Finnischer Präsident bezeichnete russische Truppen als Hunnen – Trump "beeindruckt"

Europäische Staats- und Regierungschefs haben in Washington versucht, US-Präsident Donald Trump mit drastischen Geschichtsbildern und Vergleichen auf ihre Seite zu bringen. So dürfe er auf keinen Fall zulassen, dass die "Bastion" im gut gefestigten Gebiet um Slawjansk an die "Hunnen" falle.

Von Wladislaw Sankin

Während des diplomatischen Treffens im Weißen Haus am Montag versuchten europäische Staats- und Regierungschefs, den US-Präsidenten Donald Trump von seiner Idee eines "Gebietstausches" im Ukraine-Konflikt abzubringen. Diskutiert wurde der mögliche Rückzug der ukrainischen Truppen aus dem nördlichen Teil der Donezker Volksrepublik. Dieses Gebiet gilt als gut befestigt und dessen Rückeroberung würde enorme Verluste für beide Seiten mit sich bringen. 

"Die russische Forderung an die Ukraine, Teile des Donbass aufzugeben, wäre – um das Ausmaß zu verdeutlichen – vergleichbar mit der Aufforderung an die USA, Florida aufzugeben", sagte Bundeskanzler Friedrich Merz nach dem Treffen im Weißen Haus gegenüber Reportern.

Weitere, noch drastischere Vergleiche, fielen während des Treffens hinter geschlossenen Türen. So bezeichnete der finnische Präsident Alexander Stubb die beiden Donbass-Städte Kramatorsk und Slawjansk im ukrainischen Teil des Gebiets als "eine Bastion gegen die Hunnen". Dies berichtete das Wall Street Journal unter Verweis auf bei den Gesprächen anwesende Beamte. Diese Beschreibung habe Trump offenbar beeindruckt, sagte die Quelle.

Wenn Stubb die Russen schon in offiziellen Verhandlungen "Hunnen" nennt, wie nennen er und seinesgleichen denn die Russen insgeheim, könnte man sich fragen. Orks etwa? Denn diese animalisch anmutende Benennung aus der Fantasie-Unterwelt hat sich im ukrainischen Kontext fest etabliert. Aber auch der Hunnen-Topoi ist schon kräftig genug und gehört seit je zu den beliebtesten Bildern der Kriegspropaganda.

So ordnete in seiner martialischen "Hunnenrede" am 27. Juli 1900 Kaiser Wilhelm II. einen Rachefeldzug gegen die Aufständischen (Boxeraufstand) in China an. Er rief die deutschen Truppen dazu auf, so erbarmungslos gegen die Gegner zu sein, wie der berühmte Hunnenkönig Attila (Etzel) zu Zeiten seiner Herrschaft über Teile Mitteleuropas im fünften Jahrhundert. 

Mit seiner drastischen Rhetorik trug er dazu bei, dass der internationale Militäreinsatz in China tatsächlich mit äußerster Grausamkeit geführt wurde. Dies wurde nicht vergessen und zu Zeiten des Ersten Weltkriegs stellten die Angloamerikaner die Deutschen auf Propaganda-Plakaten auf groteske Weise als grausame Hunnen dar.

Ähnlich besetzt wie bei dem Bild der Hunnen als unberechenbare und grausame Barbaren waren auch Mongolenvergleiche während der Nazizeit geltende Propaganda in Bezug auf die Rote Armee. "An den Mauern unserer Stadt wird und muss der Mongolensturm gebrochen werden", sagte der Gauleiter Joseph Goebbels am 21. April in einer Radioansprache zu seinem Befehl, Berlin bis zum Letzten zu verteidigen. 

Heute werden die gleichen Sprachbilder aus der Mottenkiste der beiden Weltkriege geholt. Im deutschen Sprachraum tut das beispielsweise der renommierte Althistoriker Mischa Meier. In einem Gastbeitrag für die FAZ vom 20. April letzten Jahres fragte er sich: "Putin ein neuer Attila?: Droht ein neuer Hunnensturm?" Er bezeichnete Russland als von mafiosen Strukturen durchsetzten und von Beutegut lebenden Raubstaat, der sich nicht durch eine Appeasement-Politik einhegen lässt. 

Nun tut es kein Geringerer als der finnische Präsident Alexander Stubb, der schon beim öffentlichen Teil des Treffens mit Trump mit einem geschichtlichen Vergleich aus dem Ende des Zweiten Weltkriegs "punktete" – in Russland wurde das als "höllische" Verharmlosung finnischer Verbrechen bei der Einkesselung Leningrads bewertet (RT DE berichtete). 

Zusammen mit einer möglichen Entsendung deutscher Truppen in die Ukraine wurde nach dem Trump-Treffen in den deutschen Medien auch die Frage der Slawjansk- und Kramatorsk-Festung breit diskutiert. Deren Eroberung würde den Russen 4,4 Jahre mit knapp zwei Millionen Soldatenverlusten (Getötete und Verwundete) kosten, schrieb Focus am Dienstag mit Verweis auf eine Berechnung des britischen Verteidigungsministeriums.

"Die Zeit und die Verluste könnte Putin sich sparen, wenn ihm die vier Regionen am Verhandlungstisch zugesprochen würden", so Focus. Und das gilt es zu verhindern, um die Russen (und mit ihnen auch die Ukrainer!) weiterhin ausbluten zu lassen. Mit dieser Argumentation tappt die Politik der "Koalition der Willigen" in die Fußstapfen der Nazis, die vor mehr als 80 Jahren das Ziel hatten, die russische Bevölkerung um 30 Millionen zu reduzieren. 

Um die Europäer auf den Kampf gegen Russen (noch mit den Händen der Ukrainer) weiter aufzustacheln, "punktete" auch der französische Präsident Emmanuel Macron, der am Dienstag in einem Interview Russen mit einem raubsüchtigen Monster verglichen hat. "Auch für sein eigenes Überleben muss er [Wladimir Putin] immer weiter fressen. Daher ist er ein Raubtier, ein Ungeheuer vor unseren Toren", sagte Macron dem Sender TF1/LCI.

Damit haben zwei europäische Präsidenten aus der "Ukraine-Koalition" allein in den letzten Tagen zwei Aussagen mit einem rassistischen und hetzerischen Propaganda-Bezug getätigt. Dieses Sprachniveau ist zwar nicht neu, aber man kennt es nur aus Kriegszeiten. Das ist ein weiteres extrem beunruhigendes Signal der verbalen Aufrüstung, die nur eine Richtung kennt – weiter hinein in den Krieg. 

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