eine Atomwaffe benutzt. Wir müssen darüber nachdenken, wie Russland nach dem Einsatz einer Atomwaffe reagiert", fährt er fort.
Eine vernünftigere Stimme hätte antworten können, dass es wenig ausmachen würde, denn zu diesem Zeitpunkt wären die meisten Menschen in Washington, London und Moskau bereits tot. Sind sie wirklich bereit, über die gegenseitige Zerstörung nachzudenken, um den Kreml zu besiegen?
Unwissenden Muslimen muss beigebracht werden, die NATO zu "schätzen"
Hier ist das Problem, wie der Autor eines Hintergrundpapiers aus dem Projekt "Why NATO matters" beschreibt.
"Das Engagement der NATO in mehrheitlich muslimischen Ländern wie Afghanistan, Irak, Syrien wird von der überwiegenden Mehrheit der Muslime als einfache Feindseligkeit der NATO gegenüber dem Islam und den Muslimen an sich interpretiert", sagt der Autor und führt diese Bedenken teilweise auf "Unwissenheit" zurück.
Stattdessen sollten Muslime, insbesondere junge Vertreter der ethnischen Minderheiten Großbritanniens, die bereits als "problematisch" gelten, über "die NATO als internationales Interventionsorgan informiert werden, das sich für die Prävention von Kriegen und Konflikten einsetzt und eine wichtige Rolle in der Mediation und für einen dauerhaften Frieden spielt".
Die Lösung: Einflussnahme bei "Führungskräften der Gemeinden und vertrauenswürdigen Jugendarbeitern" und Sponsoring einer Reihe von vermeintlich offenen Workshops in ganz Großbritannien, die Themen vom Scharia-Recht bis zu akzeptablen Kleiderordnungen behandeln, aber im Wesentlichen darauf abzielen, die "Spannungen, die Ängste, das Misstrauen und den Hass" auf das Militärbündnis zu entschärfen. Ausgewählte muslimische Wissenschaftler und Verantwortungsträger sollen auch in den "safe space" des NATO-Hauptquartiers in Brüssel gebracht werden.
"Die Menschen werden ermutigt, mit ihren Freunden und Familien über ihr Verständnis der Rolle der NATO in globalen Konflikten zu sprechen, einschließlich humanitärer Hilfe in Naturkatastrophengebieten", erklärt der Autor.
Das Papier deutet darauf hin, dass die Einflussnahme bereits im Gange ist, fordert aber die Schaffung eines "gut ausgestatteten Programms", das eine "langfristige Wertschätzung der NATO" bewirken soll.
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