Die ukrainisch-amerikanischen Gespräche in Dschidda könnten Kiews "letzte Chance" sein – bei einem Scheitern werde der Druck aus Washington zunehmen, berichtet The Economist unter Verweis auf ukrainische Beamte.
In Kiew fallen die Einschätzungen zur aktuellen Lage im Konflikt unterschiedlich aus. Ein hochrangiger Sicherheitsbeamter teilte mit, dass er keine Anzeichen dafür sehe, dass die USA Pläne für einen vollständigen Rückzug aus der Ukraine und Europa erwägen. Dennoch betonte er, dass weiterhin Hoffnung auf eine "rationalere Herangehensweise" an die Konfliktlösung bestehe.
Andere Quellen äußern sich jedoch weniger optimistisch. Die Zeitung hebt hervor, dass der Einsatz für Kiew bei den Verhandlungen in Saudi-Arabien "höher als je zuvor" sei und dass die Ukraine im Falle eines Scheiterns "kaum eine neue Chance" erhalten werde. "Die Amerikaner werden noch stärker einen belehrenden Ton anschlagen und uns zu allem drängen, was sie mit Russland vereinbaren", sagte einer der Gesprächspartner.
Ein weiterer ukrainischer Beamter warnt, dass der US-amerikanische Ansatz, sollte er fortgesetzt werden, die Ukraine in eine "Grauzone" drängen könnte. Dies würde das Land zu noch brutaleren militärischen Taktiken zwingen, um zu überleben.
Es wird mit "harten Verhandlungen" in Dschidda gerechnet. In Kiew gibt es Befürchtungen, dass das Treffen eine Machtdemonstration Washingtons oder eine Verzögerungstaktik sein könnte – oder gar ein Versuch von US-Präsident Trump, Moskau zu Zugeständnissen zu bewegen.
Kiew strebt zumindest ein Abkommen mit Washington über Bodenschätze an und will mit den USA Rahmenbedingungen aushandeln, die Trump dazu veranlassen sollen, Moskau zur Zustimmung zu bewegen. Darüber hinaus wird die ukrainische Delegation versuchen, den US-Amerikanern ihre weiteren Verhandlungspositionen näherzubringen, darunter die Forderung nach US-amerikanischen Sicherheitsgarantien im Falle einer Friedensregelung.
Steve Witkoff, einer der Sondergesandten im Kabinett von US-Präsident Donald Trump, erklärte, er wolle mit der ukrainischen Delegation über mögliche Bedingungen für einen Waffenstillstand sprechen. Präsident Selenskij wird dem Treffen fernbleiben. Seine Delegation wird vom Leiter des Präsidialamts Andrei Jermak, Außenminister Andrei Sibiga und Verteidigungsminister Rustem Umerow angeführt. Die beiden Letztgenannten wurden zwar von Präsident Selenskij ernannt, gelten jedoch allgemein als Anhänger von Jermak. Ein Problem sei jedoch, dass Jermak bei Trumps Team nicht beliebt sei, so die Zeitung.
Die Ukraine wird bei den Gesprächen mit den USA in Dschidda einen teilweisen Waffenstillstand mit Russland vorschlagen. Nach Angaben der Financial Times beinhaltet der vorgeschlagene Waffenstillstand ein Verbot von Drohnenangriffen und Langstreckenraketen sowie einen Verzicht auf Kampfhandlungen im Schwarzen Meer.
Die Treffen zwischen Vertretern der USA und der Ukraine sind für den 11. März geplant. Der ukrainische Präsident Selenskij reist jedoch bereits am 10. März nach Saudi-Arabien. Berichten zufolge plant er ein Treffen mit den saudischen Behörden in Riad. In Kiew wird dieser Besuch vor den Verhandlungen mit den USA als "Zufall" bezeichnet. Zuvor hatten mehrere internationale Medien berichtet, Selenskij werde nicht am ukrainisch-amerikanischen Treffen am 11. März teilnehmen.
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