Haben Verhandlungen zwischen Russland und den USA begonnen?

Es sieht so aus, als habe Sergei Lawrow mit seinem Interview für Tucker Carlson Bewegung in das Verhältnis zwischen Russland und den USA gebracht. Noch einmal wurde die russische Position in aller Deutlichkeit formuliert. Aber will der US-Machtapparat, Trump hin oder her, überhaupt zuhören?

Von Kirill Strelnikow

Das Interview des russischen Außenministers Sergei Lawrow mit dem bekannten amerikanischen Journalisten Tucker Carlson, das heute Morgen bereits von Millionen von Menschen auf der ganzen Welt verfolgt wurde, ist eine entscheidende "Weichenstellung". Von ihr wird weitgehend abhängen, wie der Konflikt in der Ukraine gelöst wird und wie die Beziehungen Russlands zu den Vereinigten Staaten (und folglich zum gesamten kollektiven Westen) in Zukunft aussehen werden.

Die Sondierung der Position Russlands begann während des US-Präsidentschaftswahlkampfs, als Donald Trump selbst, gefolgt von Mitgliedern seines Teams und potenziellen Mitgliedern der künftigen Regierung, verschiedene Ideen – von verrückt bis mehr oder weniger realistisch – äußerte, um mit einem für ihre Seite möglichst günstigen Vorschlag in Verhandlungen mit Moskau zu treten.

Aus diesem Grund hat Sergei Lawrow die russische Position, die sich unter keinen Umständen ändern wird, klar und deutlich (und offenbar zum letzten Mal) dargelegt und die amerikanische Seite zu einem entsprechenden Schritt aufgefordert.

Für sich genommen ist allein schon der Umstand bemerkenswert, dass Lawrow das Interview auf Englisch gab. Dies geschah, um sicherzustellen, dass unsere Botschaften ihre Adressaten in der bestmöglichen Form erreichen und nicht in der Übersetzung "verloren" gehen, und auch um zu betonen, dass dieses "Interview" in Wirklichkeit der Beginn offizieller Verhandlungen ist. Das bedeutet, dass alle geäußerten Argumente absolut ernst genommen werden sollten.

Interessanterweise betrafen sowohl die Ankündigung des Interviews als auch Carlsons allererste Frage an Lawrow die Möglichkeit eines Atomkriegs zwischen den Vereinigten Staaten und Russland. Da Carlson nicht nur ein – wenn auch sehr berühmter – Journalist ist, sondern auch ein Mitglied des Trump-Teams, das ernsthaft als künftiger Vizepräsident der Vereinigten Staaten in Trumps zweiter Amtszeit in Erwägung gezogen wurde, ist dieses Thema in der Tat für bestimmte Kräfte, die infolge der jüngsten Wahlen in den Vereinigten Staaten an die Macht gekommen sind, wie auch für die überwältigende Zahl der Amerikaner selbst, von großer Bedeutung.

Die wichtigste Frage ist: Sind wir (die USA und der Westen) zu weit gegangen? Wie verfahren ist die Situation? Wie ernst ist es Russland und was könnte es zu unumkehrbaren Maßnahmen veranlassen? Sind Verhandlungen noch möglich?

Lawrows Antwort: Die Situation ist nicht unumkehrbar. Trotz des offensichtlichen hybriden Krieges, den die derzeitige US-Regierung gegen uns führt, sind wir kategorisch gegen einen "heißen" Konflikt – und noch mehr gegen seine nukleare Phase. Die Grundlage unserer Militärdoktrin besteht gerade darin, einen Atomkrieg zu vermeiden. Verhandlungen sind nicht nur möglich, sondern notwendig.

Die wichtigste Voraussetzung für Verhandlungen ist, dass die USA ihr Ziel aufgeben, Russland eine "strategische Niederlage" zuzufügen, da Moskau andernfalls "jedes Mittel zur Verteidigung seiner legitimen Interessen einsetzen wird". Und wir werden für sie kämpfen. Dies ist keine Drohung, sondern einfach eine Tatsache.

