Bereits unmittelbar nachdem die USA im Mai das internationale Nuklearabkommen aus dem Jahr 2015, den Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA), auf unilateraler Basis aufgekündigt hatten, stellte US-Präsident Donald Trump die Wiedereinführung anti-iranischer Sanktionen seitens der Vereinigten Staaten in Aussicht. Wie das Weiße Haus die Weltöffentlichkeit nun wissen ließ, habe Trump mit dem Ausstieg aus dem Iran-Deal "seine höchste Pflicht erfüllt: die Sicherheit der Amerikaner zu schützen".
Am Dienstag ließ die US-Regierung ihrer Ankündigung nun um 6.00 Uhr (MEZ; 0 Uhr Ortszeit US-Ostküste) Taten folgen. Einlassungen Trumps zufolge sei das Ziel des neuen Sanktionsregimes, "maximalen wirtschaftlichen Druck" auf das wirtschaftlich zuletzt stark angeschlagene Land auszuüben. Das Weiße Haus zitierte Trump mit den Worten:
Unsere Politik basiert auf einer klaren Einschätzung der iranischen Diktatur, ihrer Förderung des Terrorismus und ihrer fortgesetzten Aggression im Mittleren Osten und überall auf der Welt.
Entweder Geschäfte mit dem Iran - oder mit den USA
Mit der Wiedereinführung der Sanktionen beende die Trump-Regierung "effektiv die Teilnahme der Vereinigten Staaten am Nuklearabkommen".
Trump selbst äußerte sich via Twitter ebenfalls zur neuen Sachlage:
Die Iran-Sanktionen sind offiziell in Geltung gesetzt worden. Das sind die schärfsten Sanktionen, die jemals verhängt wurden, und im November werden sie ein neues Niveau erreichen. Wer mit dem Iran Geschäfte macht, wird NICHT mit den Vereinigten Staaten Geschäfte machen. Ich bitte um WELTFRIEDEN, nicht weniger!
Die Sanktionen zielen demnach auf den Kauf oder Erwerb von US-Banknoten durch die iranische Regierung ab. Betroffen sind auch der Handel mit Gold und anderen Edelmetallen, Graphit, Aluminium, Stahl, Kohle und Software für den Gebrauch in industriellen Prozessen, Finanztransaktionen in der Landeswährung Rial, Aktivitäten im Zusammenhang mit der Emission von Staatsanleihen durch den Iran sowie der iranische Automobilsektor.
Am 5. November sollen dann weitere Sanktionen eingeführt oder wieder inkraftgesetzt werden, die sich auf Irans Hafenbetreiber, auf Energie-, Schifffahrts- und Schiffbauindustrie, auf iranische Erdölgeschäfte und Geschäfte ausländischer Finanzinstitute mit der iranischen Zentralbank beziehen. Des Weiteren werde die US-Regierung auch "Hunderte von Personen, Organisationen, Schiffen und Flugzeugen, die zuvor auf Sanktionslisten gestanden hatten, wieder dorthin eintragen".
Trumps Gesprächsangebot ohne Vorbedingungen abgelehnt
Die US-Regierung weiß davon zu berichten, dass "das iranische Regime das globale Finanzsystem ausgebeutet" habe, um "seine bösartigen Aktivitäten zu finanzieren". Bereits kurz vor dem Inkrafttreten der einseitig ausgerufenen und global wirksamen US-Sanktionen warf der iranische Präsident Hassan Rohani demgegenüber der Trump-Regierung "psychologische Kriegsführung" vor und bezog sich dabei auf das unerwartete Gesprächsangebot, das US-Präsident Trump letzte Woche ins Spiel gebracht hatte.
Es ist gut für das Land, gut für sie, gut für uns und gut für die Welt. Keine Vorbedingungen. Wenn sie sich treffen wollen, werde ich mich mit ihnen treffen", hatte Trump erklärt.
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Rohani zeigte sich derweil davon überzeugt, dass es sich bei dem Angebot um einen Schachzug gehandelt habe, um die inner-iranischen Spannungen zu erhöhen.
Trumps Forderung nach direkten Gesprächen dient nur dem inländischen Konsum in Amerika und der Schaffung von Spaltung im Iran. Sie wollen einen psychologischen Krieg gegen die iranische Nation führen", gab Rohani die Einschätzung der iranischen Regierung wieder.
Rohani äußerte sich auch zum eigenwilligen Stil Washingtons, ein solches Gesprächsangebot zu unterbreiten:
Wir sind immer für Diplomatie und Gespräche. Aber Gespräche brauchen Ehrlichkeit. Die USA verhängen wieder Sanktionen gegen den Iran und ziehen sich aus dem Atomabkommen zurück und wollen dann Gespräche mit uns führen. Verhandlungen mit Sanktionen machen keinen Sinn. Sie verhängen Sanktionen gegen iranische Kinder, Patienten und die Nation.
