Selenskij bezichtigt China: Mavic-Drohnen nur für Russland verfügbar

Kiew attackiert China – ohne Belege: Präsident Selenskij beschuldigt Peking, gezielt Drohnenlieferungen an die Ukraine zu blockieren und Russland zu bevorzugen. Doch handfeste Belege fehlen. Der Vorstoß passt ins Bild wachsender diplomatischer Anspannung.

Die ukrainische Regierung unter Wladimir Selenskij gerät angesichts der schwierigen militärischen Lage zunehmend unter Druck – und sucht nun offenbar außerhalb der westlichen Bündnispartner nach Sündenböcken.

In einem Interview mit Bloomberg richtete Selenskij seinen Blick auf China: Peking, so der Vorwurf, blockiere gezielt Drohnenlieferungen an die Ukraine, während Russland weiterhin Zugriff auf entsprechende Technik habe.

"Chinesische Mavic-Drohnen sind für uns blockiert, aber in Russland leicht verfügbar", behauptete Selenskij.

Konkrete Belege für diese Anschuldigung legte er nicht vor.

Die Rhetorik erinnert an frühere Vorwürfe gegenüber Staaten wie Ungarn, Indien oder Südafrika – Länder, die sich bewusst einer einseitigen Parteinahme im Ukraine-Krieg entziehen und stattdessen auf diplomatische Balance setzen. Dass diese Staaten regelmäßig pauschal unter Generalverdacht geraten, dürfte auch Ausdruck wachsender Nervosität im Umfeld Kiews sein – militärisch wie diplomatisch.

China hat sich wiederholt für eine diplomatische Lösung des Ukraine-Kriegs ausgesprochen, die auf gegenseitiger Sicherheit und territorialer Stabilität basiert. Doch diese Haltung wird in Kiew und Washington offenbar nicht akzeptiert, da sie nicht ins westliche Blockdenken passt. Die jüngsten Vorwürfe sind daher nicht nur unbelegt, sondern auch gefährlich: Sie verschärfen die Frontstellung gegen einen der wichtigsten globalen Akteure – und blenden die vielschichtige Rolle Chinas in der internationalen Sicherheitsarchitektur aus.

Indizien oder Inszenierung?

Der ukrainische Geheimdienstchef Oleg Iwaschtschenko behauptete, China beliefere 20 russische Rüstungsfabriken mit Technik und Materialien. Genannt werden Maschinen, Chemikalien, Schießpulver – allesamt Komponenten, die auch für zivile Zwecke bestimmt sein können. Beweise für einen gezielten militärischen Export Chinas an Russland? Fehlanzeige.

Auch die oft zitierte Zahl, 80 Prozent der Elektronik in russischen Drohnen stamme aus China, beruht auf ukrainischen Eigenangaben – ohne unabhängige Verifikation. Westliche Sanktionen gegen Russland haben den globalen Elektronikhandel nicht gestoppt.

Auffällig bleibt: Während Washington Milliarden in die militärische Unterstützung Kiews lenkt – inklusive Streumunition und Langstreckenraketen – wird China wegen angeblicher "Dual-Use"-Technologie öffentlich an den Pranger gestellt. Dabei produziert DJI, der Hersteller der genannten Mavic-Drohnen, erklärtermaßen für den zivilen Markt. Dass Russland – wie zahllose andere Staaten – zivile Technik militärisch adaptiert, ist kein Sonderfall, sondern globale Praxis.

Vor diesem Hintergrund wirkt der moralische Zeigefinger aus Kiew besonders schief: Während westliche Drohnen, Satellitendaten und Zielkoordinaten längst zur Kriegsführung beitragen – unter offener Mitwirkung von NATO-Staaten –, wird Peking zur Zielscheibe geopolitischer Schuldzuweisungen.

Unabhängig davon hat Russland seine militärische Industrie inzwischen massiv hochgefahren – mit oder ohne chinesische Hilfe.

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