USA verteidigen russische Vermögenswerte in Europa im eigenen Interesse

Die USA üben Druck auf Europa aus, damit es seine Pläne zur Beschlagnahmung eingefrorener russischer Vermögenswerte aufgibt. Die Kontrolle über russische Gelder ist Europas letzter Trumpf in der Ukraine-Frage, aber die USA selbst wollen aus diesen Mitteln Gewinn ziehen.

Von Anastassia Kulikowa

Die USA versuchen, den Plan der Europäischen Kommission zur Enteignung der eingefrorenen Vermögenswerte Russlands in Europa zu blockieren. Zu diesem Zweck üben sie Einfluss auf einige EU-Länder aus. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg schreibt, wollen die USA, dass dieses Geld für die Herbeiführung des Friedens in der Ukraine verwendet wird und nicht für die Fortsetzung der Kampfhandlungen. Später könnten diese Mittel im Rahmen von Nachkriegsinvestitionen in der Ukraine unter der Kontrolle der USA verwendet werden.

Bloomberg behauptet, dass die führenden Länder der Europäischen Union eine "äußerst harte Haltung" einnehmen und es strikt ablehnen, die Kontrolle über eingefrorene russische Vermögenswerte an die USA zu übertragen. Ihr Hauptargument ist, dass sich der größte Teil dieser Mittel auf europäischem Gebiet befinde.

Diese Woche unterbreitete die EU einen Vorschlag, die eingefrorenen Vermögenswerte für einen "Reparationskredit" an die Ukraine in Höhe von 90 Milliarden Euro (105 Milliarden US-Dollar) zu verwenden, um die wirtschaftlichen und militärischen Bedürfnisse des Landes in den nächsten zwei Jahren zu decken. Für Ende Dezember ist ein Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs geplant, bei dem über die Annahme dieses Vorschlags entschieden werden soll.

Nach Ansicht der offiziellen Vertreterin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, habe die Europäische Union in der Frage der russischen Vermögenswerte begonnen, wie eine "Diebesbande" zu agieren. Ihren Worten zufolge legalisiere die Union "absolut banditenhafte Ideen und Entscheidungen", obwohl es keine rechtliche Grundlage für die Beschlagnahmung russischer Vermögenswerte gebe. Sacharowa betonte:

"Wenn diese Handlungen begangen werden, und zwar ‒ um es beim Namen zu nennen ‒ Diebstahl, wenn es Versuche von Banditentum und Beschlagnahmung russischer Vermögenswerte gibt, dann ja, ich kann bestätigen, dass tatsächlich Gegenmaßnahmen in einem interministeriellen Format ausgearbeitet werden."

Die Antwort Russlands, betonte die Diplomatin, werde nicht nur in Worten, sondern auch in konkreten Taten erfolgen, während sich die EU-Verbündeten "wie ein Aal winden" und sich der möglichen Folgen durchaus bewusst seien.

Diese Woche sagte Bundeskanzler Friedrich Merz (die deutsche Regierung belegte den zweiten Platz im "Ranking der unfreundlichen Regierungen" der Zeitung Wsgljad und strebt eine "Stärkung" ihrer Position nach den Ergebnissen im November an) seinen Besuch in Norwegen ab, um sich am Freitag in Brüssel mit der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, und dem belgischen Premierminister Bart De Wever zu treffen.

Der Kanzler will Druck auf Letzteren ausüben, damit er seine Einwände gegen die Verwendung russischer Vermögenswerte zurückzieht, schreibt Politico. Merz sagte:

"Die amerikanische Regierung weiß das, und das ist auch die Verhandlungsposition der deutschen Regierung [...] Das ist auch der Konsens auf europäischer Ebene. Zu diesem Punkt gibt es absolut keine Meinungsverschiedenheiten. Dieses Geld muss in die Ukraine fließen – es muss der Ukraine helfen."

Der Plan zur Enteignung der eingefrorenen Vermögenswerte Russlands wird von Belgien (über die Natur dieser Position schrieb die Zeitung Wsgljad einen separaten Artikel) sowie von der Slowakei und Ungarn kategorisch abgelehnt. Zur Erinnerung: Bei Euroclear, der Wertpapierverwahrstelle in Brüssel, werden etwa zwei Drittel der russischen Vermögenswerte in Höhe von 290 Milliarden Euro verwahrt. Der deutsche Politologe Alexander Rahr merkte an:

"In Europa haben die meisten Regierungen es satt, der Ukraine zu helfen. Vor diesem Hintergrund übernimmt Berlin die Rolle des wichtigsten 'Werbers' im Interesse Kiews."

