Trump sei zunehmend frustriert über die Pattsituation, die sich in Afghanistan ergeben habe, und dränge in den letzten Wochen auf das Ende der 17-jährigen US-Kampagne in dem Land, berichtete der Sender ABC News, der sich auf einen US-Amtsträger beruft.
"Was machen wir da? Wir sind all die Jahre dort gewesen", soll Trump laut Reuters einem Verbündeten bei einer Sitzung am Mittwoch erklärt haben. Am selben Tag soll Trump mit seinem scheidenden Verteidigungsminister Jim Mattis, Außenminister Mike Pompeo und seinem eher militaristisch denkenden Nationalen Sicherheitsberater John Bolton über einen möglichen Abzug oder eine erhebliche Reduzierung der US-Truppen gesprochen haben.
Der Oberbefehlshaber hat jedoch laut ABC keine Unterstützer für seinen Rückzugsplan gefunden. Stunden, bevor in den US-Medien über die Beratungen berichtet wurden, gab Mattis sein Rücktrittsersuch ab und verwies auf Meinungsverschiedenheiten mit dem Präsidenten.
Es gab widersprüchliche Berichte darüber, wann ein möglicher Rückzug stattfinden könnte.
Während ABC News unter Berufung auf einen US-Beamten berichtete, dass die Truppen das vom Krieg zerrüttete Land "in den kommenden Wochen" verlassen könnten, sprach NBC News unter Berufung auf zwei andere Verteidigungsbeamte davon, dass noch keine konkrete Entscheidung getroffen worden sei und dass das Pentagon seinen Bericht dazu wahrscheinlich "kurz nach Neujahr" präsentieren würde.
Die Berichte erfolgen zu einer Zeit, in der ein Teil der amerikanischen Öffentlichkeit und sogar Trumps Verbündete in der Republikanischen Partei nicht gerade erfreut über seine Entscheidung sind, etwa 2.000 amerikanische Truppen aus Syrien abzuziehen, nachdem er dort den "Sieg" über den sogenannten Islamischen Staat erklärt hatte.
Der mögliche Rückzug aus dem amerikanischen "Krieg gegen den Terror" in Afghanistan, der sich seit 2001 hinzieht, hat ausdrückliches wie auch vorsichtiges Lob von einigen Personen hervorgerufen, die üblicherweise als Gegner Trumps gelten, wie Hillary Clintons ehemaliger außenpolitischer Sprecher Jesse Lehrich, der den Schritt gleich als "viel weniger dumm" bezeichnete als etwa den, die 2.000 Soldaten aus Syrien abzuziehen.
Einer von Trumps lautesten Kritikern, der demokratische Repräsentant Ted Lieu, gab Trump einen seltenen Daumen-nach-oben und twitterte: "Es ist mir egal, wer der Präsident ist; wenn @POTUS aus endlosen Kriegen aussteigt, werde ich diese Aktion unterstützen."
Durch die scheinbare Abkehr vom jahrelangen Kurs der militaristischen US-Politik riskiert Trump, viele seiner unerschütterlichen Verbündeten zu entfremden bzw. zu verlieren, die durch seine jüngsten Entscheidungen verblüfft sind.
Senator Lindsey Graham, der mit Trump über den Abzug aus Syrien stritt, warnte, dass ein abrupter Rückzug "eine Hochrisikostrategie" sei, die den Weg zu "einem zweiten 9/11" ebnen könnte.
Die Gerüchte über einen bevorstehenden Rückzug aus Afghanistan erfolgen kurz nachdem General Joseph F. Dunford, Vorsitzender der "Joint Chiefs of Staff", davor gewarnt hatte, dass ein weiterer Angriff auf das amerikanische Volk im Ausmaß von jenem am 11. September 2001 möglich wäre, wenn die US-Streitkräfte Afghanistan verlassen würden.
Der General erklärte, die US-Truppen seien unerlässlich, um die Taliban einzudämmen, von denen angenommen wird, dass sie 44 Prozent des Territoriums des Landes kontrollieren oder dort zumindest präsent sind.
Über 2.400 US-Soldaten wurden in Afghanistan getötet, eine Zahl, die mit der Zahl der Todesopfer bei den Anschlägen vom 11. September 2001 vergleichbar ist.
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