Tiflis: Demonstranten dringen in die Residenz des Präsidenten ein – Spezialeinheiten unterwegs

Die Proteste gegen die georgische Regierung werden schärfer. In Tiflis drangen Demonstranten, die gegen die laufenden Kommunalwahlen protestieren, in den Hof der Residenz von Präsident Micheil Kawelaschwili ein, wie der Fernsehsender "TV Pirveli" berichtete.

Wie RIA Nowosti aus Tiflis berichtet, meldete der georgische Fernsehsender, dass Spezialeinheiten der Polizei Pfefferspray gegen Demonstranten eingesetzt haben, die in den Hof der Residenz des Präsidenten eingedrungen sind.

Laut den Fernsehberichten wurden am Eingang der Residenz Absperrgitter errichtet, nachdem bekannt geworden war, dass die Demonstranten planten, vom Freiheitsplatz zum Residenzgebäude zu ziehen. Nach Angaben eines Korrespondenten von RIA Nowosti wurden zur Sicherung des Präsidentenpalastes zusätzliche Spezialeinheiten mobilisiert; die Sicherheitskräfte setzten Wasserwerfer ein.

Nach Berichten von TASS kam es trotz der verstärkten Sicherheitsmaßnahmen im Hof des Palastes zu einer Schlägerei zwischen Demonstranten und Polizisten. Dabei versuchten die Polizisten, die Demonstranten mit Pfefferspray zurückzudrängen.

Zuvor hatte die Opposition angekündigt, am Wahltag eine "friedliche Revolution" zu organisieren. Um die Ordnung sicherzustellen, wurden weitere Sicherheitskräfte aus verschiedenen Teilen der Hauptstadt Georgiens in die Innenstadt verlegt.

Eskalation

Vertreter der regierenden Partei "Georgischer Traum" hatten bereits davor gewarnt, dass interne und externe Kräfte Unruhen anstiften könnten, die Ordnungskräfte jedoch für Sicherheit sorgen würden. Die derzeitige Regierungspartei gibt sich siegesgewiss und geht davon aus, einen vollständigen Sieg in allen Gemeinden erzielen zu können.

Der ehemalige Opernsänger und Oppositionspolitiker Paata Burtschuladse bezeichnete während der Proteste die derzeitige Regierung als illegitim und wurde durch den Pfeffersprayeinsatz verletzt. Wie TASS weiter berichtet, gehört seinen Worten zufolge die Macht dem Volk, und sie müsse diesem zurückgegeben werden. Burtschuladse forderte die Festnahme und Überstellung des georgischen Premierministers Irakli Kobatschidse, des Parlamentspräsidenten Schalwa Papuaschwili, des Leiters des Staatssicherheitsdienstes (SSB), Mamuka Mdinaradse, des Vize-Parlamentspräsidenten Teja Tsulukiani, des Gründers und Ehrenvorsitzenden der Regierungspartei "Georgische Träume – Demokratisches Georgien", Bidsina Iwanischwili, und des Leiters des Geheimdienstes für Staatsschutz, Ansor Tschubinidse, sowie diese Personen festzunehmen und vor Gericht zu stellen.

Verlauf der Proteste

Der Beginn der Kundgebung war für 16:00 Uhr Ortszeit angekündigt. Die Teilnehmer der Demonstration versammelten sich zunächst vor dem Parlamentsgebäude am Rustaweli-Prospekt, zogen dann aber weiter zum nahe gelegenen Freiheitsplatz. Studenten organisierten einen Marsch vom ersten Gebäude der Iwane-Dschawachischwili-Universität Tiflis am Ilja-Tschawtschawadse-Prospekt zum Freiheitsplatz.

Wahlen in Georgien

Am heutigen Sonnabend finden in Georgien die Kommunalwahlen statt. Die Bürger wählen Bürgermeister von Städten und Gemeinden sowie Abgeordnete der Stadtversammlungen. Die georgischen Behörden haben die Organisatoren der Aktion am Wahltag wiederholt gewarnt, dass Verstöße mit der ganzen Schärfe des Gesetzes geahndet werden. Zuvor waren der ehemalige Vorsitzende der vom Ex-Präsidenten Micheil Saakaschwili gegründeten Partei "Einheitliche Nationale Bewegung", Lewan Chabeschwili, und ein weiteres Parteimitglied, der Abgeordnete der Stadtversammlung von Tiflis, Zwiad Kuprawa, wegen Aufrufen zum Sturz der Regierung festgenommen worden.

Die Wahlen zu den lokalen Selbstverwaltungsorganen in Georgien finden gleichzeitig in 64 Gemeinden und Bezirken des Landes statt. Nach Abschluss der Wahlen werden die Bürgermeister von fünf selbstverwalteten Städten – Tiflis, Kutaissi, Batumi, Rustavi und Poti – sowie die Bürgermeister von 59 Gemeinden und die Abgeordneten der lokalen Stadtversammlungen – Sakrebulo – gewählt.

Zur Wahl angetreten sind zwölf politische Parteien, ein Teil der Opposition hat einen Wahlboykott angekündigt. Neun Kandidaten bewerben sich um das Amt des Bürgermeisters von Tiflis, darunter der amtierende Bürgermeister der Regierungspartei "Georgischer Traum", Kacha Kaladse, der dieses Amt seit 2017 innehat.

Nachtrag 19:45 Uhr:

Laut RIA Nowosti ist es den georgischen Spezialeinheiten inzwischen gelungen, die Demonstranten vom Orbeliani-Platz vor dem Präsidentenpalast in Tiflis mit Wasserwerfern zu vertreiben. Die Demonstranten sollen sich nun vom Freiheitsplatz in Richtung Parlamentsgebäude entlang des Rustaweli-Propekts bewegen und würden sich, so die Berichte, den übrigen Protest-Teilnehmern anschließen.

Nachtrag 20:10 Uhr:

Die Demonstranten in Tiflis hätten versucht, einen Staatsstreich zu verüben, erklärte der Generalsekretär der Regierungspartei "Georgischer Traum", Kacha Kaladse. Wörtlich erklärte er auf einer Pressekonferenz:

"Es war ein direkter Versuch eines Staatsstreichs […], alle werden bestraft werden."

Unterdessen hat das georgische Innenministerium im Zusammenhang mit den Unruhen in Tiflis bereits ein Strafverfahren wegen vier Straftatbeständen eingeleitet, darunter wegen des Aufrufs zum Sturz der Regierung.

Nachtrag 20:55 Uhr:

Inzwischen machte der georgische Ministerpräsident Irakli Kobachidse den EU-Botschafter für die Unruhen in Tiflis direkt verantwortlich. Auch einer Pressekonferenz warf Kobachidse der EU Einmischung in die inneren Angelegenheiten Georgiens vor:

"Sie wissen, dass einige Leute aus dem Ausland sogar ihre direkte Unterstützung für den Versuch, die verfassungsmäßige Ordnung zu stürzen, zum Ausdruck gebracht haben, darunter auch ein Vertreter der EU. […] Vor diesem Hintergrund trägt derselbe EU-Botschafter in Georgien eine besondere Verantwortung dafür."

Direkt an den Botschafter gewandt, sagte der georgische Premier:

"Zeigen Sie guten Willen, treten Sie hervor, distanzieren Sie sich und verurteilen Sie entschieden alles, was auf den Straßen von Tiflis geschieht."

Und Kobachidse fuhr fort:

"Das ist seine direkte Pflicht, nachdem wir Aussagen gesehen und gehört haben, die den Versuch des Sturzes der verfassungsmäßigen Ordnung unterstützen. Mal sehen, wie sie reagieren werden."

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