Russland versus USA: Das Ringen um die Vorherrschaft im Energiesektor

Der Export von Öl und Gas ist das Fundament der russischen Wirtschaft. Wenn Russland in Europa systematisch durch US-amerikanisches Flüssiggas und Öl verdrängt wird und Indien unter Druck steht, dann geht es nicht um friedlichen Wettbewerb, sondern um den Versuch, dem russischen Export einen strukturellen Schlag zu versetzen.

Von Gleb Prostakow

Die Energiepolitik der USA sprengt derzeit die Logik von "Friedensbemühungen". Die jüngsten Ankündigungen aus Washington machen deutlich: Der Wettbewerb zwischen den USA und Russland um die Öl- und Gasmärkte wird aus allen Verhandlungen rund um die Ukraine ausgeklammert. Es handelt sich nicht mehr um einen Wettbewerb kommerzieller Strategien, sondern um eine gezielte Verdrängung russischer Exporte aus wichtigen Absatzregionen – von Europa bis Hindustan. Dies bedeutet eine völlig neue Dimension von Risiken und Folgen.

Der US-Energieminister Christopher Wright äußerte sich eindeutig: Bis zum 1. Januar 2027 solle der europäische Markt vollständig von russischem Gas "befreit" und durch amerikanische Energieträger ersetzt werden. US-Handelsminister Howard Lutnick fügt den indischen Vektor hinzu: Die Regelung der Handelsstreitigkeiten zwischen Washington und Neu-Delhi sei an den Verzicht auf den Erwerb von russischem Öl geknüpft. Das bedeutet, dass den beiden größten Verbrauchermärkten außerhalb Chinas faktisch eine binäre Forderung gestellt wird: entweder Verzicht auf Russland in der Energiebilanz oder Verlust von Präferenzen und des Zugangs zum US-Markt.

All das lässt sich als Umgestaltung des globalen Energiemarktes interpretieren.

Warum ist dies von Bedeutung? Weil die russischen Öl- und Gasexporte nicht nur irgendeinen Posten in der russischen Zahlungsbilanz darstellen, sondern die Grundlage für die strategische Stabilität der russischen Wirtschaft bilden. Doch wenn das europäische Segment systematisch durch US-LNG und Öl ersetzt wird und der östliche Perimeter unter dem zusätzlichen Druck auf Indien steht, dann geht es nicht mehr um eine höfliche Umverteilung der Energieströme, sondern um den Versuch, dem russischen Exportmodell einen strukturellen Schlag zu versetzen.

Unter diesen Umständen ist nicht zu erwarten, dass die Sanktionen gegen russische Öl- und Gasunternehmen aufgehoben werden: Im Gegenteil, der Spielraum für eine Lockerung der Beschränkungen wird immer enger, was bedeutet, dass jede sich abzeichnende Entspannung in den Beziehungen zwischen Moskau und Washington in Frage gestellt ist – und zwar unabhängig von den Veränderungen in der diplomatischen Rhetorik.

Weiter sind zwei Szenarien vorstellbar. Beide lassen sich durch die Logik des Rohstoffzyklus und die politische Ökonomie der USA erklären.

Szenario eins: Eskalation des Drucks in Bezug auf Exporteinnahmen. Die US-Energiewirtschaft steht vor einem neuen Angebotsanstieg. Bereits ab 2026 ist eine weitere Welle des Kapazitätszuwachses im Bereich Flüssiggas zu erwarten – das sind Millionen Tonnen LNG, die langfristige Absatzmärkte benötigen. Jede Lockerung der Beschränkungen gegen NOWATEKs "Arctic LNG" und die Projekte von Gazprom widerspricht den Interessen der US-Lieferanten, die in Russland einen unangenehmen Konkurrenten sehen.

Und das betrifft nicht nur Erdgas. Solange sich der Weltmarktpreis in einem Bereich bewegt, in dem die Förderung von Schieferkohlenwasserstoffen in den USA einträglich bleibt, werden die Ölkonzerne ihre Exporte steigern.

Daraus ergibt sich die Strategie eines "verarmenden, aber loyalen" Europas: Angesichts begrenzter Alternativen ist es gezwungen, für die Versorgungssicherheit einen Überpreis zu zahlen, der dem segmentierten Weltmarkt einen "Zuverlässigkeitsmehrwert" verschafft. So entsteht ein Markt der Macht: Man blockiert den Konkurrenten, sichert sich einen Preisaufschlag und monetarisiert das Infrastrukturfenster 2026–2028.

Hier kommt auch die Strategie gegenüber Indien ins Spiel. Gemessen am Wachstumstempo ist Neu-Delhi der größte Verbraucher von flüssigen Energieträgern in Eurasien. Das Land ist zudem ein "Raffinerie-Gigant", der Rohstoffe zu Krisenpreisen einkauft und die daraus erzeugten Produkte zu Marktpreisen verkauft. Wenn man das russische Öl aus dieser Bilanz herausnimmt, gewinnen die Barrel aus den USA mehr Platz in den indischen Raffinerien und Exportketten von Erdölprodukten.

