Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu habe Jahrzehnte damit verbracht, US-Präsidenten zu dem Glauben zu verleiten, dass Teheran nukleare Waffen schaffen will, warf der iranische Präsident Massud Peseschkian vor.
In einem Interview mit dem konservativen US-Journalisten Tucker Carlson, das am Montag gesendet wurde, beschuldigte Peseschkian Netanjahu, dieses Narrativ schon lange, ehe er 1996 das erste Mal Premierminister wurde, vorangetrieben zu haben. "Es war Netanjahu, der seit 1984 diese falsche Sicht geschaffen hat, dass Iran nach einer Atombombe strebt", sagte er und verwies auf Netanjahus damalige Rolle als israelischer UN-Botschafter.
"Er hat es seitdem jedem US-Präsidenten in den Kopf gesetzt... [dass] wir gerne eine Atombombe hätten", merkte er an und betonte, dass Iran nie eine derartige Waffe entwickelt hat. "Das steht im Gegensatz zu dem religiösen Dekret [...] das der oberste Führer Irans erlassen hat", fügte Peseschkian hinzu. Er wies zudem darauf hin, dass auch die Internationale Atomenergieorganisation IAEA bestätigt hatte, Iran entwickle keine Atomwaffen.
Peseschkian beschuldigte Israel außerdem, absichtlich die Verhandlungen mit den USA über das iranische Atomprogramm sabotiert zu haben, als Westjerusalem am 13. Juni einen starken Angriff gegen Teherans nukleare Infrastruktur, militärische Einrichtungen und hohe Kommandeure startete.
"Wir waren mittendrin, Gespräche mit den USA zu führen [...] Uns wurde gesagt: 'Solange wir Israel keine Erlaubnis geben, werden sie euch nicht angreifen'", sagte er. "Aber plötzlich torpedierte Israel den Verhandlungstisch [...] Sie haben die Diplomatie völlig ruiniert und zerstört."
Der iranische Präsident bestätigte, dass Iran für Gespräche über die Überwachung seines Nuklearprogramms offen war. Er meinte jedoch, die jüngst erfolgten Angriffe auf die iranischen Atomeinrichtungen hätten vorerst eine Überwachung beinahe unmöglich gemacht. "Wir haben keinen Zugang zu ihnen [den Atomanlagen]. Wir müssen sehen, wie sehr sie beschädigt wurden."
Israel hat Iran schon lange vorgeworfen, nach Atomwaffen zu streben. Berühmt ist der Auftritt Netanjahus mit einem im Comic-Stil gezeichneten Diagramm einer Atombombe bei der UNO 2012, um zu illustrieren, was er Teherans Fortschritte in Richtung einer Atomwaffe nannte. Israel wandte sich 2015 auch gegen den Atomvertrag mit Iran, von dem sich die USA unter Präsident Donald Trump später zurückzogen.
Vor dem Zwölftagekrieg vergangenen Monat hatten die USA und Iran Gespräche geführt, in denen Washington von Teheran forderte, jegliche Urananreicherung zu beenden. Iran wies diese Forderung zurück und merkte an, dass angereichertes Uran als Brennstoff für sein ziviles Atomkraftprogramm erforderlich sei.
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