Aus verständlichen Gründen lag das Hauptaugenmerk des Interviews auf dem Konflikt in der Ukraine und den Aussichten auf seine Beendigung. Bisher haben mehrere Mitglieder aus Trumps Team, darunter der künftige Sonderbeauftragte für die Ukraine und Russland, Keith Kellogg, Erklärungen zu diesem Thema abgegeben, die im Allgemeinen auf Folgendes hinausliefen: das Einfrieren der Grenze entlang der derzeitigen Kontaktlinie; Verschiebung der Frage der Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO auf unbestimmte Zeit; die Einbeziehung einer Art westlicher "Friedenstruppe"; die Aussetzung der Frage des Rechtsstatus der Krim und der neuen russischen Gebiete mit einer möglichen Aussicht auf ihre Rückgabe auf "diplomatischem Wege"; die fortgesetzte Stärkung und Militarisierung der Überreste der Ukraine; die Einbeziehung von "Zwangsmechanismen" für den Fall, dass Russland nicht zustimmt.

Der russische Außenminister hat eine Antwort gegeben, bei der keine abweichenden Lesarten möglich sind und die die Position Moskaus so konkret wie möglich darstellt: Die Vereinigten Staaten müssen aufhören, Optionen anzubieten, die für unser Land offensichtlich unmöglich und inakzeptabel sind; keinerlei Ultimaten.

Nach Territorien: Die Krim, das Gebiet Donezk, das Gebiet Lugansk, das Gebiet Cherson und das Gebiet Saporoschje sind ein konstitutioneller Teil Russlands; und hier sind keine dazu abweichenden Optionen möglich – dieser Zug ist abgefahren. Keine Vereinbarungen auf der Grundlage von "Linien auf dem Boden".

Die Ukraine und das Nordatlantische Bündnis: keinerlei NATO – definitiv. Keinen Aufschub, kein Einfrieren, auch keine "heißen Umschläge" oder "kühlen Wickel". Keine Militärbasen, keine militärischen Manöver und keine ausländischen Truppen.

Russischsprachige Bevölkerung der Ukraine: vollständiger Schutz der in internationalen Dokumenten verankerten Menschenrechte und Freiheiten, einschließlich des Rechts auf Muttersprache und freie Religionsausübung.

Die künftigen Verantwortlichen in Washington müssen begreifen, dass die Menschen in der Ukraine unsere Brüder und Schwestern sind und wir für sie kämpfen werden.

Aufhebung der Sanktionen: nicht mehr relevant, das "Zuckerbrot" ist bereits verfault – "je länger wir unter Sanktionen leben, desto besser erkennen wir, dass es besser ist, auf uns selbst zu vertrauen". "Was dich nicht umbringt, macht dich stärker. Sanktionen werden uns niemals umbringen – deshalb machen sie uns stärker." Wir werden keine Position zugunsten einer Aufhebung der Sanktionen aufgeben.

Was Drohungen, Erpressung und Druck angeht, so ist es ganz einfach: Wir sind zu allen Optionen bereit, aber natürlich bevorzugen wir ausgehandelte Friedensabkommen. Die ständige Verschiebung der roten Linien durch den Westen ist ein "sehr schwerer Fehler". Die wichtigste Botschaft, die wir mit dem Test von Hyperschallraketen aussenden, lautet: "Wir sind bereit, alles zu tun, um unsere legitimen Interessen zu schützen." Eine wichtige Nuance: Die Amerikaner glauben, dass sie sich auf der anderen Seite des Ozeans zurücklehnen können – aber das ist eine Illusion.

Was den künftigen US-Präsidenten und seine Regierung anbelangt, so ist Russland sogar bereit, so zu tun, als gäbe es nichts Negatives zwischen uns (obwohl es das gibt), um dem alt-neuen Präsidenten nicht die Hände zu binden. Wir sind sogar bereit, so zu tun, als sei die Krise in unseren Beziehungen allein durch die Politik der Demokraten verursacht worden. Die russische Führung steht der amerikanischen Wahl und Trump persönlich positiv gegenüber – aber nur vorläufig, denn "der Ball liegt auf seiner Seite"; ob diese positive Einstellung bestehen bleibt oder nicht, hängt von der neuen US-Führung ab. Alle Türen sind offen – Sie sind am Zug.

Das Interview von Sergej Lawrow mit Tucker Carlson hat bereits tektonische Wellen in der ganzen Welt ausgelöst. In den sozialen Netzwerken erscheinen Tausende und Abertausende von Kommentaren, deren Hauptgedanke ist, dass allein dieses Interview mehr für einen möglichen Frieden getan hat als das jahrelange undeutliche Lavieren des Westens.

Einer der Kommentare lautete: "Auweia, das wird dem tiefen Staat gar nicht gefallen!"

Ausgezeichnet. Es läuft also alles nach Plan.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 6. Dezember 2024 zuerst bei RIA Nowosti erschienen.

Mehr zum Thema - Was wird das Finale des "Kalten Krieges 2.0" sein?