Szenario zwei: harte Verhandlungen, um "aus einer Position der Stärke" heraus einen Deal zu erzielen. Es gehört zum klassischen Verhandlungsstil von US-Präsident Donald Trump, zunächst den Druck zu maximieren und dann einen Kompromissrahmen vorzuschlagen. Im Energiesektor besteht ein solcher Mechanismus darin, Russland vom europäischen Gasmarkt zu verdrängen und die Umsetzung von LNG-Projekten in Russland zu verzögern. Anschließend wäre die Idee einer "Erdgas-OPEC" im Gespräch: Man könne zwar über eine Koordinierung oder Deeskalation diskutieren, jedoch erst, nachdem die Marktposition Russlands objektiv geschwächt sei. Der jüngste Angriff Israels auf Katar – den dritten Teilnehmer einer potenziellen "Erdgas-OPEC" – und die Reaktion der USA darauf scheinen ein ähnliches Muster zu verfolgen: Doha wird noch enger an Washington gebunden.

Besonders interessant ist, dass die Diskussionen über das Schicksal der "Nord Stream"-Gaspipelines kein Thema mehr sind. Ihre Abwesenheit in der öffentlichen Agenda weist auf Folgendes hin: Es gibt keine Kompromisspunkte in diesem Bereich, was bedeutet, dass die Verhandlungen noch andauern und Washington den "Einstiegspreis" weiter erhöht.

Was bedeutet das für Russland? Vor allem, dass das Szenario einer Annäherung bei anhaltender Blockade seiner Energieexporte nicht funktionieren wird. Der Energiemarkt stellt den Kern der strategischen Sicherheit dar und kann nicht als Nebenaspekt anderer Themen betrachtet werden. Es gibt also nur zwei Optionen: entweder einen Deal (sofern er überhaupt möglich ist) zu Bedingungen, bei denen die Energiepolitik Gegenstand gegenseitiger Zugeständnisse ist, oder eine erneute Eskalation.

Angesichts dieser beiden Optionen benötigt Moskau eine eigene Gegenstrategie jenseits des "friedlichen Weges", die nicht reaktiv, sondern proaktiv ausgerichtet sein sollte.

Die Konturen der Gegenstrategie sind erkennbar: Es geht um die Diversifizierung der Absatzmärkte und die Vertiefung der Beziehungen zu asiatischen Verbrauchern – nicht nur mit China, sondern auch mit Südostasien, dem Nahen Osten und Afrika. Dies umfasst langfristige Kreditlinien für Infrastruktur, Cross-Investitionen und gegenseitige Beteiligungen an Verarbeitungs- und Erzeugungsprojekten. In "Abwesenheit" Europas werden "Paketgeschäfte" zur Normalität: Die Rohstoffe werden gegen Kapitalinvestitionen, Technologien zur Verwertung und Lokalisierung eingetauscht.

Das Erdgas ist sowohl als Endprodukt als auch als Zwischenprodukt von Bedeutung. Der Export von Strom, Chemikalien, Düngemitteln, LNG in kleinen und mittleren Mengen, Gasverarbeitungsanlagen und die tiefgehende Verarbeitung von Kondensat sind Möglichkeiten, den "unter Sanktionen stehenden Molekülfluss" in weniger sanktionierte Produkte umzuwandeln. All dies verringert die Anfälligkeit für sekundäre Beschränkungen. Je schwieriger es für den Gegner ist, Druck auszuüben, desto kostspieliger sind seine Bemühungen.

Trotz aller Bemühungen, die Spannungen in den russisch-amerikanischen Beziehungen abzubauen, ist die USA im Energiebereich sicherlich kein Freund Russlands. Sollte Washington weiterhin seine Bedingungen verschärfen – von "Null Gas" in Europa bis hin zu "Minus Öl" in Indien –, wird jede Verhandlungspause ohne Zugeständnisse seitens der USA zu einer technologischen Falle: Die Zeit arbeitet für den Aufbau US-amerikanischer Kapazitäten und die Festigung der europäischen Abhängigkeit von ihrem Flüssigerdgas. Das bedeutet, dass die russische Position mit diesem Zeitplan synchronisiert werden muss: die Beschleunigung der östlichen Transportrouten, die Konsolidierung von Raffinerieprojekten, die Konzentration auf diejenigen Wertschöpfungsketten, in denen die Sanktionskontrolle objektiv schwächer ist – all dies ist unbedingt bis 2026–2027 erforderlich, nicht danach.

Ist eine Kehrtwende möglich? Theoretisch ja: Wenn sich in den USA der "Deal"-Ansatz gegenüber dem "Konkurrenzkampf ohne Regeln" durchsetzt, würde die Energiewirtschaft unweigerlich in das Paket gegenseitiger Zugeständnisse aufgenommen werden.

In der Praxis zeichnen die aktuellen Äußerungen und Handlungen jedoch ein anderes Bild: Ein struktureller Handelskrieg im Energiesektor ist bereits im Gange, und es ist schwierig, ihn mit einer einmaligen politischen Entscheidung zu beenden. Daher sollte man nicht mit einer "automatischen Lockerung" der Sanktionen gegen den russischen Energiesektor rechnen. Ganz im Gegenteil: Das Basisszenario sieht eine Verschärfung des Wettbewerbs, eine Segmentierung des Marktes, einen Anstieg der Transaktionskosten und den Versuch vor, den russischen Export in engen Grenzen zu blockieren.

Das globale Energiespiel ist nun in eine neue Phase eingetreten. Das bedeutet, dass Moskau nicht nur "eine Pause einlegen", sondern sein eigenes Tempo diktieren muss.

Übersetzt aus dem Russischen.

Der Artikel ist am 13. September 2025 zuerst auf der Homepage der Zeitung Wsgljad erschienen.

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