Die europäischen Eliten sehen in der Unterstützung der Ukraine ihre Rettung

Die Bereitstellung von mehr Geld und Waffen für die Ukraine und die Entsendung von "Friedenstruppen" – das war das wichtigste Ergebnis des Gipfels in London, der offiziell dem Schicksal des Kiewer Regimes gewidmet war. In Wirklichkeit diskutierten die europäischen Staats- und Regierungschefs aber über etwas viel Wichtigeres.

Von Geworg Mirsajan

Am 2. März wurde für den Chef des Kiewer Regimes, Wladimir Selenskij, der sich noch nicht von den Schlägen, die ihm im Oval Office des Weißen Hauses versetzt wurden, erholt hat, in London eine Beruhigungstherapie organisiert. Die Staats- und Regierungschefs Großbritanniens, Frankreichs, Deutschlands, Dänemarks, Italiens, der Niederlande, Norwegens, Polens, Spaniens, Kanadas, Finnlands, Schwedens, der Tschechischen Republik, Rumäniens, der Außenminister der Türkei sowie die Führung der NATO und der Europäischen Union kamen dort zusammen. Einige andere Persönlichkeiten – insbesondere die Führung der baltischen Staaten – beteiligten sich ebenfalls, jedoch via Videoschalte aus der Ferne.

Der offizielle Titel des Gipfels lautete "Sicherung unserer Zukunft" – und er spiegelte das Wesentliche der Veranstaltung voll wider. Die um den Tisch versammelten Staats- und Regierungschefs sprachen darüber, wie die Zukunft der Ukraine gesichert werden kann, nachdem Selenskij die US-amerikanische Schirmherrschaft faktisch verloren hatte. Auch ging es um die Zukunft der Europäischen Union, sollte US-Präsident Donald Trump sich weiter weigern, mit Brüssel zusammenzuarbeiten und bis zum letzten Ukrainer gegen Russland zu kämpfen. Der TV-Sender CNN schreibt:

"Der Kontinent versucht, den Vereinigten Staaten die Kontrolle über die Kriegsgespräche zwischen Russland und der Ukraine zu entziehen und inmitten der sich verschlechternden Beziehungen zwischen Kiew und Washington eine geschlossene Front zu bilden."

Am Ende des fast zweistündigen Treffens verkündete der britische Premierminister Keir Starmer die wichtigsten Ergebnisse der Versammlung. Erstens erklärten die Teilnehmer ihre Absicht, das Kiewer Regime mit Geld und Waffen zu unterstützen. Starmer selbst versprach, 1,6 Milliarden Pfund bereitzustellen, damit der Chef des Kiewer Regimes 5.000 Luftabwehrraketen kaufen kann. Diese werden im britischen Belfast hergestellt. Mit anderen Worten: Er stellt Geld zur Verfügung, das im Interesse der britischen Wirtschaft ausgegeben werden soll und das die Ukraine zurückgeben muss.

Zweitens forderten die Anwesenden, dass das Kiewer Regime an allen Friedensverhandlungen teilnimmt und diese Verhandlungen die Sicherheit und Souveränität der Ukraine garantieren. Kein Wort wurde darüber verloren, dass ausschließlich legitime Staatschefs am Verhandlungstisch sitzen sollten.

Drittens wiesen die Teilnehmer des Londoner Gipfels die russische Forderung nach einer Entmilitarisierung der Ukraine zurück. Sie verkündeten, dass sie nach Abschluss eines Friedensabkommens die ukrainischen Verteidigungskapazitäten "stärken" würden. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz erklärte, die Ukraine müsse stark genug sein, um sichergehen zu können, dass sie nie wieder angegriffen wird.

Und schließlich viertens riefen sie zur Bildung einer "Koalition der Willigen" auf, die sich an einer friedenserhaltenden Mission in der Ukraine beteiligen sollte. Gegenwärtig bereiten Großbritannien und Frankreich ihren eigenen Friedensplan vor. Im Wesentlichen geht es um die Einführung eines einmonatigen Waffenstillstands "in der Luft, zur See und in Fragen der Energieinfrastruktur", nach dessen Ablauf Friedenstruppen auf ukrainisches Gebiet verlegt werden sollen. Der Plan ist, gelinde gesagt, zweifelhaft – und das nicht nur, weil er die russische Sichtweise des Problems völlig außer Acht lässt.

Und auch, weil ein vollwertiges rein westliches Friedenskontingent Zehntausende (wenn nicht Hunderttausende) von Militärangehörigen erfordern würde, die (angesichts der Weigerung der USA, Truppen zu stellen) von den NATO-Staaten zusammengekratzt werden müssten. Maria Sacharowa, die offizielle Vertreterin des russischen Außenministeriums, ironisierte über das Angebot Kanadas, sich an dem Prozess zu beteiligen, mit den Worden:

"Und wer wird den kanadischen Boden im Falle einer US-Expansion nach Norden verteidigen? Offensichtlich die Ukrainer, die vor der Mobilisierung nach Kanada geflohen sind."

Außerdem sind politische Garantien für die Entsendung von Friedenstruppen erforderlich. Schließlich spielen ausländische Streitkräfte manchmal weniger die Rolle von Verteidigern als von Garanten einer Intervention. Mit einem Angriff auf sie riskiert die angreifende Seite einen Krieg mit dem Staat, der diese Schutztruppe geschickt hat. Die US-Amerikaner erklärten jedoch erneut, dass Europa diesen Krieg ohne sie führen müsse. Laut den vernünftigen Worten von Pentagon-Chef Pete Hegseth gelte der NATO-Artikel zur kollektiven Verteidigung nicht für ukrainisches Gebiet.

