Frankreich: Sarkozys Festnahme und die Libyen-Connection

Ermittler befragen zurzeit Ex-Staatschef Nicolas Sarkozy in Nanterre bei Paris. Er soll seinen Wahlkampf vor elf Jahren auch mit Geld aus Libyen finanziert haben. Die Vorwürfe sind schon länger bekannt. Doch erst jetzt kommt es zu einer Vernehmung Sarkozys.

Der frühere französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy ist am Dienstag im Rahmen von Justizermittlungen in Polizeigewahrsam genommen worden. Es geht dabei um Vorwürfe, wonach für Sarkozys Wahlkampf 2007 Gelder aus Libyen geflossen sein sollen. Das bestätigte eine mit der Sache vertraute Person gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) am Dienstag in Paris. Zuvor hatten die französische Nachrichtenagentur AFP und französische Medien darüber berichtet.

Der bürgerlich-konservative Politiker werde in Nanterre bei Paris befragt. Offen blieb zunächst, wie lange die Anhörung dauern sollte. Nach ergänzenden Informationen von AFP befragten Ermittler auch den engen Sarkozy-Vertrauten und Ex-Minister Brice Hortefeux. Dieser wurde demnach aber nicht in Gewahrsam genommen.

Premierminister Édouard Philippe lehnte es in einem Interview ab, das Vorgehen der Justiz zu kommentieren. Er habe mit Sarkozy gelegentlich "schwierige Beziehungen" gehabt, sagte der ebenfalls aus dem konservativen Lager stammende Philippe dem Fernsehsender BFMTV.

Geschäftsmann will Ende 2006 fünf Millionen im Koffer überbracht haben

Die Vorwürfe der Libyen-Finanzierung stehen bereits seit Jahren im Raum. Im vergangenen Präsidentschaftswahlkampf 2016/2017 hatte Sarkozy jedwede Anschuldigungen in diesem Zusammenhang zurückgewiesen. Sarkozy war von 2007 bis 2012 Präsident gewesen, 2016 scheiterte ein Comebackversuch in den Vorwahlen.

Ein Geschäftsmann hatte in einem Interview dem Nachrichtenportal Mediapart gesagt, er habe Ende 2006 oder Anfang 2007 mehrere - von der libyschen Führung vorbereitete - Koffer mit insgesamt fünf Millionen Euro ins französische Innenministerium gebracht. Sarkozy war damals Innenminister.

Vorwürfe angeblicher Wahlkampfspenden des damaligen libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi an Sarkozy beschäftigen die französische Justiz seit Jahren. Die Pariser Staatsanwaltschaft hatte dazu erstmals im April 2013 ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. 

Wurde mit Choukri Ghanem ein Mitwisser beseitigt?

Am 19. März 2011 intervenierte Frankreich mit Unterstützung von NATO-Verbündeten militärisch in Libyen. Die Intervention führte zum Tod des libyschen Präsidenten am 20. Oktober 2011, als dieser in der Nähe von Sirte von libyschen Rebellen gefangen genommen und dann getötet wurde. Drei Tage vor Beginn der französischen Intervention warf Muammar Gaddafis Sohn, Saif al-Islam, Nicolas Sarkozy vor, Geld aus Libyen zur Finanzierung seiner Präsidentschaftskampagne 2007 erhalten zu haben.

Zuerst muss Sarkozy das Geld zurückgeben, das er aus Libyen angenommen hat, um seinen Wahlkampf zu finanzieren. Wir haben seine Kampagne finanziert, und wir haben Beweise dafür. Wir sind bereit, alles aufzudecken. Das Erste, was wir von diesem Clown verlangen, ist, das Geld dem libyschen Volk zurückzugeben", sagte er damals.

Der ehemalige libysche Premierminister und spätere Ölminister Choukri Ghanem wurde 2012 in der Donau ertrunken aufgefunden. In einem Notizheft, das ihm angeblich gehörte, vollzog er mindestens drei verschiedene Zahlungen von drei libyschen Persönlichkeiten für insgesamt 6,7 Millionen Euro nach, wie Mediapart berichtete. Das Notizbuch erwähnt auch ein Treffen, das am 29. April 2007 zwischen den Wahlgängen zur Präsidentenwahl stattfand und bei dem Nicolas Sarkozys Team angeblich besondere Ungeduld bezüglich der Auszahlung von Geldern zum Ausdruck brachte.

Der französische Geschäftsmann Alexandre Djouhri wurde am 7. Januar 2018 in London verhaftet. Als Finanzintermediär, der mit den französischen Rechtsvorschriften vertraut ist und Nicolas Sarkozy nahe steht, stand er im Mittelpunkt der 2013 in Paris eingeleiteten Untersuchung, doch bis dahin hatte er nicht auf die Vorladungen vonseiten der Ermittler reagiert.

(rt deutsch/dpa)