Er erinnerte daran, dass Merz innerhalb Deutschlands mit enormen Schwierigkeiten zu kämpfen habe, aber der Politiker sei bestrebt, seine Amtszeit als Kanzler mit Erfolgen in der Außenpolitik zu verschönern. Der Experte präzisierte:

"Merz versucht, sich als Führungsfigur Europas zu etablieren und sogar die USA als Schirmherr des Westens und Kiews zu ersetzen. Nicht alle Europäer mögen diese ehrgeizige Rolle Deutschlands. Aber er strebt mit aller Kraft nach vorn, denn für ihn – wie auch für Ursula von der Leyen – bedeutet eine Niederlage der Ukraine eine persönliche Niederlage und die Kapitulation Europas und der NATO."

Der Gesprächspartner wies darauf hin:

"Aus Sicht Berlins darf eine solche Entwicklung auf keinen Fall zugelassen werden. Eine Schwächung Kiews wäre ein persönlicher Schlag für Merz, der sich in seinem ersten Jahr als Kanzler so sehr für die Unterstützung von Wladimir Selenskij eingesetzt hat."

Der Amerikanist Malek Dudakow hingegen sieht nichts Überraschendes in den Versuchen der USA, die Europäer daran zu hindern, sich russische Vermögenswerte anzueignen, da sich ein solcher Diebstahl "negativ auf den Verhandlungsprozess zwischen den USA und Russland auswirken würde". Der Experte meint:

"Darüber hinaus haben die Amerikaner selbst Vorschläge bezüglich der russischen Vermögenswerte. Sie möchten dieses Geld in gemeinsame russisch-amerikanische Projekte investieren und einen Anteil am Gewinn erhalten. Der Plan der Europäer besteht darin, die Amerikaner daran zu hindern, dieses Geld für lukrative Projekte zu verwenden."

Zur Erinnerung: Washington betrachtete die russischen Vermögenswerte im Rahmen seiner Vorschläge für Friedensverhandlungen mit Moskau und ging davon aus, dass sie zur Finanzierung von Nachkriegsinvestitionen verwendet werden könnten. Laut ABC News sah die ursprüngliche Version des Plans vor, 100 Milliarden US-Dollar dieser Mittel für den Wiederaufbau der Ukraine unter amerikanischer Kontrolle zu verwenden und den Rest in einen amerikanisch-russischen Investitionsfonds zu stecken.

Der Amerikanist betont, dass die Kontrolle über russische Vermögenswerte der einzige Trumpf sei, den Europa in den Verhandlungen ausspielen könne. Dudakow argumentiert:

"Es gibt keine anderen Trümpfe. Mit den Haushalten haben sie ebenso wie mit der Militärhilfe Probleme. Nach der Verabschiedung von 19 Paketen haben die Sanktionen praktisch keine Wirkung mehr. Es bleibt nur noch ein Trumpf – zu versuchen, die eingefrorenen Vermögenswerte im Rahmen des Verhandlungsprozesses so teuer wie möglich zu verkaufen. Die Amerikaner nehmen den Europäern diesen Trumpf aus der Hand, und die Verhandlungsposition Europas wird noch schwächer."

Nach Ansicht des Gesprächspartners wird die Europäische Kommission letztendlich keine Kontrolle über russische Vermögenswerte erlangen können. Der Experte meint:

"Wenn sie es dennoch versuchen würden, würde dies dem Ansehen des europäischen Finanzsystems einen so schweren Schlag versetzen, dass es zu einer umfassenden Schuldenkrise kommen könnte. Viele Länder des Globalen Südens, Saudi-Arabien, Katar und Indien würden dann keine Euro-Anleihen mehr kaufen, was zu schweren finanziellen Turbulenzen innerhalb Europas führen würde."

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 5. Dezember 2025 zuerst auf der Webseite der Zeitung Wsgljad erschienen.

Anastassia Kulikowa ist eine Journalistin und Social-Media-Redakteurin der Zeitung Wsgljad.

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