Der verurteilte Sexualstraftäter Jeffrey Epstein flog Anfang der 2000er-Jahre mindestens dreimal nach Russland, unter anderem in die fernöstliche Stadt Chabarowsk, wohin er mit dem ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton reiste. Dies geht aus Akten hervor, die vom US-Justizministerium veröffentlicht wurden.
Vergangene Woche stellte das Justizministerium Tausende von Dokumenten online. Grundlage dafür war der "Epstein Files Transparency Act" ‒ ein Gesetz, das US-Präsident Donald Trump im November unterzeichnet hatte und das die Behörde zur Veröffentlichung von Daten im Zusammenhang mit den strafrechtlichen Ermittlungen gegen Epstein und seine langjährige Vertraute Ghislaine Maxwell verpflichtet.
Laut Gerichtsakten einer Klage der Klägerin Virginia Giuffre zeigen Flugprotokolle, dass Epstein, Maxwell und seine Assistentin Sarah Kellen in den Jahren 2002 und 2003 drei Reisen nach Russland unternahmen – mit Epsteins privater Boeing 727.
Die bemerkenswerteste Reise fand im Mai 2002 statt. Nach einem Zwischenstopp in Nowosibirsk in Zentralrussland flog die Gruppe am 22. Mai nach Chabarowsk. Auf der Passagierliste standen unter anderem Bill Clinton, dessen Berater Doug Band und mehrere andere Personen. Die Gruppe reiste anschließend Berichten zufolge nach Shenzhen in China.
Eine weitere Reise von Epstein im November 2002 beinhaltete Zwischenstopps in Moskau und Sankt Petersburg. Vom US-Justizministerium veröffentlichte Fotos zeigen Epstein mit zwei unbekannten Frauen an bekannten Sehenswürdigkeiten der Städte.
Als Epstein 2016 zum Flug mit Clinton nach Chabarowsk vor Gericht befragt wurde, schwieg er und berief sich auf sein Recht zur Aussageverweigerung. Der ehemalige US-Präsident beteuert seit jeher, keine Kenntnis von Epsteins kriminellen Machenschaften gehabt zu haben und die Verbindungen zum Finanzier Jahre vor dessen Verhaftung abgebrochen zu haben.
Die Akten belegen zudem Geldtransfers von Epsteins Konten auf russische Banken zwischen 2008 und 2012 in Höhe von insgesamt über 10.000 US-Dollar, die an Frauen in Russland überwiesen wurden. Dies deckt sich mit einem umfassenderen Muster, das von den Aufsichtsbehörden festgestellt wurde. Diese verhängten 2020 eine Geldstrafe von 150 Millionen US-Dollar gegen die Deutsche Bank wegen Versäumnissen bei der Überwachung von Epsteins Transaktionen, darunter Zahlungen an russische Models und verdächtige Bargeldabhebungen in Höhe von über 800.000 US-Dollar.
Die Veröffentlichung erfolgt nach monatelangem politischen Druck und öffentlicher Empörung im Zusammenhang mit dem Fall Epstein. Der Bankier wurde 2008 wegen Sexualdelikten verurteilt und 2019 erneut wegen Menschenhandels mit Minderjährigen und der Leitung eines Sexrings mit Minderjährigen angeklagt. Zu einem Urteil kam es aber nicht mehr, da Epstein im August 2019 tot in seiner Zelle in einem New Yorker Gefängnis aufgefunden wurde. Nach offiziellen Angaben hat er Selbstmord verübt, woran jedoch viele Menschen zweifeln. US-Abgeordnete und Interessengruppen fordern seit Langem mehr Transparenz hinsichtlich der Ermittlungen im Zusammenhang mit Epsteins Netzwerk von Geschäftspartnern.
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