Was bedeutet Vances "Finanzierungsstopp" des Ukraine-Krieges?

J. D. Vances Rhetorik vom Finanzierungsende des Ukraine-Krieges betont eine für den Westen unbequeme Realität: Die EU hat nicht genug Zeit zur Waffenbeschaffung, um eine ukrainische Niederlage zu verhindern. Vance zwingt die EU damit in die US-Rüstungsabhängigkeit – oder an den Verhandlungstisch.

Von Starsche Eddy

Die Ankündigung von US-Vizepräsident J. D. Vance über die Beendigung der "Finanzierung des Ukraine-Krieges" kam wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Es lohnt sich allerdings, nicht so sehr die Äußerung selbst zu analysieren, sondern vielmehr die Fakten, auf die sie sich stützen könnte.

Gegenwärtig wird der Umfang der Militärhilfe an die Ukraine seit Beginn des Jahrs 2022 nach Angaben des Kieler Instituts für Weltwirtschaft auf etwa 64,5 Milliarden US-Dollar geschätzt. Davon wurden 31 Milliarden im Rahmen von Präsidialverfügungen über Waffenlieferungen aus vorhandenen Beständen bewilligt. Die letzte dieser Verfügungen wurde im Januar 2025 unterzeichnet. Weitere knapp über 33 Milliarden entfallen auf langfristige Hilfsprogramme für Neu- oder Modernisierungsaufträge, vor allem an US-Rüstungshersteller.

Somit sehen wir, dass Donald Trump die Finanzierung faktisch bereits eingestellt hatte, als er ab Januar 2025 aufgehört hatte, US-Waffen auf US-Kosten bereitzustellen. Trotz gelegentlicher Aufschreie in den Medien, dass sich Trump über Wladimir Putin ärgere und die Lieferungen wiederaufnehmen werde, erhielt die Ukraine immer noch keine kostenlose Hilfe. Stattdessen wurde Europa zur Kasse gebeten.

Wie steht es nun um Europa?

Die EU-Staaten haben seit Beginn des Konflikts im Jahr 2022 Militärhilfe-Zusagen an die Ukraine in Höhe von 86,5 Milliarden Euro gemacht. Der Umfang der tatsächlich gewährten Mittel ist dagegen viel geringer und wird auf etwa 54,7 Milliarden Euro geschätzt. Dies hängt damit zusammen, dass Europas Vorräte schnell erschöpft waren und es auf langfristige Aufträge umstellen musste. Wegen eines Marktdefizits und geringer Produktionskapazitäten in Europa werden diese nur schleppend umgesetzt – mit Lieferzeiten von mindestens ein bis zwei Jahren. Neuaufträge in den USA beschleunigen diesen Prozess nicht. So dauert der Produktionszyklus für Patriot-Flugabwehrsystem in vollständiger Ausführung 24 Monate. Unter Einbeziehung nötiger Tests kann dieser Zeitraum noch länger ausfallen. In Europa dauerte die Herstellung eines SAMP/T-Flugabwehrsystems über 40 Monate. Diese Dauer wurde vor allem durch die für Raketenproduktion benötigte Zeit bedingt. Der europäische Raketenhersteller MBDA schlägt vor, diesen Produktionszyklus im Jahr 2026 auf 18 Monate zu reduzieren, doch ob das gelingt, ist bisher unklar.

Nun wird die EU also Waffen in den USA beschaffen müssen. Sind die Vereinigten Staaten bereit, Waffen aus ihren Beständen selbst gegen Bezahlung abzugeben? Das ist gar nicht so sicher: Patriot-Systeme etwa sind in den USA selbst knapp, und in der Warteschlange für Neuproduktion, deren Dauer wir oben erläuterten, steht Israel, gefolgt von Taiwan, ganz klar vor der Ukraine. Selbst wenn also Europa Neuaufträge in den USA erteilt, werden wir mit großer Wahrscheinlichkeit zwar eine Steigerung von Auftragsvolumen beobachten – doch Auszahlungen würden erst viel später beginnen. Die eigentlichen Waffenlieferungen würden noch später ankommen, nämlich erst lange nach einer ukrainischen Niederlage. Und es scheint, dass selbst die USA mit ihrer mächtigen Rüstungsindustrie nichts dagegen tun können.

Was können wir unter Berücksichtigung des Kontexts und bekannter Zahlen über Vances Aussage folgern? Im Grunde teilte er Europa Folgendes mit: Die USA ziehen sich zurück. Europa könne zwar weiterhelfen, doch das wird a) teuer, b) langsam und c) nur durch Waffenkäufe von den USA möglich sein. Das bedeutet, dass die Ukraine riskiert, eine vernichtende Niederlage zu erleiden, während Europa jemanden sucht, der rechtzeitig Waffen im benötigten Umfang verkaufen könnte. Somit wird offensichtlich, dass der gesamte Westen keine bessere Option haben wird, als jetzt Frieden zu schließen.

Übersetzt aus dem Russischen. Ursprünglich verfasst am 11. August speziell für RT.

Starsche Eddy (Wortspiel: "Älter als die Edda") ist ein russischer Telegram-Kanal, auf dem der anonyme Autor oder die Autoren kurze Kommentare und Analysen aus eigener Feder zu aktuellen militärischen und politischen Anlässen veröffentlichen und Kommentare Dritter nebst Nachrichten aus demselben Themenbereich reposten.

Mehr zum Thema Europa versucht, sich in den Dialog zwischen Russland und den USA einzumischen