Iran setzt auf Europa
Nimmt Rohani das Angebot Trumps dennoch an, spielt er radikaleren Kräften im eigenen Land in die Hände, die sich durch den einseitigen Ausstieg der Vereinigten Staaten aus dem Nuklearabkommen und die neuen Sanktionen in ihrem Misstrauen gegenüber Washington bestätigt sehen. Lehnt Rohani das Gespräch mit Trump ab, schließt sich die diplomatische Tür hingegen vielleicht auf unabsehbare Zeit und die Befürworter radikaleren Drucks auf den Iran in Washington sehen sich darin bestätigt, dass der Iran keine Gespräche führen wolle.
"Iranische Offizielle und Kommandeure des Militärs", heißt es bei Reuters, lehnten das Gesprächsangebot des US-Präsidenten als "wertlos" und einen "Traum" ab. Demnach würden die Worte Trumps dessen Handlungen widersprechen. Auf der anderen Seite hatte Trumps Sicherheitsberater Bolton Anfang August gesagt:
Wenn der Iran es wirklich ernst meint, dann kommen sie an den [Verhandlungs-] Tisch. Wir werden es herausfinden.
Die nunmehr in Kraft getretenen US-Sanktionen erstrecken sich derweil auch auf Unternehmen aus Drittstaaten, die im Iran tätig sind. Unternehmen wie Total, Renault und Peugeot, aber auch Adidas haben sich bereits dem Druck aus Übersee gebeugt.
Nach Ansicht Rohanis sei es Washington jedoch nicht gelungen, zu erreichen, dass auch dessen transatlantische Partner sich den US-Sanktionen anschließen und damit hülfen, "deren unilateralen Charakter [zu] kaschieren".
Auch heute noch, da wieder Sanktionen von den Vereinigten Staaten verhängt wurden, hat sich Europa gegen Amerika gestellt. Und das, während Europa immer ein Verbündeter von Amerika war," sagte der iranische Präsident.
Als Reaktion auf die nun offiziellen US-Sanktionen tritt am Dienstag demnach auf EU-Ebene eine "Blocking-Verordnung" in Kraft, die Klagen der USA gegen europäische Firmen im Zusammenhang mit dem Iran aushebeln soll.
Unternehmen ziehen sich trotz EU-Bemühungen aus dem Iran zurück
In einer gemeinsamen Erklärung der EU-Außenministerin Federica Mogherini und der Außenminister Frankreichs, Deutschlands und Großbritanniens heißt es, dass das Atomabkommen "entscheidend für die globale Sicherheit" sei.
"Wir sind entschlossen, die europäischen Wirtschaftsakteure, die legitime Geschäfte mit dem Iran tätigen, gemäß dem EU-Recht und der Resolution 2231 des UN-Sicherheitsrates zu schützen", heißt es in der Presseerklärung der Europäischen Kommission. Weiter heißt es darin:
Da nun die erste Runde der reaktivierten US-Sanktionen gegenüber Iran wirksam wird, tritt am 7. August die aktualisierte Blocking-Verordnung der EU in Kraft, um die Auswirkungen auf die Interessen der EU-Unternehmen, die rechtmäßig Geschäfte mit Iran treiben, abzumildern.
So soll es von nun an in der EU ansässigen Personen und Unternehmen verboten sein, die gegen Iran gerichteten amerikanischen Sanktionen zu befolgen. Das Regelwerk soll zudem eine rechtliche Grundlage für Schadenersatzforderungen europäischer Unternehmen bieten, sollten diese durch die US-Sanktionen in Mitleidenschaft gezogen werden. Bundesaußenminister Heiko Maas zeigte sich überzeugt:
Wir sind entschlossen, europäische Unternehmen, die legitimerweise im Iran tätig sind, zu schützen. Wir werden intensiv dafür arbeiten, dass wirtschaftlicher Austausch und Handel möglich bleibt.
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Derweil wurde bekannt, dass sich nun auch der Automobilkonzern Daimler aus dem Iran zurückzieht. Die "ohnehin eingeschränkten Aktivitäten" seien demzufolge "bis auf weiteres eingestellt" worden.
Laut dem Stuttgarter Konzern haben sich "die iranische Wirtschaft und damit die Automobilmärkte […] deutlich schwächer entwickelt als erwartet. Wir beobachten die politischen Entwicklungen insbesondere in Bezug auf die Zukunft des Nuklearabkommens weiterhin genau".
Nach Ansicht der Europäischen Kommission handelt es sich bei der "Aufhebung der Nuklearsanktionen, die eine Normalisierung der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen mit Iran ermöglicht", um einen elementaren Bestandteil des Nuklearabkommens.
Zugleich ist die Europäische Union auch entschlossen, an der Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten festzuhalten, die nach wie vor ein wichtiger Partner und Verbündeter sind", heißt es seitens der EU-Kommission.
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