In den letzten Wochen haben sich in mehreren Städten der Ukraine die Probleme mit der Wärmeversorgung verschärft. Ab dem 1. November sind die neuen Gaspreise für die Bevölkerung in Kraft getreten. Diese verzeichnen einen Anstieg von 23,5 Prozent. Diese starke Erhöhung des Gaspreises war laut ukrainischen Regierungskreisen eine der Bedingungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) für die Auszahlung weiterer "Hilfsgelder" an Kiew. Dabei soll diese Steigerung nicht die letzte sein. Den Bewohnern des Landes wurde bereits angekündigt, dass im Frühling eine weitere erfolgen wird.
Mehr als zehn Städte ohne warmes Wasser
Im Ergebis kam es bei den örtlichen Gasunternehmen zu großen Verschuldungen gegenüber dem staatlichen Energieunternehmen Naftohas, was dazu führte, dass dieses ihnen den Gashahn zudrehte und in vielen Orten die Heizung und das heiße Wasser abgestellt wurde.
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Medienberichten zufolge sind schon mehr als zehn ukrainische Städte betroffen, wobei einige ukrainische Blogger, unter denen auch die Oppositionelle Politikerin Elena Bondarenko ist, sogar von 22 Städten sprechen, in denen die Heizungen abgestellt worden seien.
In der Stadt Krywyj Rih, in der ungefähr der Hälfte der 630.000 Einwohner das warme Wasser abgestellt wurde, blieben laut Ria Nowosti 78 Schulen, 75 Kindergärten, 22 Krankenhäuser, mehr als zweitausend mehrstöckige Häuser und sogar Einrichtungen der Armee ohne Wärmeversorgung.
Am Morgen des 12. November drangen Menschen ins Gebäude des örtlichen Gasheizunternehmens Kryvorizhhaz ein und forderten die Wiederherstellung der Wärmeversorgung. Die Führung des Unternehmens versuchte, mit ihnen in Verhandlung zu treten, was allerdings fehlschlug und vielmehr dazu führte, dass fünf der sechs Kesselhallen der Firma besetzt wurden. Die verärgerten Bürger sollen selbstständig versucht haben, die Heizkessel zum Laufen zu bringen.
Die aufgebrachte Menschenmenge versammelte sich am Gebäude des Unternehmens, zündete Autoreifen an, errichtete Barrikaden und behinderte die angerückte Feuerwehr dabei, die Feuer zu löschen. Später gelang es der Führung von Kryvorizhhaz jedoch, eine Übereinkunft mit den Protestierenden zu erreichen und die Arbeit des Notdienstes der Heizfirma wieder aufzunehmen.
In der Stadt Smila im Gebiet Tscherkassk, in der 68.000 Menschen leben, wurde aufgrund des fehlenden warmen Wassers der Notstand ausgerufen. Die Menschen haben, um ihrer Forderung nach der Wiederherstellung der Beheizung Nachdruck zu verleihen, damit begonnen, Straßenbarrikaden zu errichten.
Opposition nutzt Situation aus
Oppositionelle ukrainische Politiker und Parteien geben die Schuld an der Situation der Regierung und fordern von Präsident Poroschenko, dass er die Situation löst.
Julija Tymoschenko, die heute als die größte Konkurrentin des amtierenden Präsidenten bei der nächsten Präsidentschaftswahl gilt, beschrieb die Situation als Terror gegen die ukrainische Bevölkerung. Laut der Pressestelle ihrer Partei Batkiwschtschyna (zu Deutsch: Vaterland) soll die Politikerin erklärt haben:
Das, was heute mit dem Leben der Menschen gemacht wird, ist Terror durch Kälte. Das ist eine Schikane durch Nullrenten und nicht ausgezahlte Gehälter. […] Die Gasvorkommen, die einst dem Staat gehörten, gelangten zur Zeit von Janukowytsch in private Hände und durch Schmiergelder in die Umgebung von Poroschenko. Sie [die Personen, die Poroschenko umgeben] legen heute mittels ihres Einflusses auf die Machthaber und ihres Besitzes unserer natürlichen Gasvorkommen überhöhte Gaspreise fest. Die Menschen sind nicht in der Lage, einen solchen Preis zu zahlen. Man hat den Menschen das Recht auf Wärme aberkannt.
Auch der Chef der Radikalen Partei, Oleh Ljaschko, forderte von der Führung des Landes, das Heizproblem zu lösen:
Geben Sie den Menschen sofort den Zugang zum Gas, lassen Sie die Wärme in die Wohnungen! Die Menschen sollen keine Geiseln der amateurhaften und unmoralischen Handlungen der Behörden sein. Nur weil Sie warme Heizkörper in Ihren präsidentiellen und premierministeriellen Kabinetten haben, sollen die [einfachen] Menschen nicht frieren!
Knapp dem Bankrott entkommen
Zu dieser Situation kam es, weil der ukrainische Staat den Gas- und Heizpreis für die Bevölkerung noch viele Jahre subventionierte, obwohl das bereits den Forderungen des IWF widersprach. Im September kamen maßgebliche Vertreter der Organisation nach Kiew, um dem Premier des Landes, Wolodymyr Hrojsman, klar zu machen, dass die Ukraine keine weiteren Zahlungen vom Währungsfonds erhalten wird, wenn sie die Gaspreise nicht auf die Höhe des Marktwertes anhebt.
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In den nächsten Jahren muss Kiew gemäß seinen Schuldscheinen fast 33 Milliarden US-Dollar zurückzahlen, obwohl das Land gar nicht in der Lage ist, selbständig soviel Geld zu erwirtschaften. Experten sagen, dass Hrojsman sich im Klaren darüber sei, dass sich der ukrainische Staat an der Schwelle zum Bankrott befindet. Daher habe er sich entschieden, die Kosten-Situation durch eine weitere Überweisung vom Internationalen Währungsfonds weiter zu beherrschen. Dafür musste er aber die Subventionierung der Gaspreise für die Bevölkerung stoppen und die Preise um 23,5 Prozent in diesem Jahr erhöhen. So soll der Brennstoff innerhalb von zwei Jahren um insgesamt 60 Prozent teurer werden.