Von Maria Müller
Am 11. März fanden in Kuba die Wahlen für das Staatsparlament und die Provinzparlamente statt. Das Datum war nicht zufällig gewählt. Es ist der 57. Jahrestag der US-amerikanischen Invasion in der Schweinebucht, der Tag der ersten Niederlage der USA in Lateinamerika.
Von den rund acht Millionen zugelassenen Wählern beteiligten sich 85,65 Prozent an dem Urnengang. Die Mehrheit der neuen Abgeordneten sind Frauen. Damit nimmt Kuba den Platz 2 auf der Welt ein, hinter Ruanda und vor Bolivien, Nicaragua und der Schweiz.
"Es gibt hier überraschende Zahlen: 53 Prozent des Parlaments besteht aus Frauen, die höchste Zahl in der Geschichte Kubas. Frauen mit einer unglaublichen Kraft, Präsidentinnen von Institutionen, ja, sogar Ministerinnen", kommentierte Bárbara Betancourt Abreu, kubanische Journalistin und politische Analytikerin. Und weiter:
Unsere Wahlen sind ein wahrhaftes Massenphänomen: Man vergleiche die hiesigen 85 Prozent mit der Wahlbeteiligung in Kolumbien: Dort waren es nur 46 Prozent.
Für die Kubaner ist der Urnengang eine Demonstration der Einheit, mit der sie ihre Unabhängigkeit gegenüber der Welt verteidigen. Eine so hohe Stimmabgabe stellt ein eindeutiges Votum für das kubanische Gesellschaftssystem dar.
Auch die Jugend legte Hand an
Die meisten Stimmen für einen Abgeordnetensitz erhielt Mercedes López de Acea mit 91,36 Prozent. Sie ist erste Vorsitzende der kommunistischen Partei in Havanna, Mitglied des Politbüros der Partei und Vizepräsidentin des Staatsrates. Sie gehört zur jüngeren Generation und wird sicherlich in der kommenden Regierung eine bedeutende Rolle spielen.
Auch die kubanische Jugend beteiligte sich aktiv an diesem Prozess. Der Anteil der 18 bis 35-Jährigen liegt in den Parlamenten bei 13 Prozent, während das Durchschnittsalter der Kandidaten 49 Jahre beträgt. Die Jugend unterstützte die Abstimmung mit freiwilligen Hilfsdiensten allerortens, besonders im Informatikbereich, aber auch als landesweite Wahlbeobachter. Tausende von Studenten prüften in den Wahllokalen, ob die Wahlgesetze eingehalten werden.
Anders als bei den Kommunalwahlen im November vergangenen Jahres erhielten diesmal alle 605 Parlamentskandidaten die absolute Mehrheit. Rund 80 Prozent der Wähler stimmten für den gesamten Listenvorschlag, 19,5 Prozent hingegen strichen einen oder mehrere der Kandidaten. Die Stimmzettel waren zu 94,42 Prozent gültig, 4,32 Prozent waren nicht markiert und 1,26 Prozent ungültig. Alle 1.265 Vertreter der Provinzparlamente wurden gewählt. Bei den vorangegangenen Wahlen mussten sich diejenigen Kandidaten, die nicht die erforderliche Mehrheit erhalten hatten, einer zweiten Abstimmung stellen.
Im Parlament gelten Quotenregeln
Die Parlamente haben einen Quotenanteil von Vertretern der Gewerkschaft, der Frauenorganisation, der Studenten, der Religionen, von Künstlern, Sportlern und sozialen Gruppen sowie von Beschäftigten im Agrarbereich und in verschiedenen weiteren Berufszweigen. Dadurch sollen ihre Probleme und Forderungen aus erster Hand ins Parlament eingebracht werden können.
Weder beteiligen sich politische Parteien noch werden Wahlkampagnen finanziert. Die Grundlagen für die Auswahl der Kandidaten sind ihre Verdienste, ihre Befähigung und ihr Pflichtgefühl gegenüber dem Volk, sagte Raul Castro 2017.
In einem Artikel der offiziellen Tageszeitung Granma hieß es dieser Tage:
Niemand tauscht Versprechen für Stimmen, noch stellt jemand sich und seine Verdienste ins Rampenlicht, um Wähler zu gewinnen. Das ist die wirkliche und aussergewöhnliche Realität dessen, was wir mit Stolz sozialistische Demokratie nennen.
Das neue Parlament wählt die 31 Mitglieder des Staatsrates aus, der seinerseits am 19. April den nächsten Präsidenten wählt. Raul Castro hatte bereits im vergangenen Herbst angekündigt, sich zurückzuziehen. Er selbst hat in einem Dekret eine maximale Amtszeit von zehn Jahren für das Amt festgelegt. Allerdings wird er weiterhin an der Spitze der Kommunistischen Partei arbeiten.
Castros Nachfolger steht in den Startlöchern
Es ist ein offenes Geheimnis in Kuba, dass der Nachfolger von Raul Castro höchstwahrscheinlich Miguel Díaz Canel sein wird. Der 57-jährige frühere Universitätsprofessor war seit dem Jahr 2013 Vizepräsident des Staatsrates und des Ministerrates.
Er wird das Werk von Raul Castro fortsetzen, der in der Öffnungsphase gegenüber den USA auch einen erweiterten Freiraum für den Privatsektor und internationale Investitionsprojekte schuf. Doch die neuerliche agressive Politik von US-Präsident Donald Trump scheint eher wieder Schutzmaßnahmen zu provozieren. Die seit 50 Jahren andauernden Wirtschaftssanktionen der USA haben in Kuba Schäden in Höhe von über 820 Milliarden Dollar verursacht. Man kann sich eine blühende kubanische Wirtschaft vorstellen, wenn es die Sanktionen nicht gegeben hätte.
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