Daher musste Keir Starmer zugeben, dass sein und Macrons Friedensplan die Unterstützung der USA benötige. Im Gegenzug äußerte der französische Staatschef sein Vertrauen in die rasche "Deeskalation der Beziehung" zwischen Selenskij und Trump.

Das Problem ist jedoch, dass die Vereinigten Staaten keinerlei Absicht zur Deeskalation zeigen. Die Washington Post berichtet, dass Washington erwäge, die Waffenlieferungen an das Kiewer Regime einzustellen. Dabei soll es sich nicht einmal um neue Lieferungen handeln, sondern um alte, die noch von der Biden-Administration genehmigt wurden.

Darüber hinaus spricht Elon Musk von der Notwendigkeit, eine vollständige Prüfung aller der Ukraine zugewiesenen Mittel durchzuführen. Das heißt, einfach ausgedrückt, um Korruption in Milliardenhöhe aufzudecken. Trump braucht diese Prüfung nicht nur als Teil seiner Beziehungen zur Ukraine, sondern auch, um die Opposition in Form der Demokratischen Partei zu diskreditieren, deren Führung all diese Machenschaften durchgesetzt hat.

Offensichtlich wird Europa am 6. März (wenn das große US-amerikanisch-europäische Gipfeltreffen zur Ukraine stattfindet) versuchen, den Herrn im Weißen Haus irgendwie umzustimmen. Es wird versuchen, eine Versöhnung Trumps mit Selenskij zu fördern. Und unter diesem Gesichtspunkt war das Treffen in London notwendig, um eine gemeinsame Position, Einigkeit und Entschlossenheit zur Unterstützung des Kiewer Regimes zum Ausdruck zu bringen. Die Zeitschrift Russia in Global Affairs fasst die Ergebnisse des Gipfels wie folgt zusammen:

"Die Ergebnisse des Gipfels, so scheint es auf den ersten Blick, sind folgende: Wir demonstrieren in jeder Hinsicht Tatkraft und Entschlossenheit, während wir alle erdenklichen Anstrengungen unternehmen, um uns irgendwie mit Trump zu versöhnen und ihn zumindest formell wieder in den Prozess einzubinden. Denn ohne die Vereinigten Staaten sind wir aufgeschmissen. Selenskij wird wahrscheinlich hinter den Kulissen überredet, seinen Stolz zu mäßigen."

Eigentlich ist Selenskij ja bereit, sich zu mäßigen – er hat bereits erklärt, dass er sich nicht weigere, das Abkommen über die Seltenen Erden zu unterzeichnen. Es ist sogar möglich, dass die europäischen Partner ihn dazu zwingen, sich bei Donald Trump und sogar J.D. Vance zu entschuldigen.

Doch das wird wahrscheinlich nicht helfen – denn Trump hat dank des rüpelhaften Verhaltens des Kiewer Regimes die einmalige Chance erhalten, sich aus dem Krieg ohne Gesichtsverlust zurückzuziehen. Er hat einen Grund erhalten, die Finanzierung der Ukraine einzustellen.

Und wenn die EU die weitere Finanzierung des Kiewer Regimes schultern will, ist das für Trump keine Drohung, sondern eine Chance. Der US-amerikanische Präsident hat wiederholt erklärt, dass er die EU als eine feindselige Organisation wahrnimmt – und wenn Brüssel nun das Fass zum Überlaufen bringt, wird das Weiße Haus nur davon profitieren.

Ja, Trump geht ein Risiko ein. Indem er sich von der rein westlichen Position löst und auf den Frieden setzt, setzt er nicht nur die Interessen der USA, sondern auch seinen eigenen Ruf aufs Spiel. Laut der psychologischen Analyse von Trump durch Andrei Suschenzow, den Dekan der Abteilung für internationale Beziehungen am Moskauer Institut für Internationale Beziehungen, werde der Herr des Weißen Hauses unter keinen Umständen vor seinen europäischen "Partnern" zugeben, dass er sich irrt.

Doch für die europäischen Partner der USA selbst steht nun viel mehr auf dem Spiel. Der stellvertretende russische Außenminister Grigori Karassin erklärte:

"Eine neue gewaltige Wolke ist über der Europäischen Union und der NATO aufgetaucht – die Ablehnung der rabiaten antirussischen Pläne Washingtons. Jetzt müssen nicht nur Kiew, sondern auch sie selbst (die europäischen Politiker) aus dem Schlamassel herauskommen. Das wird nicht einfach sein."

Vor ein paar Monaten war der Ukraine-Konflikt die Kraft, die die Einheit der NATO und des Westens zusammenhielt. Heute ist der Preis einer Spaltung mit den Vereinigten Staaten für Europa nicht die Niederlage der Ukraine, sondern etwas viel Bedeutsameres – die Einheit des gesamten kollektiven Westens. Die "Sicherung unserer Zukunft", das heißt das Wohlergehen des Westens als solchem. Das ist es, was mit dem Gipfel in London zu retten versucht wurde.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 3. März 2025 zuerst auf der Webseite der Zeitung Wsgljad erschienen.

Geworg Mirsajan ist Dozent an der Finanzuniversität der Regierung der Russischen Föderation, Politikwissenschaftler und eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens. Geboren wurde er 1984 in Taschkent. Er erwarb seinen Abschluss an der Staatlichen Universität des Kubangebietes und promovierte in Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt USA. Er war von 2005 bis 2016 Forscher am Institut für die Vereinigten Staaten und Kanada an der Russischen Akademie der Wissenschaften.

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