Am Dienstag sorgte der britische Guardian mit einem Bericht für internationales Aufsehen, laut dem sich der US-Lobbyist und Politikberater Paul Manafort insgeheim mehrfach mit Julian Assange in der ecuadorianischen Botschaft in London getroffen hat, wo der WikiLeaks-Gründer seit über sechs Jahren festsitzt. Zu Treffen soll es in den Jahren 2013, 2015 sowie im Frühling 2016 gekommen sein.
Manafort war zwischen März und August 2016 Wahlkampfmanager von US-Präsident Donald Trump. Er trat von diesem Posten zurück, nachdem bekannt wurde, dass er zwischen 2007 und 2012 auf illegalem Weg Millionengelder von der Partei der Regionen des damaligen ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowytsch erhalten hatte, für die der Lobbyist als Berater tätig war.
Der US-Sonderermittler Robert Mueller, der damit beauftragt wurde, "jegliche Verbindung und/oder Koordination zwischen der russischen Regierung und Personen, die mit dem Wahlkampfteam von Präsident Donald Trump in Verbindung stehen", zu untersuchen, nahm auch Manafort ins Visier.
Daraus folgte eine Anklage wegen Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten und des Verdachts der Geldwäsche. Im August 2018 wurde der 69-Jährige schließlich von den Geschworenen eines Gerichts der Steuerhinterziehung und des Bankbetrugs schuldig gesprochen – die Höhe des Strafmaßes ist noch offen, da das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Doch mit der sogenannten Russland-Affäre des US-Präsidenten hatte das Urteil nichts zu tun, auch wenn sich das Verfahren aus den Mueller-Untersuchungen ergab.
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In den Augen der Trump-Gegner würde ein Treffen zwischen Manafort und Assange dem Sonderermittler endlich etwas Handfestes in Sachen "Russland-Affäre" liefern. Verbirgt sich doch in ihren Augen hinter WikiLeaks der lange Arm Moskaus. Ein Großteil des medialen und politischen Establishments in den USA hält die Plattform für – so formulierte Hillary Clinton – "eine Filiale des russischen Geheimdienstes".
Clinton kann WikiLeaks offenbar nicht verzeihen, dass die Enthüllungsplattform während des Wahlkampfs interne E-Mails der Demokraten veröffentlichte, die ihr intrigantes innerparteiliches Vorgehen offenlegten. Demokraten und US-Geheimdienste behaupten, russische Hacker hätten die E-Mails auf Geheiß des Kreml erbeutet und an WikiLeaks weitergegeben. Beweise konnten sie dafür aber nicht vorlegen. Laut der Enthüllungsplattform stammen die E-Mails von einem Whistleblower aus den Reihen der Partei.
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Dass sich Manafort und der WikiLeaks-Gründer in der ecuadorianischen Botschaft getroffen haben, wird von beiden Seiten nicht nur bestritten: Manafort und Assange kündigten an, mit juristischen Mitteln gegen den Guardian-Bericht vorzugehen. WikiLeaks bot gar eine Wette in Höhe von einer Million US-Dollar an, dass der Bericht falsch ist.
Die Plattform hatte außerdem darauf aufmerksam gemacht, dass die britische Zeitung ihrem Bericht im Nachhinein einige Worte wie "laut Quellen" und "offenbar" hinzufügte – ein Anzeichen dafür, dass man sich ob des Tatsachengehalts des eigenen Artikels nicht mehr so sicher war.
Platzpatronen: Medien verwenden Bericht als Munition gegen Trump
Ungeachtet dessen griffen viele US-Medien den Bericht auf, um ihn als Munition gegen Trump zu verwenden. Das Treffen zwischen Assange und Manafort sei ein "Desaster für Trump", titelte am Mittwoch exemplarisch The Week. Das Magazin führte aus:
Der Guardian-Bericht entkräftet das Argument, das vor allem von konservativen Experten vertreten wird, wonach Manafort eine Art Ablenkungsmanöver und seine juristische Verfolgung lediglich ein Versuch der Mueller-Untersuchung sei, sicherzustellen, dass bei der Untersuchung auch Anklagen – egal welche – herauskommen. Doch Mueller hat Manafort höchstwahrscheinlich zu Recht von Anfang an im Visier gehabt. (…) So scheint es jetzt wahrscheinlich, dass Mueller Beweise dafür hat, dass hochrangige Persönlichkeiten aus der Trump-Kampagne aktiv mit dem russischen Geheimdienst und WikiLeaks zusammengearbeitet haben, um E-Mails mit dem Ziel zu stehlen und zu verbreiten, Hillary Clintons Präsidentschaftskandidatur zu schaden.
Doch die Trump-Gegner haben sich zu früh gefreut. Denn wie sich nun herausstellte, hat die britische Zeitung die Welt um eine Fake News bereichert. Wie RT Deutsch bereits berichtete, taucht Manafort in den Aufzeichnungen der ecuadorianischen Botschaft nicht auf.
Laut einem aktuellen Bericht der Washington Times befinden sich zudem in seinen Reisepässen keine Hinweise darauf, dass er zu den Zeiten, zu denen er sich mit Assange getroffen haben soll, überhaupt in London war.
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