"AfD wird in BRICS als wachsende politische Kraft wahrgenommen" – Jörg Urban zum Sotschi-Besuch

Im Interview mit Thomas Röper für RT DE betonten nach Russland gereiste AfD-Politiker, wie wichtig Gespräche mit Vertretern der BRICS-Staaten für Deutschlands Ansehen in der Welt sind. Der sächsische AfD-Landeschef Jörg Urban beklagte die Dämonisierung Russlands und warb für Besuche im Land.

Der sächsische AfD-Chef Jörg Urban war vergangene Woche mit zwei weiteren Parteikollegen zum zweiten Internationalen BRICS-Europa-Symposium ins russische Sotschi gereist. Im Interview mit Thomas Röper berichtete er über seine Eindrücke. Für viele überraschend kam der Landespolitiker als Mitglied der dreiköpfigen Delegation zum Internationalen Forum BRICS-Europa nach Sotschi. Seine Begleiter waren der Bundesabgeordnete Steffen Kotré und das EU-Parlamentsmitglied Hans Neuhoff. In dieser Eigenschaft betonte Urban besonders die sächsische Sicht: Sachsen leide stark unter den Russland-Sanktionen. Aufgrund der hohen Energiepreise, die dem Verzicht auf russisches Gas geschuldet seien, würden Unternehmen in die Nachbarländer Polen und Tschechien abwandern.

Außerdem sei Sachsen dasjenige Bundesland gewesen, das prozentual gesehen den meisten Handel mit Russland betrieben hätte. Insofern bestehe für Sachsen ein Interesse an Kooperation mit allen BRICS-Ländern, nicht nur mit Russland, um sächsische Produkte in diese Länder zu exportieren. Die Wiederaufnahme wirtschaftlicher Beziehungen zu Russland sei auch der Wunsch der sächsischen Unternehmer, mit denen er spreche.

Jörg Urban zeigte sich auch interessiert daran, wie die Vertreter der BRICS-Länder in Sotschi die Politik der deutschen Bundesregierung einschätzten. Angesichts der Konfrontationspolitik Deutschlands und Europas habe es vonseiten der Forumsteilnehmer sehr viel Kritik gegeben. Aber er habe auch die ausgestreckte Hand gesehen und den Wunsch, weiterhin mit Europa zusammenarbeiten zu wollen, allerdings auf Augenhöhe und ohne Hierarchien. Es sei ihm ein Anliegen gewesen, zu signalisieren, dass es in Deutschland durchaus politische Kräfte gebe, die keine Konfrontation wollten und bereit seien, auf Augenhöhe mit den BRICS-Staaten zusammenzuarbeiten. Ebenso habe man mit Vertretern der russischen Regierungspartei "Einiges Russland" Gespräche geführt.

Auch bezüglich der Nord-Stream-Pipelines konnte Urban aus Sotschi Neues berichten. Es gebe verschiedene Anbieter, die sich darum bemühten, über diese Leitung wieder Gas nach Europa zu liefern. Eine Übernahme der Nord-Stream-Pipelines durch die USA sei für Deutschland und Europa nicht von Vorteil, da davon auszugehen sei, dass das Gas dann genauso teuer werde wie Fracking-Gas. Es gebe aber auch europäische Bieter für die Pipelines, und diese Bieter könnten dann dafür sorgen, dass Deutschland wieder preiswert an russisches Erdgas gelangen könne. Urban ließ offen, um wen es sich bei diesem Interessenten handelt. Man habe aber erste Gespräche geführt, obwohl die AfD noch keine Regierungspartei sei.

Es wurde deutlich, dass für Urban eine Einigung mit Russland nicht nur von wirtschaftlichem Interesse, sondern auch ein Herzensanliegen ist. Die Dämonisierung Russlands im BRD-Fernsehen "als wilde Horde, die da irgendwo hinter dem Wald lebt und ganz gefährlich ist", schmerze ihn. Er rufe gerade Menschen, die Russland kritisch gegenüberstünden, dazu auf, selbst nach Russland zu fahren und mit Russen ins Gespräch zu kommen. Er würde sich wünschen, dass die Landsleute aus dem Westen, wo eine russlandkritische Einstellung besonders verbreitet sei, von den Ostdeutschen lernen würden, denn gerade die Ostdeutschen hätten die Russen in der DDR-Zeit kennengelernt. Man solle die Russen selbst kennenlernen, statt sich aufhetzen zu lassen.

Der EU-Abgeordnete der AfD, Hans Neuhoff, wusste ebenfalls Positives von der Tagung in Sotschi zu berichten. Gleich zu Beginn habe man sich mit Leonid Sluzki getroffen, Chef der Liberal-Demokratischen Partei Russlands (LDPR) und Vorsitzender des Ausschusses für Internationale Angelegenheiten in der Staatsduma. Sluzki wiederum äußerte sich anerkennend über den Mut der EU-Abgeordneten, die trotz des auf sie seitens der EU und nationaler Regierungen ausgeübten Drucks keine Angst gehabt hätten, nach Russland zu kommen. Sluzki betonte, dass man von russischer Seite für den Dialog sei und anerkenne, dass es auch in Europa Politiker gebe, die die Notwendigkeit verstünden, "mit Russland als größtem Land unseres gemeinsamen europäischen Kontinents zu interagieren". Neuhoff wiederum attestierte der russischen Seite eine glaubwürdige Gesprächs- und Kompromissbereitschaft.

Auch Urban sprach in einem weiteren Interview davon, dass man sehr gute Gespräche mit russischen Vertretern gehabt habe. Man habe sehr viele Fragen zur AfD klären können, insbesondere dazu, was von der AfD in Zukunft zu erwarten sei. Auch zu Vertretern anderer BRICS-Staaten habe man Kontakt aufgenommen. So werde zum Beispiel in Indien die AfD als "wachsende politische Kraft" wahrgenommen.

Der russische Ex-Präsident und stellvertretende Leiter des Sicherheitsrates der Russischen Föderation, Dmitri Medwedew, hatte den Druck, den die deutsche Regierung auf die nach Russland reisenden Abgeordneten ausgeübt hatte, scharf kritisiert. Mit der Anrede "Parteigenosse Merz" (eine Anspielung auf die Nazi-Zeit) unterstellte Medwedew dem deutschen Kanzler totalitäre Tendenzen.

Der AfD-Bundestagsabgeordnete Steffen Kotré fühlte sich im Interview mit RT DE angesichts der Kampagne der Altparteien gegen die AfD ebenfalls an "totalitäre Strukturen" erinnert und nannte dieses Vorgehen gegen den Gesprächskurs der AfD mit Russland propagandistisch und "destruktiv". Der politische Gegner würde zum "kompletten Feind" erklärt. Kotré kritisierte die bereits erfolgte deutsche Einmischung in den Ukraine-Krieg: Mit den Worten "Deutsche Waffen töten in der Ukraine Russen, aber keine russischen Waffen Deutsche" stellte Kotré klar, von welcher Seite die Aggression ausgeht.

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